Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 16. Februar 2017, in erster Lesung eine Reihe von Vorlagen zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.
Einheitliches Patentgericht: Zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen wurde ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Übereinkommen vom 19. Februar 2013 über ein Einheitliches Patentgericht (18/11137). Laut Regierung bildet das Übereinkommen den Schlussstein der seit den sechziger Jahren angestrebten Reform des europäischen Patentsystems. Mit der Reform sollen die Rahmenbedingungen für die innovative Industrie im europäischen Binnenmarkt durch einen besseren Schutz von Erfindungen nachhaltig gestärkt werden. Die deutsche Industrie, auf die rund 40 Prozent der an Anmelder aus Europa erteilten europäischen Patente entfallen, werde von dem besseren Schutz ihrer Erfindungen profitieren. Das Gericht soll Streitigkeiten über europäische Patente und europäische Patente mit einheitlicher Wirkung regeln. Es besteht aus einem Gericht erster Instanz, einem Berufungsgericht und einer Kanzlei. Das Gericht erster Instanz umfasst eine Zentralkammer in Paris mit Abteilungen in London und München sowie Lokalkammern und Regionalkammern. Lokalkammern sollen in Deutschland in Düsseldorf, Hamburg, Mannheim und München eingerichtet werden. Die Kosten für die Einrichtung werden für den Bund auf rund eine Million Euro, für den jährlichen Betrieb auf rund 450.000 Euro geschätzt.
Doppelbesteuerungsabkommen mit Finnland: Im federführenden Finanzausschuss weiterberaten wird der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Abkommen vom 19. Februar 2016 mit Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (18/11138). Vereinbart wurde unter anderem für Dividenden aus zwischengesellschaftlichen Beteiligungen (Schachtelbeteiligung) ein Quellensteuersatz von fünf Prozent (bisher zehn Prozent) bei einer Mindestbeteiligungshöhe von zehn Prozent (bisher 25 Prozent). Ferner räumt die neu gefasste Regelung zur Rentenbesteuerung auch dem Quellenstaat ein Besteuerungsrecht an Ruhegehältern, ähnlichen Vergütungen und Renten, einschließlich Sozialversicherungsrenten, ein. Künftig kann die Freistellungsmethode zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung nur noch bei einer tatsächlichen Besteuerung in Finnland angewendet werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können die Finanzbehörden auch von der Freistellungsmethode auf die Anrechnungsmethode umschwenken.
Illegaler Elfenbeinhandel: Im federführenden Umweltausschuss wird ein Antrag der Linksfraktion (18/10494) weiterberaten, der darauf abzielt, den illegalen Elfenbeinhandel zu stoppen und afrikanische Elefanten zu schützen. Die Bundesregierung soll nach Willen der Linken die Zusammenarbeit zwischen afrikanischen Herkunftsstaaten und asiatischen Abnehmerländern fördern, um die Bekämpfung des illegalen Wildtierhandels zu unterstützen. In Deutschland soll laut Antrag verstärkt in Häfen, auf Flughäfen und in den Grenzgebieten kontrolliert werden, um Schmuggelei aufzudecken.
Gutachten zur Deutschen Bahn AG: Die Linke fordert in einem Antrag (18/11011) die Offenlegung von Gutachten zur Deutschen Bahn AG. Der Antrag wurde an den federführenden Verkehrsausschuss überwiesen. Die Regierung wird darin aufgefordert, für eine Veröffentlichung des von der Beratungsgesellschaft KPMG sowie dem Ingenieurbüro Ernst Basler + Partner AG erstellten Gutachtens „Überprüfung des Berichtes zur aktuellen Termin- und Kostensituation Projekt Stuttgart 21“ zu sorgen. Weiterhin verlangt die Linksfraktion, den Bericht des Bundesrechnungshofs an das Bundesfinanzierungsgremium zum Projekt Stuttgart 21 vom 8. September 2016 zu veröffentlichen.
Förderung des sozialen Wohnungsbaus: Federführend im Umwelt- und Bauausschuss beraten wird ein Antrag der Fraktion Die Linke (18/11169), die Förderung des sozialen Wohnungsbaus durch den Bund auch nach 2019 zu ermöglichen.
