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Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz

Expertin für Künstliche Intelligenz

Interview mit Daniela Kolbe, MdB:
„Das Leben kann besser werden“

Autorin: Lilith Diringer, erschienen am 02.10.2018 auf mitmischen.de

Schlaue Maschinen schleichen sich mehr und mehr in unser Leben ein – das ist eine große Chance, sagt Daniela Kolbe (SPD). Lilith hat die Vorsitzende der neuen Kommission „Künstliche Intelligenz“ gefragt, wie sie Ängste aufgreifen und Regeln aufstellen will. 

Frau Kolbe, warum macht sich der Bundestag jetzt über Künstliche Intelligenz schlau – mit einer speziellen Kommission?

Eine Enquete Kommission wird immer dann einberufen, wenn Politiker sich tiefgehend mit einem Thema beschäftigen möchten. Wir haben erkannt, welche wichtige Rolle autonome Systeme und Künstliche Intelligenz in Zukunft spielen werden. Es ist wichtig, sich damit intensiv zu beschäftigen.

Und warum brauchen wir KI, also schlaue, lernende Maschinen?

Die künstliche Intelligenz wirkt bereits jetzt auf unser Leben ein, teilweise ohne dass wir es richtig spüren. Die schlauen Maschinen schleichen sich regelrecht ein. KI-Systeme prägen zum Beispiel immer stärker die Arbeitswelt. Von ihnen hängt ab, wie konkurrenzfähig unsere Wirtschaft ist. Ich bin sehr positiv und optimistisch: Unser Leben und auch das Arbeiten kann besser werden durch KI und sie kann die Wirtschaft voranbringen.

Ist es dann nicht eigentlich schon zu spät in für eine solche Kommission? Klingt fast, als hätten wir die Entwicklung verschlafen…

Nun ja, wir sind in Deutschland nicht gerade ein „Early Bird“, aber zu spät ist es nicht. Vielleicht ist es sogar gar nicht so schlecht, dass wir nicht schon früher mit dieser Arbeit begonnen haben, denn jetzt ist ein Zeitpunkt erreicht, an dem wir die Auswirkungen der Technik bereits stark spüren.

Wenn künftig Maschinen wie Menschen handeln, wirft das ethisch-moralische Fragen auf. Wo sehen Sie Probleme?

Wenn uns die Künstliche Intelligenz Arbeit abnimmt, ist es wichtig, sich darüber zu unterhalten, nach welchen Vorschriften sie funktioniert. Konkret geht es etwa um die Frage, welche Algorithmen die Maschine prägen. Welchen Standards muss sie folgen? Wie stark sollen wir sie kontrollieren? 

Nehmen sie das Beispiel Personalwesen. Sehr wichtig ist mir, dass es beim Einsatz von KI weniger Diskriminierung gibt und nicht mehr. Eine Maschine darf sich also beispielsweise bei einer Personalentscheidung nicht von der Herkunft oder dem Geschlecht einer Person leiten lassen.

Wo kommt KI noch zum Einsatz?

Ein weiterer, auch international diskutierter Bereich ist das Militär: Was darf KI dort? Soll es autonome, also unabhängige Waffensysteme geben? Meiner Meinung nach sollten diese komplett verboten werden.

Eine dritte Frage, die aufkommt ist: Hat man als Mensch ein Recht darauf, von einem Menschen betreut zu werden? Inwieweit kann oder sollte Menschliches in der Technik seine Nachahmung finden? Immerhin gibt es schon jetzt Roboter, die in Pflegeheimen eingesetzt werden.

Können wir uns da von anderen Ländern etwas abschauen?

Wir sind in Deutschland etwa im Vergleich zu den USA weniger fortgeschritten. Für uns ist es momentan am wichtigsten, in Forschung und Entwicklung zu investieren, um den Anschluss nicht zu verpassen. Aber es ist auch nicht alles vorbildlich, was international entwickelt wird. Dass in China KI flächendeckend für die Bewachung der Bevölkerung eingesetzt wird, sollten wir uns lieber nicht abschauen. Ich finde es wichtig, alles in Ruhe und tiefgründig zu analysieren und zu entscheiden. Eine hektische aufgestachelte Diskussion bringt niemanden weiter.

Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass sich Maschinen irgendwann verselbstständigen? 

In Kinofilmen passiert das ja öfter mal. Ich bin ein großer Fan von Science Fiction, und muss sagen, dass in diesen Filmen nicht immer nur die negativen Aspekte und Gefahren von technischer Entwicklung und Maschinen beleuchtet werden. Ich denke, wir können KI so einsetzen, dass sie zu einer Verbesserung und nicht zu einer Verschlechterung führt.

So sollen zum Beispiel Assistenzsysteme für Ärzte deren Arbeit erleichtern und verbessern und nicht zu einer ungenaueren Untersuchung und Diagnose führen. Im Bundestag arbeitet aktuell auch eine Ethikkommission an dem Thema Algorithmen, also Codes, nach denen die KI funktioniert. Auch mit dieser Gruppe werden wir uns austauschen. Fest steht jedoch: Klare Regeln wird es schon brauchen, alleine, um im Ernstfall rechtlich gegen einen Algorithmus vorgehen zu können.

Was ist das übergeordnete Ziel der Kommission, deren Vorsitzende Sie sind?

Ich würde mich darüber freuen, wenn wir in der Kommission einen breiten Konsens fänden. Wenn wir einheitliche Ergebnisse und Lösungen vorweisen könnten, wäre dies auch ein Zeichen für die Wirtschaft und die Bevölkerung. Wir wollen Ängste und Bedürfnisse aufgreifen und es schaffen, den Nutzen durch eine Anwendung der KI zu maximieren, während wir die Risiken minimieren.

Ich bin sehr optimistisch, dass uns das gelingt, besonders weil wir in der Kommission sehr durchmischt sind, sowohl vom Alter als auch vom Geschlecht sowie von den beruflichen Hintergründen. Wir können das Thema also von vielen Seiten betrachten.

Der Antrag der Grünen, dass die Kommission regelmäßig öffentlich tagt und die Sitzungen im Internet live übertragen werden, wurde abgelehnt. Wie möchten Sie dann die Bevölkerung mit einbeziehen und die Ergebnisse an die Öffentlichkeit kommunizieren?

Wir wollen in jedem Fall mit der Öffentlichkeit in Kontakt stehen und auch Anregungen von ihr mit aufnehmen. Wie genau der Bürgerdialog aussehen wird, wird auf einer Klausursitzung Anfang Oktober beschlossen werden.

Zurück zu Science Fiction: Ist es denkbar, dass in ferner Zukunft Maschinen, die mit den Werten und Wahlprogrammen der jeweiligen Parteien gefüttert werden, die parlamentarische Arbeit übernehmen?

Momentan sieht es nach keiner solch radikalen Veränderung in der Gesellschaft aus. Es gilt: Alle Macht geht vom Volk aus – nicht von Maschinen. Von daher ist es doch gut, dass Menschen Menschen wählen und keine Roboter. Dass die Technik jedoch Einflüsse auf die Bundestagsverwaltung haben wird, das ist abzusehen.

Über Daniela Kolbe:

Daniela Kolbe, geboren 1980, ist seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages. Die SPD-Abgeordnete ist Vorsitzende der Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz“ und außerdem Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Ihr Wahlkreis ist Leipzig I.

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