Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 6. Juni 2019, eine Reihe von Vorlagen zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen:
Verkehrswende in Städten: Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will die Einführung von Fahrradstraßen erleichtern und zugleich Fahrradzonen etablieren. In ihrem Antrag (19/5893), der federführend im Verkehrsausschuss beraten wird, wird die Bundesregierung aufgefordert, in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) die Einführung von Fahrradzonen zu regeln und ein entsprechendes Zusatzzeichen einzuführen. Zudem solle die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur StVO dahingehend geändert werden, dass zum einen „eine vorherrschende oder erwartete Verkehrsart nicht mehr vorausgesetzt ist, um Fahrradstraßen oder Fahrradzonen einzuführen“. Aufgenommen werden soll in die Vorschrift eine Empfehlung, „dass Fahrradstraßen als Vorfahrtstraßen anzulegen sind“. Außerdem verlangt die Fraktion, eine Empfehlung aufzunehmen, dass in Fahrradstraßen Durchfahrtsbeschränkungen für den motorisierten Individualverkehr mithilfe verkehrsordnungsrechtlicher und baulicher Maßnahmen sowie Lenkungsvorgaben beispielsweise mit Hilfe von Markierungen umzusetzen sind, um Durchgangsverkehre zu reduzieren.
Reform des Straßenverkehrsrechts: Aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen müssen in der Straßenverkehrsordnung (StVO) Belange des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und Sicherheit sowie der Lebensqualität gleichrangig berücksichtigt werden. In ihrem Antrag (19/8980) wird die Bundesregierung daher aufgefordert, das Straßenverkehrsgesetz entsprechend anzupassen und außerdem darauf hinzuarbeiten, dass Kommunen höhere Freiheitsgrade erhalten, um städtebauliche Ziele zu verwirklichen, den Umweltverbund zu stärken und die Entwicklung einer neuen multimodalen Mobilitätskultur zu unterstützen. Mit Blick auf die Verkehrssicherheit fordern die Grünen, in der StVO den durch Rechtsprechung bereits manifestierten Mindestabstand beim Überholen von Radfahrenden und zu Fuß Gehenden von 1,5 Metern aufzunehmen und eine Pflicht, beim Überholen von Radfahrenden, wenn möglich, die Fahrspur zu wechseln, in der StVO zu verankern. Um die Gefahr von Lkw-Abbiegeunfällen zukünftig zu reduzieren, soll in der StVO verankert werden, dass Lkw während des Abbiegevorgangs innerorts eine maximale Geschwindigkeit von sieben km/h fahren dürfen, heißt es in dem Antrag. Außerdem soll es den Kommunen ermöglicht werden, leichter über die Einführung von Tempo 30 innerorts auf allen Straßen zu entscheiden. Der Antrag wird federführend im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur beraten.
Insektenfreundliche Landwirtschaft: Die Linke will eine insektenfreundliche Landwirtschaft fördern. Ihr Antrag (19/9344) wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung überwiesen. Die Fraktion fordert eine Änderung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP). Künftig solle die Zahlung von EU-Fördermitteln an ökologische und soziale Kriterien geknüpft werden. Außerdem sollen insektenfreundliche Kulturflächen wie Brachen, Schon- und Schutzstreifen, Hecken, Flurgehölze, Kleingewässer und Streuobstwiesen mit Blühaspekten gefördert werden, die auf eine vielfältige Agrarlandschaft abzielen. Darüber hinaus sollen alle Möglichkeiten im Rahmen der GAP genutzt werden, um die Feld-, Wiesen-, Wald- und Gewässerränder ökologisch aufzuwerten und Biotopverbunde auszubauen.
Soforthilfe für die deutsche Forstwirtschaft: Die Linke fordert in einem Antrag (19/10287), ein Sonderprogramm „Soforthilfemaßnahmen für die Forstwirtschaft“ aufzulegen, das der Beseitigung von Sturm-, Dürre- und Brandschäden dient sowie an die Bedingungen eines Waldumbaus und einer nachhaltigen Waldbewirtschaftungen geknüpft ist. Dazu sollen 200 Millionen Euro als Nothilfefonds in den Etat des Landwirtschaftsministeriums eingestellt werden. Das Geld solle noch in diesem Jahr an die betroffenen Waldwirte, vor allem kommunale und private Waldbesitzer mit einem Besitz von unter 50 Hektar Wald, ausgezahlt werden, wobei sich die Länder zur Hälfte beteiligen sollen. Für die von den Ländern gemeldeten Schäden der Waldbesitzer sollen Abschlagszahlungen ohne Bedürftigkeitsprüfung aus diesem Nothilfefonds zu ermöglicht werden. Der Antrag wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen.
