Maßnahmen zur Überwachung angeordneter Fahrverbote
Der Bundestag hat am Donnerstag, 17. Januar 2019, erstmals über den Entwurf der Bundesregierung für ein neuntes Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (19/6334, 19/6926) debattiert. Darin werden Maßnahmen zur Überwachung angeordneter Fahrverbote wegen Überschreitung der Grenzwerte bei Stickstoffdioxidemissionen geplant. Vorgesehen ist, dass Verkehrsüberwachungsbehörden auf die Daten des Zentralen Fahrzeugregisters zugreifen können, um fahrzeugindividuell anhand der dort gespeicherten technischen Daten über das Fahrzeug die Einhaltung der Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverbote überprüfen zu können. Der Entwurf wurde zur federführenden Beratung an den Verkehrsausschuss überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Dazu plant die Bundesregierung die Aufnahme des Paragrafen 63c in das Straßenverkehrsgesetz. Er sieht vor, dass die zuständigen Landesbehörden spezielle Daten für Kontrollen „auch automatisiert erheben, speichern und verwenden“ dürfen. Dazu gehören der Vorlage zufolge „das Kennzeichen des Fahrzeugs oder der Fahrzeugkombination, die in einem Gebiet mit Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverboten am Verkehr teilnehmen“, die „für die Berechtigung zur Teilnahme am Verkehr in Gebieten mit Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverboten erforderlichen Merkmale des Fahrzeugs oder der Fahrzeugkombination“, das „Bild des Fahrzeugs und des Fahrers“ sowie „den Ort und die Zeit der Teilnahme am Verkehr im Gebiet mit Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverboten“.
Die Behörden sollen zudem die Möglichkeit erhalten, für ein bestimmtes Fahrzeug anhand des Fahrzeugkennzeichens die Fahrzeugdaten beim Zentralen Fahrzeugregisters abzurufen, um auf Basis dieser Daten einen Vergleich mit der Reichweite der angeordneten Verkehrsbeschränkung oder des Verkehrsverbotes vorzunehmen. Diese Datenverarbeitung soll es ermöglichen, Bußgeldverfahren gegen Personen einzuleiten, die mit Fahrzeugen in den betreffenden Gebieten am Verkehr teilgenommen haben, für die eine Verkehrsbeschränkung oder ein Verkehrsverbot galt, schreibt die Regierung. Die Verfolgung von Verstößen gegen andere straßenverkehrsrechtliche Vorschriften, wie etwa gegen die Gurtanlegepflicht, ist laut Regierung von der Neuregelung nicht erfasst.
In dem Gesetzentwurf ist für die erhobenen Daten eine „absolute Löschungsfrist von sechs Monaten“ vorgesehen. Diese Frist sei ausreichend, um im Rahmen der fachlichen Prüfung festzustellen, ob das Fahrzeug zur Teilnahme am Verkehr im Gebiet mit Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverboten berechtigt oder nicht berechtigt ist. Unverzüglich zu löschen seien die Daten, „sobald feststeht, dass das Fahrzeug berechtigt ist, am Verkehr im Gebiet mit Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverboten teilzunehmen“ sowie bei Verstoß gegen das Fahrverbot „nach der Übermittlung an die für die Verfolgung von diesbezüglichen Ordnungswidrigkeiten zuständige Verwaltungsbehörde, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Bedenken des Bundesrates
Gegen den Gesetzentwurf bestehen erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken, schreibt der Bundesrat in seiner Stellungnahme (19/6926) Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008 (Aktenzeichen: 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07) greife die automatisierte Kennzeichenerfassung in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ein, wenn die erfassten Daten nicht unverzüglich wieder gelöscht werden. Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung seien zwar grundsätzlich möglich, sie dürften jedoch nicht anlasslos erfolgen und müssten auf einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage basieren.
Für die automatisierte Erfassung von Autokennzeichen verlange Karlsruhe konkrete Gefahrenlagen oder allgemein gesteigerte Risiken von Rechtsgutgefährdungen oder -verletzungen. Das Ausmaß der Anforderungen richte sich nach der Intensität des Grundrechtseingriffs. Der vorliegende Gesetzentwurf ermögliche ohne vorherige Festlegung und Beschränkung auf besonders gefährdete Bereiche die weiträumige Aufstellung und Nutzung von automatisierten Kennzeichenlesegeräten. Vorgesehen sei nicht nur ein Abgleich des Halters und der Fahrzeugdaten, sondern auch die Anfertigung eines Bildes des Fahrers. Die Regelung erfasst unterschieds- und anlasslos alle Fahrer und Fahrzeuge, die sich – rechtmäßig oder rechtswidrig – innerhalb von für bestimmte dieselbetriebene Fahrzeuge beschränkten Strecken oder Zonen bewegen.
Automatisch erfasste Halter- und Fahrerdaten
Dabei sei nicht hinreichend sichergestellt, schriebt die Länderkammer, dass die automatisch erfassten Halter- und Fahrerdaten unverzüglich ausgewertet werden und dass sie in Fällen, in denen eine für bestimmte Dieselfahrzeuge beschränkte Strecke oder Zone rechtmäßig befahren wird, unverzüglich, spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht werden. Darüber hinaus stoße die vorgesehene Löschungsfrist von sechs Monaten mit Blick auf den rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf Bedenken. Diese Fristsetzung gehe erheblich über die einschlägige Verjährungsfrist von drei Monaten für Verkehrsordnungswidrigkeiten hinaus. Die Daten könnten bis zu diesem Zeitpunkt aufgehoben werden, es sei denn, die Berechtigung, den Ort zu befahren, werde positiv festgestellt. Dies lasse es ohne weitere Regelungen zur Zweckbindung in unverhältnismäßiger Weise zu, Daten von Autofahrern auf Vorrat zu erheben und zu speichern, heißt es in der Stellungnahme.
Aus Sicht der Bundesregierung wahrt der Gesetzentwurf das geltende Datenschutzrecht, heißt es in der Gegenäußerung der Bundesregierung. Um den geäußerten Bedenken jedoch entgegenzukommen und die Rechtsklarheit zu steigern, empfiehlt sie, die im Gesetzentwurf angelegten datenschützenden Regelungen deutlicher herauszuarbeiten und an einigen Stellen zu schärfen. (hau/17.01.2019)