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Gesundheit

Experten fordern eine Präventions­strategie gegen Gefahren des Alkohols

Zeit: Mittwoch, 3. März 2021, 14 Uhr bis 15 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 600

Mediziner und Fachverbände warnen vor den Gefahren des Alkohols und fordern eine effektive Präventionsstrategie. Die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Schäden durch Alkoholmissbrauch seien drastisch und müssten gezielt bekämpft werden, erklärten Sachverständige am Mittwoch, 3. März 2021, anlässlich einer Anhörung des Gesundheitsausschusses unter Leitung von Erwin Rüddel (CDU/CSU) über Anträge der Fraktionen von FDP (19/26118) und Bündnis 90/Die Grünen (19/24386). Die Experten äußerten sich in schriftlichen Stellungnahmen und verwiesen auch auf die vielfältigen Schäden, die Kinder erleiden, wenn die Mütter in der Schwangerschaft trinken.

Antrag der FDP

De FDP-Fraktion fordert in ihrem Antrag (19/26118) mehr Schutz für ungeborene Kinder vor Schäden durch Alkoholkonsum der Mütter. Jedes Jahr würden in Deutschland bis zu 20.000 Kinder mit Schäden geboren, die auf den Alkoholkonsum der Mütter während der Schwangerschaft zurückzuführen seien, darunter rund 2.000 mit einer schweren Form der Schädigung.

Die Abgeordneten fordern ein Konzept zur Prävention des Fetal Alcohol Spektrum Disorder (FASD).

Antrag der Grünen

Die Grünen-Fraktion spricht sich in ihrem Antrag (19/24386) für eine Alkoholpräventionsstrategie aus. Alkoholassoziierte Erkrankungen forderten in Deutschland jährlich etwa 74.000 Todesopfer und verursachten mehr als 50 Milliarden Euro direkte und indirekte Kosten für das Gesundheitssystem.

Die Abgeordneten fordern eine wirksamere Durchsetzung des Jugendschutzes und bessere Hilfen für suchtbelastete Familien und deren Kinder. Geprüft werden sollten auch Vorschläge unabhängiger Experten etwa zu Werbung und Sponsoring sowie zur Besteuerung und Preisgestaltung.

„Alkoholkonsum erhöht Krebserkrankungsrisiko“

Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) werden in Deutschland jedes Jahr etwa 12.650 Kinder mit fetalen Alkoholspektrumsstörungen geboren. Diese Kinder hätten verringerte kognitive Fähigkeiten und seien oft verhaltensauffällig. Alkoholkonsum sei an der Entstehung von mehr als 200 Krankheiten beteiligt. Für mehrere Krebsarten erhöhe der Alkoholkonsum das Erkrankungsrisiko deutlich.

Jedes Jahr erkrankten an alkoholbedingten Krebsarten fast 10.000 Menschen, rund 44.500 Patienten jährlich stürben an Krankheiten, die durch Alkohol verursacht seien. Die Krankheits- und Todesfälle wären vermeidbar.

Verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen

Der Verband forderte eine umfassende Strategie mit verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen. Die Verhaltensprävention ziele auf Aufklärung, die Verhältnisprävention verändere die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

Mögliche Initiativen seien Steuererhöhungen, Altersgrenzen sowie Beschränkungen von Werbung und Verfügbarkeit von Alkohol. Im internationalen Vergleich habe Deutschland die Verhältnisprävention nicht ausreichend ausgeschöpft.

„Deutschland ein Hochkonsumland für Alkohol“

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) bezeichnete Deutschland als Hochkonsumland für Alkohol. Der Alkoholkonsum verursache Schäden, die quantifizierbar und für viele Betroffene auch spürbar seien. So lebten Millionen Kinder und Jugendliche mit missbräuchlich konsumierenden Familienangehörigen.

Die Corona-Krise verursache gerade hier zusätzliche Probleme. Die DHS forderte insbesondere eine stärkere Regulierung. Dies gelte für Steuern, Werbung und die Verfügbarkeit von Alkohol. Nötig sei eine nachhaltige Strategie zur Reduzierung der alkoholbedingten Schäden.

„Behandlungsangebote für Betroffene verbessern“

Besorgt äußerte sich die Bundesärztekammer (BÄK) zu dem überdurchschnittlich hohen Alkoholkonsum in Deutschland, der eine Vielzahl alkoholbedingter Schädigungen und Todesfälle zur Folge habe. Der Ärzteverband forderte mehr Prävention zur Eindämmung der Zahl der durch Alkohol geschädigten Kinder.

Zudem müssten die Behandlungsangebote für Betroffene verbessert werden. Nötig seien sogenannte verhältnispräventive Initiativen zur Begrenzung des riskanten Konsums sowie verhaltensbezogene Maßnahmen einschließlich einer frühen Ansprache, Beratung und Versorgung Betroffener.

FASD ein gesundheitspolitisches und soziales Problem“

Der Berliner Kinderneurologe und langjährige Experte für alkoholgeschädigte Kinder, Hans-Ludwig Spohr, erklärte, FASD sei ein signifikantes gesundheitspolitisches und soziales Problem. Vielen öffentlichen Einrichtungen, vom Jugendamt bis zum Sozialgericht, sei FASD nicht bekannt oder sie sprächen dem Syndrom den Krankheitsstatus ab.

Die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) sei für Betroffene des Fetalen Alkoholsyndroms (FAS) bei der Beurteilung des Grades der Behinderung (GdB) und der Hilflosigkeit unzureichend, weil es sich um ein dynamisches Krankheitsbild handele. Mit einer angepassten Verordnung könnten Sozialbehörden und Gerichte die Diagnose FAS endlich als Behinderung mit Hilfslosigkeit akzeptieren.

„Viele Jugendliche trinken keinen Alkohol“

Der Bundesverband der deutschen Spirituosen-Industrie und Importeure (BSI) erklärte, es gebe in Deutschland bereits einen wirksamen und effektiven Mix aus verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen, der zahlreiche Erfolge gebracht habe.

Als Beispiele nannte der Verband die Punktnüchternheit im Straßenverkehr, in der Schwangerschaft und Stillzeit, bei der Einnahme von Medikamenten, am Arbeitsplatz sowie im Bereich Jugendschutz. So sei der Anteil lebenslang abstinent lebender Jugendlicher deutlich gestiegen. Nie zuvor habe es in Deutschland so viele Jugendliche gegeben, die noch nie Alkohol getrunken hätten. (pk/03.03.2021)

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