Europa der Innovation: Forschung und Innovation sind wichtige Treiber für die Zukunftsfähigkeit Europas, unterstreicht die FDP in ihrem Antrag (19/10301). Am 7. Juni 2018 habe die Europäische Kommission ihren Vorschlag für das neunte EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation mit dem Titel „Horizont Europa“ für die Jahre 2021 bis 2027 vorgelegt, heißt es darin. Während der siebenjährigen Laufzeit des Programms sollen rund 100 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, wobei das EU-Parlament im Dezember 2018 eine Aufstockung auf 120 Milliarden Euro gefordert hatte. Der Vorschlag sieht vor, dass sich „Horizont Europa“ in drei Pfeiler gliedern soll: „Offene Wissenschaft“, „Globale Herausforderungen und industrielle Wettbewerbsfähigkeit“ sowie „Offene Innovation“. Hinzu komme ein eigener Bereich zur Stärkung des Europäischen Forschungsraums. Die FDP fordert, den Förderschwerpunkt Forschung und Innovation im kommenden mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021 bis 2027 im Vergleich zum aktuellen mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2014 bis 2020 anzugleichen. Ferner schlägt die Fraktion eine angemessene Ausstattung des Programms „Horizont Europa“ durch Umschichtungen innerhalb des mehrjährigen Finanzrahmens vor. Zudem solle „Horizont Europa“ mit Schwerpunkten in der Biotechnologie, Gentechnologie, Gesundheitstechnologie, Chemie, Energietechnik, Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT), Mobilität und Nanotechnologie weiterentwickelt werden. So solle Europa zum modernsten und innovativsten Raum werden. Der Antrag wird federführend im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung beraten.
Naloxon in Bundessicherheitsbehörden: Die AfD-Fraktion hat einen Antrag (19/10627) vorgelegt, in dem sie verlangt, die Angehörigen der Bundessicherheitsbehörden mit Naloxon auszustatten. Der Antrag wird federführend im Innenausschuss beraten. Naloxon ist ein Nasenspray, das in der Notfallmedizin eingesetzt wird. Die Fraktion fordert die Bundesregierung auf, potenziell gefährdete Angehörige der Polizei- und Sicherheitsbehörden des Bundes angemessen mit Naloxon auszustatten und Schulungen in der Handhabung anzubieten.
Fracking verbieten: Die Linke will, dass das Fracking in Deutschland ohne Ausnahmen verboten wird. Die Fraktion argumentiert, dass die Schäden dieser Erdöl- und Erdgasfördermethode weitaus höher seien als der Nutzen. Negative Auswirkungen der Methode seien unter anderem Wasser- und Umweltverschmutzung sowie mögliche Gesundheitsschäden für Arbeiter und Anwohner. Mit Fracking könnten ohnehin nur zwei Prozent des Energieverbrauchs gedeckt werden. Stattdessen schlägt die Fraktion vor, die erneuerbaren Energien verstärkt auszubauen. Der Antrag wird federführend im Umweltausschuss beraten.
