Parlament

Norbert Lammert mahnt Einhaltung demokra­tischer Standards an

Ein Mann in einem grauen Anzug steht hinter einem Pult mit Mikrofon und hält eine Rede.

Norbert Lammert während seiner Rede vor der 137. Versammlung der Interparlamentarischen Union (IPU) in St. Petersburg in Russland (© DBT)

Auf eine zunehmende Einschränkung der Rechte von Parlamentariern und Parlamenten und damit auch der freien demokratischen Meinungsbildung hat Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert am Sonntag, 15. Oktober 2017, bei der 137. Versammlung der Interparlamentarischen Union (IPU) in St. Petersburg in Russland hingewiesen. Die ohnehin geringe Zahl der Staaten, die sämtlichen Ansprüchen an eine parlamentarische Demokratie genügten, habe in den letzten Jahren und Jahrzehnten noch weiter abgenommen, darunter auch Mitgliedstaaten der IPU, sagte Lammert in St. Petersburg, wo der russische Parlamentarismus Anfang des vergangenen Jahrhunderts begann - ein Umstand, den der russische Staatspräsident Wladimir Putin in seiner Ansprache zur Begrüßung der Konferenzteilnehmer hervorgehoben hatte.

Lammert weist auf Kirill Serebrennikow und Oleh Senzow hin

Die Förderung der kulturellen Vielfalt, die das Thema der Debatte in der Generalversammlung der IPU war, dürfe nicht nur postuliert, sondern müsse auch in der politischen Realität praktiziert werden. Es sei wenig überzeugend, kulturelle Vielfalt im Allgemeinen zu fördern und zu loben, zuhause aber Künstler, Intellektuelle und Journalisten, die eben diese Vielfalt nutzen und leben wollen, zu bekämpfen und zu verfolgen. Dies sei aber in vielen Ländern der Fall und leider auch in Russland. Exemplarisch wies Lammert auf das Schicksal des seit Wochen unter Hausarrest stehenden Theater- und Opernregisseurs Kirill Serebrennikow und des Filmemachers Oleh Senzow hin, der zu 20 Jahren Haft verurteilt worden ist.

Lammert wies in seiner Ansprache auch auf die lange und wechselvolle Geschichte hin, die Deutschland und Russland im Allgemeinen und Deutschland und St. Petersburg im Besonderen verbinde. Zu dieser gehöre auch die jahrelange Blockade des damaligen Leningrad durch die Wehrmacht, der auf russischer Seite über eine Million Zivilisten zum Opfer fielen. Zu ihr gehöre jedoch auch die besondere Rolle, die Russland bei der Beendigung des Kalten Krieges und der Teilung Europas gespielt habe, für die dem damalige Staatspräsidenten Michail Gorbatschow vor 27 Jahren in St. Petersburg der Friedensnobelpreis 1990 verliehen worden war.

20. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Demokratie

An der Konferenz in St. Petersburg nahmen neben Bundestagspräsident Lammert Vizepräsidentin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) und die Abgeordneten Dr. Bernd Fabritius (CDU/CSU), Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU), Petra Ernstberger (SPD), Dagmar Freitag (SPD) und Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) teil. Bei der Konferenz geht es auch um den parlamentarischen Beitrag zum Weltklimagipfel, der im November in Bonn tagt, und um den Atomwaffenverbotsvertrag und einen damit verbundenen Aktionsplan für Parlamentarier. Im Ausschuss für Demokratie und Menschenrechte wurde außerdem der 20. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Demokratie begangen, aus dessen Anlass das Bekenntnis zur Demokratie als weltweites Ziel mit einer neuen Resolution erneuert werden soll.

Die IPU ist eine 1889 gegründete internationale Vereinigung von Parlamenten, der 176 Mitgliedsstaaten angehören. Bundestagspräsident Lammert hatte den Vorsitz der deutschen Delegation zu dieser Organisation 15 Jahre inne. Mit seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag endet mit der Konstituierung des 19. Deutschen Bundestages an 24. Oktober auch diese Funktion. IPU-Präsident Saber Chowdhury dankte ihm vor der Generalversammlung für sein langjähriges Engagement für die interparlamentarische Zusammenarbeit. (16.10.2017)