Braunkohlefolgekosten: Bündnis 90/Die Grünen haben einen Antrag (18/11172) vorgelegt, der darauf abzielt, die Rückstellungen für die Braunkohlefolgekosten sicherzustellen. Der Antrag wird nun im federführenden Wirtschaftsausschuss weiterberaten. Für die Grünen birgt das aktuelle System zur Folgekostenfinanzierung ernstzunehmende Risiken. Dazu gehörten die Intransparenz der Kostenschätzung und Rückstellungsberechnung, die unzureichende Konzernhaftung im Insolvenzfall oder gegenseitige Abhängigkeiten der Rückstellungen für Atom und Braunkohle. Aktuell könne niemand garantieren, dass die Kohlekonzerne in vollem Umfang für die Folgekosten der Braunkohletagebaue aufkommen müssen.
Buchungs- und Vergleichsportale im Internet: An den federführenden Rechts- und Verbraucherschutzausschuss überwiesen hat der Bundestag einen Antrag der Grünen (18/10043), mehr Transparenz und Klarheit bei Buchungs- und Vergleichsportalen im Internet zu schaffen. „Viele Verbraucherinnen und Verbraucher vertrauen auf die Angaben der Portalbetreiber und richten ihre Kaufentscheidung maßgeblich daran aus“, schreiben sie darin. Daher müsse „erkennbar sein, welche Leistung ein Portal bietet und welche nicht“. Dem würden derzeit viele Portale nicht gerecht. Die Grünen fordern deshalb gesetzlich verpflichtende Angaben der Portale unter anderem über Betreiber, Provisionen und die Kriterien, auf denen das angezeigte Ergebnis beruht. Zudem müssten die Betreiber Werbung und „gesponserte Links“ klar abgrenzen und kenntlich machen, die genannten Preise und Verfügbarkeiten stets aktuell halten und alle Produkte oder Anbieter nach einheitlichen Standards bewerten.
Familienplanung im globalen Süden: Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung berät federführend einen weiteren Antrag der Grünen (18/11177), der darauf abzielt, dass die Bundesregierung die die Initiative „She Decides“ unterstützt und die sexuellen und reproduktiven Rechte und die Selbstbestimmung und Gesundheit von Frauen und Mädchen in Ländern des globalen Südens stärkt. „She Decides“ ist eine Initiative der niederländischen Regierung, deren Ziel es ist, die durch die wegfallenden US-Mittel wachsende Finanzierungslücke im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit so weit wie möglich zu schließen, damit möglichst alle Mädchen und Frauen selbst bestimmen können, ob, wann und von wem sie schwanger werden.
Stopp von Nahrungsmittelspekulationen: Schließlich haben die Grünen einen Antrag (18/11173) vorgelegt, der zum Ziel hat, Nahrungsspekulationen zu stoppen. Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, bei den Verhandlungen in Brüssel einen Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung abzulehnen, der die EU-Richtlinie 2014/65/EU ergänzen soll, und zwar durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate. Zur Begründung heißt es, der Vorschlag der Kommission falle weit hinter die Erwartungen zurück. Exzessive Spekulationen mit Nahrungsmitteln würden durch die vorgeschlagenen Positionslimits nicht effektiv reguliert. Nach Weltbank-Schätzungen seien durch die Nahrungsmittelkrise 2008 rund 100 Millionen und durch die Preisspitze 2010 weitere 44 Millionen Menschen in die Armut gedrängt worden. Mit Koalitionsmehrheit lehnte der Bundestag den Wunsch der Grünen ab, in der Sitzung direkt über ihren Antrag abstimmen zu lassen. Auch in der Frage, welcher Ausschuss ihn stattdessen federführend beraten soll, zog die Fraktion den Kürzeren. Statt im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit wird der Antrag nun federführend im Finanzausschuss beraten. Britta Haßelmann, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, hatte argumentiert, der Bundestag müsse jetzt eine Stellungnahme zur geplanten EU-Verordnung beschließen, weil am 1. März die Widerspruchsfrist ablaufe und der Bundestag bis dahin nicht mehr zusammentrete. Dagegen warb der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer dafür, dieses „wichtige Thema“ zu beraten. Der Antrag sei im Übrigen überholt, das Europaparlament habe die Verordnung bereits angenommen.
(vom/16.02.2017)