Bundestag will mehr bezahlbaren Wohnraum in Städten
Das Leben in Städten wird für viele Deutsche immer attraktiver, die Metropolen wachsen daher weiter. Darauf muss der Städtebau reagieren. Darin waren sich die Fraktionen des Deutschen Bundestages in der Debatte zum Stadtentwicklungsbericht 2016 der Bundesregierung (18/11975) am Freitag, 19. Mai 2017, einig.
Regierung: Städte sollen für alle attraktiv sein
In ihrer Rede sagte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), zwischen 2010 und 2015 seien drei Millionen Menschen in Städte gezogen, während gleichzeitig viele Regionen im ländlichen Raum mit Stagnation und Schrumpfung kämpften. Städte sollten auch weiterhin attraktive Lebensorte für Menschen aller Schichten sein, daher müsse es „mehr bezahlbaren Wohnraum“ als bisher geben.
Dass in dieser Legislatur Mittel für die Städteförderung in Höhe von 3,4 Milliarden Euro bereit gestellt würden, beweise, dass die Regierung die Anforderungen erkannt habe. Dies belege auch die Verdreifachung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf 1,5 Milliarden Euro. Dies sei „gut angelegtes Geld“ - nicht zuletzt deshalb, weil auf jeden investierten Euro sieben Euro an öffentlichen und privaten Investitionen folgten. Auch die Tatsache, dass 47 Prozent der Städtebauförderung in den ländlichen Raum gingen, obwohl dort weniger Menschen wohnten, beweise, dass „alle mitgenommen“ würden.
CDU/CSU: Städtebauförderung „gut angelegt“
Lob für die bisherige Städtebaupolitik äußerten die Redner von Union und SPD. So sagte für die CDU/CSU-Fraktion Artur Auernhammer, man habe dafür viel Geld aufgewendet, das gut angelegt sei, auch wenn man noch mehr machen könne. Angesichts des stetigen Zustroms in die Städte und des damit einhergehenden steigenden Flächenbedarfs müsse man auf das Ansteigen der Immobilienpreise „kritisch schauen“ und weiter etwa in den öffentlichen Nahverkehr investieren.
Wichtig sei auch das Thema Grün in der Stadt: Hier gehe es darum, die rund 100.000 Hektar unbebauter Flächen in deutschen Städten „ökologisch hochwertig“ auszubauen. Auernhammer betonte, den rund 4,5 Millionen Menschen, die sich um die etwa eine Million Kleingärten im Land kümmerten, gebühre Dank, weil sie damit zur Sauberkeit der Luft und zur Biodiversität in den Städten beitrügen.
SPD: Stadtentwicklungspolitik ist „flexibel und zielführend“
Für die SPD betonte Sören Bartol, der Stadtentwicklungsbericht zeige, wie „vielseitig, flexibel und zielführend“ die Stadtentwicklungspolitik der Großen Koalition sei. Die Verdreifachung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau sei der Erfolg dieser Legislatur.
Neben Investitionen seien nun auch „nichtinvestive“ Mittel wichtig: etwa Personal, das die Angebote von Bildung, Verkehr und Pflege vor Ort verzahnt.
Linke sieht sozialen Zusammenhalt gefährdet
Kritik übten die Redner der Opposition. So sagte Caren Lay für Die Linke, sie hätte sich mehr Selbstkritik der Regierung im Bericht gewünscht. In vielen Städten sei der soziale Zusammenhalt gefährdet, für viele Menschen sei bezahlbarer Wohnraum keine Selbstverständlichkeit mehr.
Zwar werde gebaut, aber nur zehn Prozent der Neubauten seien für den Durchschnittsverdiener erschwinglich - gebaut werde „vor allem im hochpreisigen Segment für Besserverdiener“. Gleichzeitig gebe es bei den Sozialwohnungen ein jährliches Minus von rund 25.000. Indem die Bundesregierung Flächen zu Höchstpreisen verkaufe, treibe sie die Preise selbst mit in die Höhe.
Grüne fordern funktionierende Mietpreisbremse
Der Grünen-Abgeordnete Christian Kühn mahnte, in Sachen Stadtentwicklung müsse man zu einem „menschlichen Maß“ kommen. Wenn es etwa um die Belastung mit Stickoxiden und Feinstaub gehe, dürfe nicht das Maß von VW und anderer Konzerne gelten.
Gehe es um die Mietpreise, dürften nicht die Interessen von Spekulanten dominieren. Die Explosion der Mieten etwa in Berlin „zerreißt die Stadtgesellschaft“ - es müsse endlich eine funktionierende Mietpreisbremse her.
Relevante Aspekte der Stadtentwicklung
In dem alle vier Jahre erscheinenden Bericht stellt die Bundesregierung Entwicklungen zu relevanten Aspekten der Stadtentwicklung dar. Aktuelle Schwerpunkte sind unter anderem die Wohnraumentwicklung in stark nachgefragten Städten, die Förderung sozial inklusiver Urbanität, Digitalisierung unter dem Stichwort „Smart Cities“ und Klimaschutz. Neben einer Beschreibung der Herausforderung wird in dem Bericht auch auf die relevanten Programme, Gesetzesvorhaben und Kooperationen verwiesen. Der Bundestag überwies den Stadtentwicklungsbericht zur federführenden Beratung an den Umwelt- und Bauausschuss.
Abgestimmt wurde im Anschluss an die Debatte über zwei Entschließungsanträge. Der Antrag von Union und SPD (18/12395) wurde mit den Stimmen von Schwarz-Rot gegen die der Linken bei Enthaltung der Grünen angenommen. Abgelehnt wurde mit den Stimmen der Koalition gegen die der Opposition ein Entschließungsantrag der Grünen (18/12396).
Entschließungsantrag der Koalition
In dem angenommenen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen werden die stadtentwicklungspolitischen Erfolge und guten städtebaulichen Entwicklungen in den Städten und Gemeinden Deutschlands betont. Hervorgehoben wird unter anderem die erhebliche Unterstützung des Bundes für die städtebauliche Entwicklung vor Ort durch Aufstockung der Bundesmittel für den Städtebau auf über eine Milliarde Euro im Jahr 2017.
Der Bundestag forderte die Bundesregierung auf, die Nationale Stadtentwicklungspolitik als gemeinsame Initiative von Bund, Ländern und Kommunen auch im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt in Vorbereitung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 weiterzuentwickeln. Außerdem sollen die Bundesmittel für die Städtebauförderung auf dem bisherigen Niveau fortgeschrieben und das neue Programm „Zukunft Stadtgrün“ angemessen berücksichtigt sowie die Fortführung des „Investitionspakt soziale Integration im Quartier“ geprüft werden.
Entschließungsantrag der Grünen
Die Grünen hatten in ihrem Entschließungsantrag den Erhalt und die Stärkung lebendiger, bunter Stadt- und Ortsteile gefordert. Dazu sollten eine Million zusätzliche dauerhaft günstige Wohnungen geschaffen und mit einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit dauerhaft gesichert werden.
Die Verdrängung von Menschen durch steigende Mieten müsse verhindert und die Schlupflöcher der Mietpreisbremse sollten geschlossen werden, so die Grünen. Sie forderten zudem, ein faires Mietrecht sicherzustellen. Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen sollten beim Erwerb von Wohneigentum und Anteilen an Genossenschaften darüber hinaus entlastet werden. (suk/eis/19.05.2017)