Bekämpfung illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit erörtert
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat einen Vorstoß der Bundesregierung zur stärkeren Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch auf den parlamentarischen Weg gebracht. Was in diesen Bereichen an neuen Entwicklungen zu beobachten sei, „lassen wir uns nicht gefallen“, sagte er in der Debatte am Donnerstag, 4. April 2019, im Bundestag. Es handelte sich um die erste Beratung zum entsprechenden Gesetzentwurf (19/8691), der nun federführend im Finanzausschuss beraten werden soll.
Regierung will mehr Kontrollen
Wirtschaftssystem und Sozialstaat seien darauf angewiesen, dass keiner die Regeln umgeht und missbraucht, meinte Scholz. Er hob hervor, dass laut Gesetzentwurf der Zoll mit seinem Bereich „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS) künftig schon bei Verdachtsfällen auf illegale Beschäftigung Überprüfungen vornehmen könne. Beim Kindergeld komme es darauf an, die Regeln zu präzisieren.
Durch mehr Kompetenzen und mehr Personal für den Zoll werde die Kontrolldichte größer, erklärte der Minister. Die Zahl der Beschäftigten sei schon in den vergangenen Jahren aufgestockt worden. Viele Tausend zusätzliche Stellen kämen hinzu. Dass sich alle an die Regeln halten, sei „wichtig für eine der großen kulturellen Errungenschaften unseres Landes, den Sozialstaat nämlich“.
AfD: Gut gedacht, schlecht gemacht
„Gut gedacht, schlecht gemacht“, kritisierte Stefan Keuter (AfD) den Gesetzentwurf. Auf Bau-Mafia und sogenannte Arbeiterstriche, Lohndumping oder Kindergeldbetrug habe seine Partei schon seit 2014 hingewiesen, sei aber „von links-grünen Weltverbesserern ständig diffamiert“ worden.
Er beanstandete, dass laut Gesetzentwurf der Zoll zwar Platzverweise bei sogenannten Arbeiterstrichen aussprechen, sie aber nicht durchsetzen könne. Der Datenaustausch mit der Polizei komme zu kurz. Die Anreize zur Einwanderung in die Sozialsysteme müssten gestoppt werden.
CDU/CSU: Beim Kindergeldbetrug Lücken schließen
Antje Tillmann (CDU/CSU) strich die Möglichkeit heraus, dass der Zoll schon frühzeitig bei Verdachtsfällen tätig werden könne. Beim Kampf gegen Kindergeldbetrug müssten noch bestehende Lücken geschlossen werden. Sie hielt der AfD vor, das Thema genutzt zu haben, „um Menschen zu diffamieren, die mit uns am Sozialstaat arbeiten“.
Die Abgeordnete versprach, bei den weiteren Beratungen die Argumente sachgerecht zu prüfen, solange sie außerhalb von Hetze vorgebracht würden. Das Sozialstaatsprinzip habe dann einen breiten Rückhalt, wenn der Missbrauch bekämpft werde.
FDP will Verwaltungswahn eindämmen
Markus Herbrand (FDP) begrüßte prinzipiell den Gesetzentwurf, machte aber auch „Schwachstellen“ aus. So seien dem Zoll bisher schon immer neue Aufgaben übertragen worden, was zu strukturellen Problemen geführt habe. Ob die ins Auge gefassten, neuen Kompetenzen rechtsstaatlich angemessen seien, werde seine Fraktion bei den weiteren Beratungen noch überprüfen.
Er bemängelte, dass keine Maßnahmen vorgesehen seien, den „bestehenden Verwaltungswahn“ einzudampfen. Bevor immer mehr Personal eingestellt werde, sollten die Arbeitsabläufe auf Effizienz überprüft werden.