Urheberrecht und Informationsfreiheit: Die FDP-Fraktion dringt darauf, das „Urheberrecht nicht zur Einschränkung der Informationsfreiheit“ zu missbrauchen. In einem Antrag (19/10076) fordert sie die Bundesregierung auf, „es zu unterlassen, die Veröffentlichung beziehungsweise Verbreitung staatlicher Dokumente mit den Mitteln des Urheberrechts zu unterbinden“. Dies umfasse Abmahnungen sowie die gerichtliche Geltendmachung des Urheberrechts bei Stellungnahmen, Gutachten oder sonstigen Papieren aus Ministerien oder den Ministerien unterstellten Bundesbehörden. „Die Bundesminister haben die hierfür erforderlichen Weisungen an die ihrer Aufsicht unterstehenden Behörden auszusprechen“, schreibt die Fraktion in der Vorlage weiter. Dokumente, die dem Geheimnisschutz unterliegen, fielen nicht hierunter. Unterfällt eine Information aber nicht dem Geheimnisschutz, dürfe das Urheberrecht nicht anstatt dessen als „,Geheimnisschutz durch die Hintertür' missbraucht werden“. Auch soll die Bundesregierung der Vorlage zufolge offenlegen, wie viele Rechtsstreitigkeiten Bundesministerien und Bundesbehörden seit Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes am 1. Januar 2006 geführt haben, „die auf die Unterlassung der Veröffentlichung beziehungsweise Verbreitung staatlicher Dokumente und Informationen gerichtet und auf das Urheberrechtsgesetz gestützt waren“. Ferner soll sich die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion zum Grundsatz des Informationsfreiheitsgesetzes bekennen, „dass die Gewährung von Zugang zu behördlichen Informationen die Regel und die Verwehrung des Zugangs eine Ausnahme darstellt“. Auch müsse es jedem Zugangsersuchenden nach erfolgreichem Antrag möglich sein, Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und sie zu veröffentlichen beziehungsweise zu verbreiten, heißt es zudem in dem Antrag, der im Ausschuss für Inneres und Heimat beraten wird.
Ausverkauf von Bahnliegenschaften: Der Ausverkauf von Liegenschaften der Bahn soll beendet werden. Dies fordert die Fraktion Die Linke in einem Antrag (19/10349), der federführend im Haushaltsausschuss beraten wird. Die Bundesregierung soll einen Gesetzentwurf vorlegen, damit Grundstücke im Eigentum der Deutschen Bahn AG an das Bundeseisenbahnvermögen zurückfallen, soweit sie für den zukünftig wachsende Bahnverkehr nicht mehr notwendig sind. Das Bundeseisenbahnvermögen wiederum soll verpflichtet werden, Liegenschaften billig an Kommunen, Genossenschaften oder andere gemeinwohlorientierte Träger für Zwecke des sozialen Wohnungsbaus abzugeben. In dem Antrag heißt es, Bahngrundstücke würden seit der Bahnreform 1994 Jahr für Jahr zum Höchstpreis privatisiert. Die Deutsche Bahn AG verbuche die dabei erzielten Einnahmen als Konzerngewinn, und der Bund beteilige sich auf diese Weise an der Spekulation mit Grund und Boden. „In Zeiten steigender Bodenpreise, mangelnder Flächen für den Bahnverkehr und für den Wohnungsbau sowie angesichts des wachsenden Drucks auf die auch für die Stadtökologie wichtigen Grünflächen und Kleingärten ist dieser Ausverkauf öffentlicher Flächen unverantwortlich“, heißt es.
Frequenzvergabe: Die FDP-Fraktion hat einen Antrag mit dem Titel „Lückenschluss-Auktion – Frequenzvergabe neu denken“ (19/10618) vorgelegt, der zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur überwiesen wird. Die Fraktion will für die nächste Frequenzvergabe ein neues Auktionsdesign mit zwei Runden. In der ersten Runde sollen die Frequenzen, in denen sich ein marktwirtschaftlicher Ausbau lohnt, wie bisher unter Wettbewerbs- und Ausbauauflagen versteigert werden. In einer zweiten Runde sollen die Erlöse effektiv in einer Lückenschluss-Auktion für den Ausbau der Mobilfunknetze verwendet werden. Die Erlöse dürften nicht im Bundeshaushalt versickern, sondern sollten weiterhin für den Mobilfunk zur Verfügung stehen, indem sie für den Ausbau der „weißen Flecken“ eingesetzt werden, heißt es in dem Antrag.
Freie Fahrt für Angler: „Freie Fahrt für Angler“ lautet der Titel eines Antrags der FDP-Fraktion (19/10617), der federführend im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur beraten wird. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, eine Regelung zu schaffen, die Anglern im Besitz eines gültigen Fischereischeins erlaubt, die Beschilderungen mit den Zusatzzeichen Z 1026-36 „Landwirtschaftlicher Verkehr frei“ und Z 1026-38 „Land- und forstwirtsch. Verkehr frei“ zu passieren, um zu ihren Angelplätzen zu gelangen.
