03.07.2024 Klimaschutz und Energie — Anhörung — hib 483/2024

Anhörung zur Wärme aus Abwasser

Berlin: (hib/MIS) Am Mittwoch hat sich der Ausschuss für Klimaschutz und Energie in öffentlicher Anhörung mit dem Antrag der Unionsfraktion„Ungenutzte Potenziale der Wärme aus Abwasser erschließen“ (20/10617) befasst. Darin fordert die Unionsfraktion die Bundesregierung auf, Abwasserwärme als wesentliche Option für eine klimaneutrale Wärmeversorgung klar zu benennen, zu fördern und eine Strategie zur stärkeren Nutzung der Abwasserwärme zu entwickeln. Bis zu 15 Prozent des Wärmebedarfs im Gebäudesektor könnten mit Abwasserwärme abgedeckt werden, heißt es in dem Antrag.

In der Anhörung wurde klar, dass die meisten Sachverständigen grundsätzlich in der Tat ungenutzte Potenziale in der Abwasserwärme sehen - allerdings seien die konkreten Bedingungen vor Ort oftmals höchst unterschiedlich.

Tim Bagner vom Deutschen Städtetag begrüßte den Antrag. Abwasserwärme sei vor allem in Kommunen ein wichtiges Thema. Auch wenn er aus seiner Beobachtung sagen würde, das Potenzial liege eher bei fünf als bei 15 Prozent, könne Abwasserwärme ein relevanter Faktor sein. Für die Umsetzung aber brauche es eine verstärkte Förderung für die Kommunen: Die Anfangsinvestitionen seien zu hoch.

Das Thema der Finanzierung griff auch Volkmar Langefeld, Geschäftsführer Stadtwerke Frankenthal GmbH auf. Die milliardenteure Wärmewende benötige zwingend eine Fremdfinanzierung zum Beispiel durch Banken. Bei Projekten aber , die nur gefördert wirtschaftlich würden, komme es entscheidend auf die Langfristigkeit und Stabilität der Förderung an. Sein Vorschlag: „Der Volatilität einer haushaltsfinanzierten Förderung könnte man dadurch begegnen, dass die Förderung gesetzlich geregelt und umlagefinanziert ausgestaltet wird.“

Benjamin Köhler vom Öko-Institut stellte in seinem Beitrag fest, die Technik sei vorhanden, etabliert und in anderen europäischen Ländern auch schon weiter verbreitet. Warum in Deutschland nicht? Köhler identifizierte drei relevante Hemmnisse: die unzureichende Zugänglichkeit von Informationen wie zum Beispiel zu digitalen Karten zur Lage und anderen Parametern des Kanalnetzes; Wissenslücken und Bedenken bei kommunalen Akteuren und Projektentwicklern hinsichtlich der Potenziale - und nicht standardisierte Genehmigungsprozesse.

Einen Mangel an Wissen konstatierte auch Ulrike Franzke, Vorstand Stadtentwässerungsbetriebe in Köln. Es fehle an Informationen. Potenzialkarten könnten ein Hilfsmittel sein, seien aber aufwendig und nicht für alle nutzbar. In der Praxis gebe es viele einzelfallbezogene Fragen, die Antworten bräuchten.

„Wir sind viel zu langsam“, sagte Stephan von Bothmer, Geschäftsführer der UHRIG GmbH. Die Energiequelle Abwasser werde im Rahmen der Wärmewende bislang unterschätzt. Dabei stecke eine riesige Menge Potenzial darin. Aus seiner Sicht hat das vor allem einen Grund: Wärme aus Abwasser habe keine Gegner er - aber auch keine Freunde, keine Treiber in Politik oder Wirtschaft, die brauche es aber.

Christoph Donner, Vorstandsvorsitzender der Berliner Wasserbetriebe ließ aufscheinen, wie das aussehen könnte, als er von seinen Erfahrungen in der Hauptstadt erzählte. So seien die Wasserbetriebe dort frühzeitig in das Thema Wärme aus Wasser eingestiegen, hätten einen Potenzialatlas entwickelt und im Rahmen der Wärmeplanung einen engen Austausch mit den Verantwortlichen in der Stadt gesucht. Seine Frage: Wie machen wir es am besten? Sein Appell: „Wir müssen schauen, wo wir den größten Effekt haben und danach entscheiden, wer einen Anschluss bekommt, wer nicht.“

Frank Hennig, Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung warnte vor Risiken und unerwünschten Nebenwirkungen. So wäre zum Beispiel die Auswirkung abgekühlten Abwassers auf den Klärprozess zu untersuchen. Sollte die Wirkung der Mikroorganismen (Bakterien) durch niedrigere Abwassertemperaturen negativ beeinflusst werden, könne möglicherweise der gesamte Klärprozess gefährdet werden und es drohe eine Überschreitung der Reinwasser-Grenzwerte.

Kai Lobo, Hauptgeschäftsführer Verband kommunaler Unternehmen (VKU) erinnerte an zwei Grundtatbestände: Zum einen hob er hervor, dass Wärme aus Abwasser „keine 100-Prozent-Technologie“ sei - sie funktioniere immer nur in einem Mix mit anderen Wärmequellen.

Und zum anderen stellte er wie fast alle Sachverständigen in ihren Beiträgen fest, dass Abwasserwärme eine gute Option in großen Städten und Ballungsgebieten sei, sich die Situation in ländlichen Regionen aber sehr anders darstelle.

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