Grundsätze des Petitionsausschusses über die Behandlung von Bitten und Beschwerden (Verfahrensgrundsätze)
Verfahrensgrundsätze vom 8. März 1989, redaktionell geändert durch Beschluss vom 20. Februar 1991, ergänzt durch Beschluss vom 19. Juni 1991, ergänzt durch Beschlüsse vom 1. und 15. Juni 2005. Für die 16. Wahlperiode übernommen durch den Beschluss vom 30. November 2005. Geändert durch Beschluss vom 5. April 2006. Für die 17. Wahlperiode übernommen durch den Beschluss vom 25. November 2009; Geändert mit Wirkung zum 1. Januar 2012 durch Beschluss vom 9. November 2011. Für die 18. Wahlperiode übernommen durch den Beschluss vom 15. Januar 2014, für die 19. Wahlperiode durch den Beschluss vom 22. November 2017. Zuletzt geändert durch Beschluss vom 12. Februar 2020.
Aufgrund des § 110 Abs. 1 der Geschäftsordnung
des Deutschen Bundestages (GOBT) stellt der Petitionsausschuss für die Behandlung von Bitten und Beschwerden folgende Grundsätze auf:
1. Rechtsgrundlagen
(1) Nach Artikel 17 des Grundgesetzes (GG) hat jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an den Bundestag zu wenden.
(2) Nach Artikel 45c Abs. 1 GG bestellt der Bundestag einen Petitionsausschuss, dem die Behandlung der an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden obliegt.
(3) Die Befugnisse des Petitionsausschusses zur Vorbereitung seiner Beschlüsse über Petitionen ergeben sich aus Artikel 17 GG sowie aus dem Gesetz über die Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages (Gesetz nach Artikel 45c des Grundgesetzes - sog. Befugnisgesetz).
2. Eingaben
2.1 Petitionen
(1) Petitionen sind Eingaben, mit denen Bitten oder Beschwerden in eigener Sache, für andere oder im allgemeinen Interesse vorgetragen werden.
(2) Bitten sind Forderungen und Vorschläge für ein Handeln oder Unterlassen von staatlichen Organen, Behörden oder sonstigen Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Hierzu gehören insbesondere Vorschläge zur Gesetzgebung.
(3) Beschwerden sind Beanstandungen, die sich gegen ein Handeln oder Unterlassen von staatlichen Organen, Behörden oder sonstigen Einrichtungen wenden, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen.
2.2 Mehrfachpetitionen, Sammelpetitionen, Massenpetitionen, öffentliche Petitionen
(1) Mehrfachpetitionen sind Eingaben mit demselben Anliegen, die individuell abgefasst sind.
(2) Sammelpetitionen sind Unterschriftensammlungen mit demselben Anliegen.
(3) Massenpetitionen sind Eingaben in größerer Zahl mit demselben Anliegen, deren Text ganz oder im Wesentlichen übereinstimmt.
(4) Öffentliche Petitionen sind Bitten oder Beschwerden von allgemeinem Interesse an den Deutschen Bundestag. Sie werden im Einvernehmen mit dem Petenten auf der Internetseite des Petitionsausschusses veröffentlicht. Mit der Veröffentlichung erhalten weitere Personen oder Personengruppen über das Internet die Gelegenheit zur Mitzeichnung der Petition oder zur Abgabe eines Diskussionsbeitrages hierzu.
2.3 Sonstige Eingaben
Keine Petitionen sind Auskunftsersuchen sowie bloße Mitteilungen, Belehrungen, Vorwürfe, Anerkennungen oder sonstige Meinungsäußerungen ohne materielles Verlangen.
3. Petenten
(1) Das Grundrecht nach Artikel 17 GG steht jeder natürlichen Person und jeder inländischen juristischen Person des Privatrechts zu.
(2) Geschäftsfähigkeit ist zur Ausübung des Petitionsrechts nicht erforderlich; es genügt, dass der Petent in der Lage ist, sein Anliegen verständlich zu äußern. Das Petitionsrecht ist von persönlichen Verhältnissen des Petenten wie Wohnsitz oder Staatsangehörigkeit unabhängig.
(3) Wird eine Petition für einen anderen eingereicht, kann eine Legitimation verlangt werden. Ist der andere mit der Petition nicht einverstanden, unterbleibt die weitere Behandlung.
4. Schriftform
(1) Petitionen sind schriftlich einzureichen. Die Schriftform ist bei Namensunterschrift gewahrt.
Bei elektronisch übermittelten Petitionen ist die Schriftlichkeit gewahrt, wenn der Urheber und dessen Postanschrift ersichtlich sind und das im Internet für elektronische Petitionen zur Verfügung gestellte Formular verwendet wird (elektronischer Ersatz der Unterschrift).