Fachkräfte für das Handwerk: „Starkes Handwerk braucht gute Fachkräfte“ ist ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (19/10628) überschrieben, der im Ausschuss für Wirtschaft und Energie beraten wird. Die Grünen fordern die Bundesregierung unter anderem auf, einen Steuerbonus für die energetische Sanierung für Wohnungseigentümer zu schaffen, die ihre Wohnung selbst nutzen. Der ökologische Dachwohnungsbau solle durch ein Hunderttausend-Dächer-Programm gefördert werden. Kleine und mittlere Unternehmen wollen die Grünen bei den Strompreisen entlasten. Das Gründen von Handwerksbetrieben und die Betriebsnachfolge will die Fraktion durch ein zinsloses Darlehen von 25.000 Euro unterstützen, wenn ein geprüftes Wirtschaftlichkeitskonzept vorgelegt wird.
Nicaragua: „Nicaragua – Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen verurteilen, Friedensbemühungen unterstützen“ lautet der Titel eines Antrags von Bündnis 90/Die Grünen (19/10634), der zur federführenden Beratung an den Auswärtigen Ausschuss überwiesen wurde. Darin wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, die Unterdrückung der friedlichen Proteste in Nicaragua zu verurteilen und die Regierung Nicaraguas aufzufordern, Fälle von Polizeigewalt und von Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern und Oppositionellen strafrechtlich aufzuklären. Auch solle sich die Regierung mit der zivilen Opposition in Nicaragua solidarisieren. Die Forderung nach vorgezogenen Neuwahlen sei zu unterstützen, heißt es in dem Antrag.
Teilhabe behinderter Menschen: „Wege bahnen statt Hürden bauen – Teilhabe behinderte Menschen am Arbeitsleben verbessern“ ist ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (19/10636) überschrieben, der zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen wurde. Die Grünen fordern die Bundesregierung unter anderem auf, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verbessern. Die Bundesagentur für Arbeit solle zu arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen sowie operativen Leitlinien zur besseren Inklusion behinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsplatz verpflichtet werden, heißt es in dem Antrag.
Implantateregister I: Durch ein Implantateregister will die Bundesregierung mehr Patientensicherheit schaffen. Ihr Gesetzentwurf „zur Errichtung des Implantateregisters Deutschland und zu weiteren Änderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Implantateregister-Errichtungsgesetz, EIRD)“ (19/10523) soll zusammen mit einem Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Freiwillige Teilnahme der Patienten am Implantateregister“ zur federführenden Beratung an den Gesundheitsausschuss überwiesen wurde. Ziel des Registers ist es laut Regierung, die Sicherheit und Qualität von Implantationen für gesetzlich und privat Versicherte zu verbessern. Durch die wissenschaftliche Bewertung der erfassten Daten, wie zum Beispiel die Lebensdauer von Implantaten im Körper, könnten Rückschlüsse auf die Qualität der Implantate und die Qualität der implantierenden Einrichtungen gezogen werden. Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) soll nach Auffassung der Bundesregierung als Registerstelle die zentrale Datensammlung übernehmen. Der Bund soll die Anschubfinanzierung übernehmen, der laufende Betrieb durch Entgelte finanziert werden. Um die Aussagefähigkeit des Registers zu gewährleisten, soll die Meldung an das Register für Gesundheitseinrichtungen, gesetzliche und private Krankenversicherungen und alle Patientinnen und Patienten zur Pflicht werden. Die Hersteller sollen ihre Produkte in der Produktdatenbank des Registers registrieren lassen müssen. Bei Meldeverstößen der implantierenden Einrichtung oder der Verwendung von nicht in der Produktdatenbank registrierten Implantaten sieht der Gesetzentwurf einen Ausschluss von der Vergütung vor.
Implantateregister II: Die AfD-Fraktion hat einen Antrag mit dem Titel „Freiwillige Teilnahme der Patienten am Implantateregister“ (19/10630) vorgelegt, der federführend im Ausschuss für Gesundheit beraten wurde. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf für ein Implantateregister vorzulegen, der den betroffenen Patienten die Entscheidung zur Teilnahme an dem entsprechenden Implantateregister nach ausführlicher Aufklärung über die Vor- und Nachteile der betreffenden Datenübermittlung freistellt.
(vom/06.06.2019)