Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 1. Juni 2017, mehrere Vorlagen in erster Lesung zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.
Sozialkassenverfahren im Baugewerbe: Die Fraktionen CDU/CSU und SPD haben den Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (18/12510) vorgelegt. Das sogenannte Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz wurde an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung überwiesen. Um die tarifvertraglichen Sozialkassenverfahren auch außerhalb des Baugewerbes zu sichern, sollen die nach Paragraf 5 des Tarifvertragsgesetzes in der bis zum 15. August 2014 geltenden Fassung für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge, die den Sozialkassenverfahren zugrunde liegen, beginnend mit dem 1. Januar 2006 kraft Gesetzes mittels statischer Verweisung für alle Arbeitgeber verbindlich angeordnet werden. Das Gesetz schafft damit aus Sicht der Koalition eine eigenständige Rechtsgrundlage für den Beitragseinzug und die Leistungsgewährung. Zur Stärkung des effektiven Rechtsschutzes der Sozialkassen als gemeinsamer Einrichtung der Tarifvertragsparteien soll es den Gerichten für Arbeitssachen ermöglicht werden, in Verfahren über Leistungsansprüche auf deren Antrag die Aussetzung nach Paragraf 98 Absatz 6 des Arbeitsgerichtsgeseztes mit der Anordnung einer vorläufigen Leistungspflicht zu verbinden.
Schornsteinfegergesetz: Federführend im Wirtschaftsausschuss beraten wird der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines ersten Gesetzes zur Änderung des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes (18/12493). Der Entwurf soll klarstellen, dass die zuständigen Behörden die Möglichkeit haben, eine Sammelausschreibung als Verfahren zur Besetzung von Bezirken zu nutzen. Die Sammelausschreibung soll eine lückenlose Besetzung von Kehrbezirken und eine Verschlankung des Verfahrens erlauben. Daneben sieht der Entwurf eine Reihe von Änderungen des Gesetzes vor, um die Kehrbezirksverwaltung zu verbessern. Ferner enthält die Vorlage eine Verordnungsermächtigung zur Regelung einer Mahngebühr und einer Gebühr für die Ersatzvornahme. Das Gesetz soll auch den Wettbewerb des Schornsteinfegerhandwerks mit anderen Gewerken verstärken. Zudem werden die Anforderungen an die Neutralität der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger verschärft.
Elektronische Transaktionen in der EU: Über die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im EU-Binnenmarkt berät der Wirtschaftsausschuss federführend. Dazu liegt dem Bundestag der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (elDAS-Durchführungsgesetz) vor (18/12494).
Bodenmarkt: Die Fraktion Die Linke hat einen Antrag zum Schutz des landwirtschaftlichen Bodenmarktes vorgelegt, der im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft federführend beraten wird. Die Vorlage trägt den Titel „Ausverkauf des Bodens an landwirtschaftsfremde Investoren stoppen – Bodenmarkt im Interesse der Landwirtschaft strenger regulieren“ (18/12551). Die Fraktion fordert Maßnahmen zur Überwindung der Intransparenz auf dem Bodenmarkt, beim Bodenbesitz und beim Bodeneigentum, sodass in der Agrarstrukturerhebung, bei den Buchführungsergebnissen des Testbetriebsnetzes und in der Datenbank der Agrarzahlungen Tochterunternehmen gesondert ausgewiesen werden müssen. Darüber hinaus solle die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, um eine statistische Erhebung der Eigentumsverhältnisse in der Land- und Forstwirtschaft in anonymisierter Form nach Größengruppen mit dem Ziel einzuführen, die Bodenbesitzverhältnisse, Verpächtergruppen und die Verteilung der Grundrente offenzulegen. Durch einen weiteren Gesetzentwurf sollen die Privatisierungen von land- und forstwirtschaftlichen Flächen aus den Beständen der bundeseigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) gestoppt und stattdessen der Vergabe langfristiger Nutzungsrechte und der Erbpacht der Vorzug gegeben werden. Ebenso sei die Einrichtung eines öffentlichen Bodenfonds zu prüfen.
