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1. Untersuchungsausschuss

Zeuge: Der BND hat Daten streng gefiltert

Figur mit Zeichen des BND und mit US-Nationalfarben vor deutscher Fahne

Der NSA-Ausschuss vernahm zwei Zeugen. (© picture alliance/chromorange)

„Wir haben uns streng an Recht und Gesetz gehalten“: Mit diesen Worten betonte am Donnerstag, 4. Dezember 2014, zum Auftakt der Sitzung des zur Durchleuchtung des NSA-Spähskandals eingesetzten Untersuchungsausschusses unter Leitung des Vorsitzenden Prof. Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) der als S. L. firmierende Zeuge, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) beim Anzapfen eines Internetknotens in Frankfurt am Main keine Daten „automatisiert und massenhaft“ an den US-Geheimdienst NSA weitergeleitet habe.

Zeuge nennt Mutmaßungen in Medien „ehrenrührig“

Auf keinen Fall seien Informationen über Deutsche an die NSA übermittelt worden, sagte der Leiter von „Eikonal“, so der Codename des von 2004 bis 2008 von BND und NSA betriebenen Projekts: „Wir haben alles getan, um dem Schutz der Bürger gerecht zu werden.“ S. L. nannte es „ehrenrührig“, wenn der BND in den Medien in die „Nähe der Stasi und der Gestapo gerückt“ werde.

Der Ausschuss soll die massenhafte Ausspähung der Telekommunikation von Millionen Deutschen durch die NSA erhellen. Dabei will das Gremium auch prüfen, ob hiesige Nachrichtendienste in diese Affäre verwickelt sind. Der BND darf Erkenntnisse über Bundesbürger, an die er im Zuge seiner auf das Ausland gerichteten Spionage als „Beifang“ gelangt, Partnerdiensten nicht überlassen. Doch hält sich der BND daran?

 „Nur wenige hundert Meldungen“

Laut S. L. wurden die bei Eikonal gewonnenen Daten mit Hilfe eines „kaskadenartigen Filtersystems“ und im Einzelfall auch einer persönlichen Kontrolle durch BND-Mitarbeiter so gründlich bearbeitet, dass an die NSA letztlich jährlich „nur wenige Hundert Meldungen“ geflossen seien. Unter diesen Datensätzen hätten sich keine Informationen über Deutsche befunden, unterstrich der Zeuge. Auch bei den für die NSA bestimmten Daten über Ausländer habe man „streng darauf geachtet“, dass diese Erkenntnisse präzise mit den Suchprofilen übereinstimmen, mit denen Telefon- und Internetleitungen durchforstet worden seien.

Hätten Zweifel existiert, ob durch die Weiterleitung von Informationen „Grundrechtsträger“, also Deutsche, betroffen seien, so habe man auf eine Übermittlung an die NSA verzichtet. Zum Start von Eikonal, erläuterte S. L. , „war bei den Amerikanern die Stimmung von hohen Erwartungen geprägt, die wir jedoch nicht erfüllen konnten“. Weil bei dem Frankfurter Projekt letztlich nur wenig herausgekommen sei, seien die USA schließlich ausgestiegen.

„Keine Erfassung im Sinne des Datenschutzrechts“

Der Zeuge wandte sich gegen die These von Linke-Obfrau Martina Renner, bei Eikonal seien in einem ersten Schritt durchaus Millionen von Daten „automatisiert und massenhaft“ erfasst worden, um sie überhaupt auswerten zu können. Aus Sicht von S. L. kann hingegen von einer Erfassung im Sinne des Datenschutzrechts nicht die Rede sein, wenn in einem frühen Stadium ein Zugriff auf Daten nur kurzfristig erfolge.

Erst am Ende der mehrstufigen Filterung zur Aussonderung von Informationen über Bundesbürger schaue man sich die verbliebenen Daten an. Auch auf Nachfrage Renners schloss der Zeuge aus, dass die Daten zuvor in Zwischenphasen in Augenschein genommen würden: Das sei zwar theoretisch möglich, „doch das gab es nicht“.

Die Rolle der G-10-Genehmigung

Mit S. L. diskutierten die Abgeordneten auch über die Rolle, die die Telekom als technischer Dienstleister bei Eikonal gespielt hat. Laut S. L. ging es zunächst darum, Telefonate zu durchforsten. Diese Daten flössen durch spezielle Leitungen, weswegen Informationen über Deutsche unkompliziert auszusortieren und deren Grundrechte einfach zu schützen seien. Insofern sei für eine Ausspähung der Telefondaten keine Erlaubnis der G-10-Kommission des Bundestages nötig gewesen.

Liegt eine solche Genehmigung vor, so ist ein Netzbetreiber verpflichtet, mit dem BND zusammenzuarbeiten. Zur Ausforschung der Telefondaten an dem Frankfurter Kabelknoten musste der BND mangels einer G-10-Genehmigung mit der Telekom anfangs eine Vereinbarung auf freiwilliger Basis treffen. Zunächst hatte der Anbieter laut S. L. Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens, die eine Unbedenklichkeitserklärung des Kanzleramts aber ausgeräumt habe.

Schwierige Trennung von Daten im Internet

Anders als bei Telefonaten ist bei der Internet-Kommunikation eine Trennung von „ausländischen“ und „deutschen“ Daten schwierig, sodass Bundesbürger von einer Ausspähung in höherem Maße betroffen sind. Deshalb holte sich der BND für Eikonal bei der G-10-Kommission eine entsprechende Genehmigung ein, die dann die Telekom zur Kooperation mit dem BND zwang.

Die Opposition hegt nun den Verdacht, der BND habe getrickst. Man habe den Eindruck erweckt, an der Gewinnung von Daten über Deutsche, in der Fachsprache G-10-Daten genannt, interessiert zu sein - deren Nutzung die G-10-Kommission im Fall einer Genehmigung zwar gestattet, aber auch beschränkt. In Wahrheit habe der BND über diesen Umweg freilich an die Kommunikation von Ausländern herankommen wollen, um sie gemeinsam mit der NSA auszuwerten. S. L. sagte, man habe gegenüber dem Netzbetreiber erklärt, G-10-Daten heraussuchen zu wollen. Den damit verbundenen Zugriff auf Informationen über Ausländer nannte er einen „Gewinn“ für Eikonal.

Ricke: Keine Kenntnis von Telekom-BND-Übereinkommen

Nach dem Auftritt von S. L. erklärte Ricke vor dem Ausschuss, er wisse nichts von einem Übereinkommen der Telekom mit dem BND und von Post aus dem Kanzleramt. Doch die Abgeordneten konnten auf seine namentliche Erwähnung in diesem Schreiben verweisen.

Der Brief sei vielleicht bei anderen Stellen im Unternehmen gelandet, meinte der Ex-Chef der Telekom, und habe ihn deshalb nicht erreicht. Bei einem Gespräch mit BND-Präsident August Hanning sei es nicht um dieses Thema gegangen. (kos/04.12.2014)

Geladene Zeugen
  • Kai-Uwe Ricke, Telekom-Vorstandsvorsitzender von 2002 bis 2006
  • S. L., Bundesnachrichtendienst, Ex-Projektleiter von Eikonal

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