Linke: Kriminalisierung der Opfer
Susanne Ferschl (Die Linke) kritisierte, dass die Opfer von Ausbeutung genauso bestraft würden wie kriminelle Unternehmer und sprach von einer „Kriminalisierung der Opfer“. Stattdessen müsse der Niedriglohnsektor ausgetrocknet werden. Minijobs seien ein Einfallstor für illegale Beschäftigung.
Fehlende Tarifbindungen, gerade bei Einschaltung von Sub-Sub-Sub-Firmen, förderten die Schwarzarbeit. EU-weite soziale Standards seien vonnöten, dazu ein EU-Mindestlohn. Es sei perfide, dass EU-Bürger vom Kindergeld-Bezug ausgeschlossen werden sollen.
Grüne: Mehr Einsatz gegen Arbeitnehmer-Ausbeutung
Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen) wies darauf hin, dass von Regelverstößen die verantwortungsvollen Unternehmen betroffen seien, die sich gegen Schmutzkonkurrenz behaupten müssten. Die Arbeitnehmer-Ausbeutung müsse effektiver bekämpft werden. Ihre Fraktion lehne strikt Strafen ab, die sich gegen Menschen richten, die ausgebeutet werden.
Die im Gesetzentwurf vorgesehenen harten Eingriffe müssten gut begründet sein. Bei den angekündigten zusätzlichen Stellen für den Zoll müsse bedacht werden, dass bereits 1.300 von den alten Stellen bisher noch nicht besetzt seien.
SPD: Schon bei Tagelöhner-Börsen einschreiten
Ingrid Arndt-Brauer (SPD) verwies darauf, dass 3.500 zusätzliche Stellen beim Zoll vorgesehen seien. Dies trage zur Lösung wichtiger Probleme beim Einsatz für faire Arbeitsbedingungen bei. Wichtig sei, dass schon bei Tagelöhner-Börsen – durchaus zutreffend Arbeiterstrich genannt – im Verdachtsfall eingeschritten werden könne.
Sie verteidigte, dass im Kampf gegen die organisierte Kriminalität bei illegaler Beschäftigung die Telekommunikationsüberwachung möglich werden soll. Insgesamt könne der Zoll mit den geplanten neuen Regelungen in Zukunft besser arbeiten.
Vorgetäuschte Dienst- oder Werksleistungen
Die Regierung plant, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit als Teil der Zollverwaltung (FKS) bei der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung, Sozialleistungsmissbrauch und Schwarzarbeit weiter zu stärken.
Die FKS soll insbesondere in die Lage versetzt werden, nicht nur – wie bisher – Fälle von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit zu prüfen, bei denen tatsächlich Dienst- oder Werkleistungen erbracht wurden, sondern auch Fälle zu prüfen, bei denen Dienst- oder Werkleistungen noch nicht erbracht wurden, sich aber bereits anbahnen, oder bei denen Dienst- oder Werkleistungen nur vorgetäuscht werden, um zum Beispiel unberechtigt Sozialleistungen zu erhalten. Zusätzliche Kompetenzen sollen die FKS in die Lage versetzen, Ermittlungen im Bereich Menschenhandel im Zusammenhang mit Beschäftigung, Zwangsarbeit und Ausbeutung der Arbeitskraft zu führen.
Missbräuchlicher Bezug von Kindergeld
Im Hinblick auf die Bekämpfung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Kindergeld soll mit diesem Gesetz außerdem eine stärkere Verknüpfung des Kindergeldanspruchs mit dem Freizügigkeitsrecht, eine eigene diesbezügliche Prüfungskompetenz der Familienkasse und ein Leistungsausschluss für neu zugezogene, nicht erwerbstätige EU-Bürger in den ersten drei Monaten geregelt werden.
Für die Familienkasse soll außerdem die Möglichkeit geschaffen werden, laufende Kindergeldzahlungen in begründeten Zweifelsfällen vorläufig einzustellen. Diese bereits im Bereich der Arbeitsförderung vorhandene Verfahrensweise soll auf das Kindergeldrecht übertragen werden. (hau/fla/04.04.2019)