Opposition rechnet mit Kinder- und Jugendpolitik der Regierung ab
Linke und Grüne haben die Debatte zum Kinder- und Jugendbericht (18/11050) zu einer Abrechnung mit der Kinder- und Jugendpolitik der Bundesregierung genutzt: Diese habe im Grunde nicht stattgefunden, monierten die Oppositionsabgeordneten am Freitag, 23. Juni 2017. Gegenstand der Debatte war auch der Siebte Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik (18/10210).
Regierung lobt die Jugend
In der Debatte zeigt sich die Große Koalition durchaus zufrieden mit ihrer Bilanz: So sagte die neue Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley (SPD), die junge Generation sei eine, „auf die wir uns freuen können“ - sie sei „engagiert, motiviert, interessiert“. Gleichzeitig seien auch die Älteren in Deutschland „so aktiv wie nie“.
Dennoch bliebe viel zu tun: Während es für die Jugendlichen mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten geben müsse, sei es im Hinblick auf die Älteren vor allem Aufgabe der Kommunen, für genügend altersgerechten Wohnraum, eine gute medizinische Versorgung und den Zugang zum öffentlichen Personennahverkehr zu sorgen.
CDU/CSU: Mehr Zugang zur Politik
Für die Unionsfraktion betonte Markus Koob, nachdem in der öffentlichen Diskussion die Jugend früher häufig unter den Schlagworten Komasaufen, Gewalt und Schwänzen geführt worden sei, habe sich dieses Bild heute „glücklicherweise um 180 Grad zum Positiven gedreht“: Die Jugendlichen von heute seien so pragmatisch, praktisch und wertorientiert, dass sie heute „Vorbild in vielerlei Hinsicht“ seien. Um ihr Leben zu verbessern, habe die Koalition in dieser Legislatur viel getan; etwa mit der Entlastung von Eltern, Ländern und Kommunen durch das Entlastungsgesetz, die Neuregelung des Unterhaltsvorschusses und das Elterngeld plus.
Die 22 Thesen, die die Verfasser des Jugendberichtes aufgeschrieben hätten, werde seine Fraktion in die nächste Legislatur mitnehmen und „dort, wo es nötig ist“, Antworten formulieren. In der Zukunft sei es besonders nötig, Jugendlichen den Zugang zur Politik zu schaffen; hier müsse man bestehende Angebote gemeinsam verbessern.
SPD: Ungleichheit ist problematisch
Die SPD-Jugendpolitikerin Dr. Carola Reimann sagte, es sei weiterhin nötig, die Rolle der Kommunen zu stärken: Das Lebensumfeld sei für Jugendliche, noch stärker aber für ältere Menschen wichtig. Nach wie vor sei die soziale Ungleichheit ein Problem: Es sei bedauerlich, dass die Chancen junger Menschen in Deutschland noch so unterschiedlich seien.
Investitionen in gute Bildung und ein dauerhaftes, tragfähiges Hilfesystem für Alt und Jung blieben wichtige Aufgaben.
Linke: Erwartungen noch „unterboten“
Keinerlei Lob gab es dagegen von der Opposition: Der Linke-Familienpolitiker Norbert Müller sagte, die Koalition sei mit geringen Erwartungen in Sachen Jugendpolitik gestartet und habe „selbst die noch unterboten“. Es sei schön, dass „spannende Berichte“ aufgelegt worden seien. Wenn diese aber erst am Ende der Wahlperiode vorgelegt würden, sei das „bequem“ für die Koalition, weil sie folgenlos blieben.
Seine Fraktion habe fünf Forderungen: So müsse man die Kinderarmut bekämpfen, indem es mehr finanzielle Unterstützung für - auch arbeitende - Eltern gebe, etwa kostenloses Essen in Kita und Schule und beitragsfreien Nahverkehr. Jugendverbände müssten gestärkt werden, es solle mehr Ombudsstellen und eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre geben. Zudem fordere seine Fraktion mehr Personal in Kitas, Schulen und in der Jugendhilfe. Außerdem müsse die Regierung die Bundeswehr-Werbung und Rekrutierung von Minderjährigen stoppen.
Grüne: Jugendpolitik „findet nicht statt“
Für die Grünen sagte Katja Dörner, das Auffälligste an der Jugendpolitik der Großen Koalition sei, dass „sie nicht stattfindet“. Sie frage sich, was aus dem Jugendcheck geworden sei. Die Idee, alle Vorhaben der Bundesregierung daraufhin zu überprüfen, ob sie im Interesse der Jugendlichen seien, sei „sang- und klanglos“ untergegangen. Höher als die Kinderarmut sei sogar die Armut der Jugendlichen: etwa ein Viertel sei davon betroffen.
Daher brauche es endlich eine Grundsicherung für Kinder und Jugendliche. Der Kreis der Armut schließe sich im Übrigen bei den Älteren: Weil nicht alle Alten als „Silver Ager“ mit „Wohnmobil oder Cadillac die Rente genießen“ würden, sondern materielle Absicherung bräuchten, blieben hier weitere „Baustellen“.
Berichte sollen im Familienausschuss beraten werden
Im Anschluss an die Debatte wurden beide Berichte zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen. Im Kinder- und Jugendbericht wurde vor allem danach gefragt, wie soziale Teilhabe junger Menschen gerecht und die Bedingungen ihres Aufwachsens so gestaltet werden können, dass sie ihre Herausforderungen eigenständig und erfolgreich meistern können. Dafür sei momentan vor allem die „Reflexion des Jugendbegriffs und seiner impliziten Konstruktionen“ nötig.
Im Altenbericht sind die Forderungen konkreter: So heißt es darin, die Bundesregierung müsse ihre lokalen Strukturen altersgerecht ausbauen. Die zunehmende soziale und regionale Ungleichheit sei die zentrale Herausforderung der Seniorenpolitik. (suk/23.06.2017)