Biodiversität: Über die Strategie der Bundesregierung zur vorbildlichen Berücksichtigung von Biodiversitätsbelangen für alle Flächen des Bundes berät der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit federführend. Diese Strategie diene der Umsetzung der im Jahr 2007 verabschiedeten Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS), heißt es in der Unterrichtung durch die Bundesregierung (18/9710). Dabei bezieht sich die Strategie auf Waldflächen in Bundesbesitz, Truppenübungsplätze der Bundeswehr, Bundeswasserstraßen, Bundesautobahnen und Bundesstraßen, das Schienennetz der Deutschen Bahn und Grundstücke in Bundesbesitz. Die Bundesregierung verweist auf die Vorbildfunktion, die der Bund in Fragen der Artenvielfalt habe. So seien beispielsweise insgesamt 156.000 Hektar Bundesfläche dauerhaft für den Naturschutz gesichert worden. Auch hätten Bundeswehr sowie in Deutschland stationierte Gaststreitkräfte „bei Betrieb, Pflege, Entwicklung und Ausbau ihrer Übungsplätze das Bundes- und Landesumweltrecht sowie das EU-Umweltrecht zu beachten und anzuwenden“. Weitere Maßnahmen umfassen die Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit von Flüssen für Fische in Form von Fischwander- oder Aufstiegshilfen und die Renaturierung von Flüssen und Auen. Auch sollen „die durch das überörtliche Straßennetz zerschnittenen national bedeutsamen Lebensraumkorridore für Tiere und Pflanzen“ wieder miteinander verbunden werden.
Rechnung des Bundesrechnungshofes:Im Haushaltsausschuss federführend beraten werden soll der Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes zur Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 2016 (18/12350). Die Vorlage schlüsselt unter anderem über- und außerplanmäßige Ausgaben, die Verstärkung von Personalausgaben und Verpflichtungsermächtigungen auf.
Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr: Im federführenden Rechtsausschuss weiterberaten wird ein Gesetzentwurf des Bundesrates zur Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr (18/10145). Illegale Straßenrennen sollen von der Ordnungswidrigkeit zur Straftat werden. Dazu soll in Paragraf 315 des Strafgesetzbuchs ein neuer Tatbestand eingeführt werden und die entsprechende Vorschrift in der Straßenverkehrsordnung ersetzen. Die Veranstaltung von oder Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen soll mit Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Haft sanktioniert werden. Bei schweren Personenschäden sollen bis zu zehn Jahre Haft verhängt werden können. Durch die Heraufstufung zur Straftat soll es zudem möglich werden, die Fahrzeuge der Beteiligten einzuziehen.
Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr: An den federführenden Verkehrsausschuss überwiesen wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 (18/12513). Damit sollen die Voraussetzungen für das Inkrafttreten der von der zwölften Generalversammlung der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) am 29. und 30. September 2015 beschlossenen Änderungen des Übereinkommens geschaffen werden. Die Änderungen betreffen Fragen der technischen Zulassung von Eisenbahnen, Haftungsregelungen und Fragen der Finanzierung der OTIF.
Änderung des Aufenthaltsgesetzes: Bündnis 90/Die Grünen haben einen Gesetzentwurf (18/12546) eingebracht, mit dem das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet geändert werden soll. Federführend beraten werden soll die Vorlage entweder im Arbeits- und Sozialausschuss oder im Bildungs- und Forschungsausschuss. Um sicherzustellen, dass die Ausbildungsduldung im Sinne des Gesetzgebers bundesweit einheitlich angewandt wird, soll nach dem Willen der Grünen ein Halbsatz aus dem Gesetzestext gestrichen werden, der in der Praxis eine zu restriktive Auslegung der Regelung zulasse. Mit der Streichung solle Rechtssicherheit für Auszubildende und ausbildende Betriebe geschaffen und sichergestellt werden, dass Unternehmen auch künftig geflüchtete Auszubildende einstellen.
Wahlrecht von Menschen mit Behinderung: Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke haben gemeinsam einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Wahlrecht (18/12547) eingebracht, der zur federführenden Beratung an den Innenausschuss überwiesen wurde. Das aktive und passive Wahlrecht steht grundsätzlich jeder Bürgerin und jedem Bürger zu, schrieben die Abgeordneten. Nach dem Bundeswahlgesetz und dem Europawahlgesetz seien allerdings all jene Menschen pauschal vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer oder eine Betreuerin bestellt ist. Ebenfalls ausgeschlossen seien Menschen, die eine Straftat im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen haben und aufgrund dessen in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind. Damit würden knapp 85.000 Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen. Nach geltenden menschenrechtlichen Standards seien diese Ausschlusstatbestände nicht zu rechtfertigen. Sie stünden im Widerspruch zu den Zielen der Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die seit 2009 in Deutschland geltendes Recht sei. Die Fraktionen wollen die genannten Ausschlusstatbestände daher ersatzlos streichen.
