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Parlament

Gegner und Befürworter der PID werben um Positionen

Ulrike Flach (FDP) eröffnete die Debatte.

Ulrike Flach (FDP) eröffnete die Debatte. (© Photothek/Trutschel)

Im Bundestag zeichnet sich noch keine Mehrheit für eine gesetzliche Regelung zum künftigen Umgang mit Gentests an künstlich erzeugten Embryonen ab. In einer von gegenseitigem Respekt geprägten, gut dreistündigen Debatte warben am Donnerstag, 14. April 2011, Befürworter und Gegner einer eingeschränkten Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) für ihre Positionen. Von den 621 Abgeordneten haben sich 178 noch nicht per Unterschrift einem der drei von jeweils fraktionsübergreifenden Parlamentariergruppen eingebrachten Gesetzentwürfe angeschlossen.

Vom strikten Verbot bis zur eingeschränkten Erlaubnis

192 Abgeordnete um Birgitt Bender (Bündnis 90/Die Grünen) und Johannes Singhammer (CDU/CSU) sprechen sich in ihrem Gesetzentwurf (17/5440) für ein striktes Verbot der PID aus. Eine weitere Abgeordnetengruppe um René Röspel (SPD) und Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grünen) will das Verfahren „grundsätzlich“ verbieten, in Ausnahmefällen aber „für nicht rechtswidrig“ erklären. Ihren Gesetzentwurf (17/5452) unterzeichneten 36 Abgeordnete, unter ihnen auch Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU).

Den weitgehendsten Gesetzentwurf (17/5451), mit dem die PID eingeschränkt erlaubt werden soll, haben mit 215 die meisten
Abgeordneten aus allen Fraktionen unterzeichnet. Zu den Initiatoren zählen Ulrike Flach (FDP) und den Peter Hintze (CDU/CSU). Bei der PID werden Embryonen, die durch künstliche Befruchtung entstanden sind, vor der Einpflanzung in die Gebärmutter auf etwaige Krankheiten untersucht und gegebenenfalls vernichtet.

Befürworter einer begrenzten PID-Zulassung

Die Diskussion war nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Leipzig vom vergangenen Juli in Gang gekommen, derzufolge die PID nach dem 1991 in Kraft getretenen Embryonenschutzgesetz nicht grundsätzlich untersagt ist.

In der Debatte erläuterte für die Befürworter einer begrenzten PID-Zulassung die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP, Ulrike Flach, ein Gentest an künstlich erzeugten Embryonen solle nach einem positiven Votum einer Ethikkommission an lizenzierten Zentren nur solchen Paaren erlaubt werden, die die Veranlagung für ein schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder bei denen mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist.

„Das Ja zum Kind erleichtern“

Es sei „ethisch nicht verantwortbar“, der Frau ein Wissen vorzuenthalten, „das sie in die Lage versetzen würde, eine selbstbestimmte Entscheidung“ über die Einsetzung eines Embryos in ihre Gebärmutter zu treffen. „Alles andere wäre eine Schwangerschaft auf Probe“, sagte Flach.

Der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Peter Hintze, fügte hinzu, es sei ein Gebot der Menschenwürde, erblich schwer vorbelasteten Frauen „das Ja zum Kind zu erleichtern“.

„Medizinisch mögliche Hilfe nicht verweigern“

Der SPD-Fraktionschef Dr. Frank-Walter Steinmeier betonte wie etliche andere Abgeordnete, es sei in der Debatte spürbar, dass sich niemand im Bundestag seine Entscheidung in dieser Grenzfrage des Lebens leicht mache. Er selbst habe jahrelang um eine Haltung zur PID gerungen. Er habe sich dem Entwurf von Flach und Hintze angeschlossen, da ein striktes Verbot keine der Fragen löse, vor der die betroffenen Familien stehen, „über die wir uns nicht einfach hinwegwünschen können“. Es könne nicht Menschen in „äußerster Seelennot“ die medizinisch mögliche Hilfe verweigert werden.

Petra Sitte (Die Linke) stellte die Frage, ob ein Embryo in der Petrischale einen höheren Lebensschutz haben solle als nach der Einnistung in der Gebärmutter.

In dubio pro vita - im  Zweifel für das Leben

Dem hielt der CDU-Abgeordnete Dr. Günter Krings entgegen, weder der Gesetzgeber noch eine Ethikkommission noch ein Arzt dürften entscheiden, welches Leben lebenswert oder nicht lebenswert sei. Wer die PID auch nur eingegrenzt zulassen wolle, müsse dann auch klar sagen, „wen er ganz konkret ausgrenzen“ wolle, „welche Form der Erkrankung, welche Behinderung dann in Zukunft aussortiert werden soll“. Es müsse der Grundsatz „in dubio pro vita, im Zweifel für das Leben“ gelten.

Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer warnte, die PID schaffe das „Risiko neuer Diskriminierungen, die niemand hier im Hause will“. Wie müsse sich ein Mensch fühlen, der eine Behinderung oder Krankheit hat, die zur Verwerfung eines Embryos führen sollen könne, fragte er an die PID-Befürworter gewandt.

„Die Option auf Selektion verhindern“

Dr. Ilja Seifert (Die Linke) pflichtete Singhammer bei: Wer ein Leben mit Behinderung habe, für denjenigen oder diejenige gebe es „nichts Wichtigeres“. Es gebe kein Recht auf ein Kind, erst recht nicht auf „ein makelloses Kind“, allenfalls auf Elternschaft, sagte Seifert und fügte in diesem Zusammenhang hinzu, Adoptionen seien alles andere als zweite Wahl.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Birgitt Bender, sagte, die Befürworter eines strikten Verbots „des Genchecks im Reagenzglas“ wollten „die Option auf Selektion“ verhindern, denn diese „würde unsere Gesellschaft verändern“.

„PID nur bei Veranlagung zu Fehl- oder Totgeburt“

Der Ethikexperte der SPD-Fraktion, René Röspel, plädierte für eine PID-Zulassung nur bei Menschen, die eine Veranlagung dazu haben, eine Fehl- oder Totgeburt erleiden zu müssen. Die Unterstützer des von ihm mitinitiierten Gesetzentwurfs stellten nicht die Frage „Darf ein Leben gelebt werden?“, sondern „Kann ein Leben gelebt werden?“.

Der weitergehende Befürworter-Entwurf sei keine Lösung, da er zu einer „Ausweitung“ der Kriterien führen werde, nach denen eine PID zulässig sein soll. Die Sprecherin für Bildungspolitik und Biotechnologie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Priska Hinz, ergänzte, in Großbritannien sei inzwischen die erbliche Veranlagung für Darmkrebs bei der PID Grund, einen Embryo zu verwerfen. (mpi)