Artenvielfalt im Meer: Im Umweltausschuss soll ein weiterer Antrag der Grünen mit dem Titel „Todesfalle Geisternetze - Artenvielfalt im Meer wirkungsvoll schützen“ (18/12109) weiterberaten werden. Darin fordert die Fraktion unter anderem, sogenannte Scheuerquasten aus Plastik in der Grundschleppfischerei bis 2020 zu verbieten. Zudem soll Fischfanggerät so markiert werden, dass ihnen der Eigentümer zugeordnet werde kann, wenn es verloren geht. Weiterhin soll die Bundesregierung darauf hinwirken, dass altes umhertreibendes Fischereigerät vor allem in besonders schützenswerten Gebieten geborgen wird. Zur Begründung führen die Grünen an, dass zehn Prozent des weltweiten Meeresmülls aus verloren gegangenen Fanggeräten bestünden.
Nachhaltigkeitsziel Meeresschutz: Zur federführenden Beratung an den Umweltausschuss überwiesen wurde ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/12380), das Nachhaltigkeitsziel 14 „Meeresschutz“ der Vereinten Nationen umzusetzen. Unter anderem solle die weitere Vermüllung der Meere mit Plastik umgehend gestoppt werden. Die „bestandsbedrohende Überfischung“ müsse beendet werden. In der EU müsse die Fischereireform umgesetzt werden. Fischereiabkommen mit Entwicklungsländern seien auf ihre ökologische und soziale Verträglichkeit zu prüfen. Ferner müssten importierte Fische und Meeresfrüchte strengen Kontrollen unterzogen werden, um eine etwaige illegale Herkunft ausschließen zu können. Auch die Ausbeutung von Bodenschätzen, Öl, Gas im Meer sollte nach Meinung der Grünen gestoppt oder strengen ökologischen Kriterien unterworfen werden.
Umsatzsteuerbetrug im Online-Handel: Im Finanzausschuss federführend beraten wird schließlich ein weiterer Antrag der Grünen (18/12556), den Umsatzsteuerbetrug wirksam zu bekämpfen und Plattformbetreiber in Haftung zu nehmen. Darin wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, einen Gesetzentwurf zur Sicherstellung des Steuersubstrats aus dem Onlinehandel aus dem Drittland vorzulegen. Mit dem Gesetzentwurf müsse erreicht werden, dass die an der Abwicklung der Geschäfte Beteiligten an den steuerlichen Pflichten der leistenden Unternehmer beteiligt werden, beispielsweise durch eine Gesamtschuldnerschaft entsprechend der in Großbritannien bereits umgesetzten Maßnahmen, durch eine Steuerschuldnerschaft von Online-Plattformen oder durch eine Änderung des Telemediengesetzes. Ferner müsse der Gesetzentwurf sicherstellen, dass Fehlverhalten sanktioniert wird.
Raserei und illegale Autorennen: Bündnis 90/Die Grünen haben einen Antrag (18/12558) vorgelegt, der darauf abzielt, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Raserei und illegale Autorennen wirksam zu bekämpfen. Er wird federführend im Rechtsausschuss beraten. Vorgesehen ist danach ein angemessener Strafrahmen für wenigstens fahrlässiges oder leichtfertiges Verursachen solcher Tatfolgen. Dabei müssten unverhältnismäßige Strafrahmensprünge im Vergleich zu den Tötungs- und Körperverletzungsdelikten vermieden werden. Neben der Strafbarkeit entfalte auch die Möglichkeit der Einziehung von Fahrzeugen eine nachhaltig beeindruckende und abschreckende Wirkung, schreiben die Abgeordneten. Für das Fehlverhalten im Straßenverkehr unterhalb der strafrechtlichen Schwelle müsse es bei Verkehrsordnungswidrigkeiten bleiben. Der im Vergleich zu anderen Staaten der EU in Deutschland mit derzeit maximal 2.000 Euro kleine Ahndungsrahmen und der unverhältnismäßig milde Bußgeldkatalog für zu schnelles Fahren solle ebenso wie die Höchstdauer der Fahrverbote angepasst werden. Die Möglichkeit der Einziehung von Tatfahrzeugen auch bei Verkehrsordnungswidrigkeiten müsse ermöglicht werden, heißt es in dem Antrag. (eis/vom/01.06.2017)