(2) Ein Recht, Petitionen mündlich vorzubringen oder persönlich zu überreichen, besteht nicht.
5. Zuständigkeit des Petitionsausschusses
(1) Der Petitionsausschuss behandelt Petitionen, die den eigenen Zuständigkeitsbereich des Bundestages, insbesondere die Bundesgesetzgebung betreffen.
(2) Der Petitionsausschuss behandelt Petitionen, die den Zuständigkeitsbereich der Bundesregierung, von Bundesbehörden oder sonstigen Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben des Bundes wahrnehmen, betreffen. Dies gilt unabhängig davon, inwieweit die Bundesbehörden und sonstigen Einrichtungen einer Aufsicht der Bundesregierung unterliegen.
(3) Der Petitionsausschuss behandelt in den durch das Grundgesetz gezogenen Grenzen auch Petitionen, die die anderen Verfassungsorgane des Bundes betreffen.
(4) Petitionen, die den Vollzug von Bundesrecht oder EG-Recht betreffen, das die Länder als eigene Angelegenheit (Artikel 83 und 84 GG) oder im Auftrag des Bundes (Artikel 85 GG) ausführen, behandelt der Petitionsausschuss nur insoweit, als der Vollzug einer Aufsicht des Bundes unterliegt oder die Petition ein Anliegen zur Gesetzgebung des Bundes oder der EG enthält.
(5) Petitionen, die ein Gerichtsverfahren betreffen, behandelt der Ausschuss nur insoweit, als auf Bundesebene
- von den zuständigen Stellen ein bestimmtes Verhalten als Verfahrensbeteiligte in einem Rechtsstreit verlangt wird;
- eine gesetzliche Regelung gefordert wird, die eine mit den Petitionen angegriffene Rechtsprechung für die Zukunft unmöglich machen würde;
- die zuständigen Stellen aufgefordert werden, ein ihnen günstiges Urteil nicht zu vollstrecken.
Soweit ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit verlangt wird, werden sie nicht behandelt.
6. Petitionsinformations- und Petitionsüberweisungsrechte
6.1 Informationsrecht
(1) Aus Artikel 17 GG folgt ein Informationsrecht sowohl bei Bitten als auch Beschwerden.
(2) In Angelegenheiten der Bundesverwaltung richtet sich das Informationsrecht grundsätzlich gegen die Bundesregierung. Soweit eine Aufsicht des Bundes nicht besteht, richtet es sich unmittelbar gegen die zuständige Stelle, die öffentliche Aufgaben des Bundes wahrnimmt.
6.2 Verständigung der Bundesregierung
Soweit Ersuchen um Aktenvorlage, Auskunft oder Zutritt zu Einrichtungen unmittelbar an Behörden des Bundes, bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gerichtet werden, ist das zuständige Mitglied der Bundesregierung zu verständigen (§ 110 Abs. 2 GOBT).
6.3 Überweisungsrecht
(1) Zur Erledigung einer Petition kann der Petitionsausschuss mittels einer Beschlussempfehlung für das Plenum des Bundestages beantragen, die Petition der Bundesregierung oder einem anderen Verfassungsorgan des Bundes zu überweisen.
(2) Soweit eine Aufsicht der Bundesregierung nicht besteht, richtet sich das Überweisungsrecht unmittelbar an die Einrichtung der Bundesverwaltung oder die zuständige Stelle, die öffentliche Aufgaben des Bundes wahrnimmt.
7. Bearbeitung der Eingaben durch den Ausschussdienst
7.1 Erfassung der Eingaben
(1) Jede Eingabe wird grundsätzlich gesondert erfasst.
(2) Bei Mehrfachpetitionen wird eine Petition als Leitpetition geführt.
(3) Massenpetitionen werden als eine Petition (Leitpetition) für die Bearbeitung geführt. Die einzelnen Petitionen werden gesammelt und zahlenmäßig erfasst.
(4) Öffentliche Petitionen werden als eine Petition (Sammelpetition) bearbeitet. Es gelten die Verfahrensgrundsätze, soweit die „Richtlinie für die Behandlung von öffentlichen Petitionen“ nichts anderes vorsieht.
7.2 Eingaben, die keine Petitionen sind
Eingaben, die keine Petitionen sind (Nr. 2.3), werden soweit wie möglich durch eine Mitteilung an den Einsender, insbesondere durch einen Rat oder Hinweis oder durch Weiterleitung erledigt. Im Übrigen werden sie weggelegt.
7.3 Mangelhafte Petitionen
(1) Zur Erledigung durch den Ausschuss bereitet der Ausschussdienst grundsätzlich Petitionen nicht vor,
- deren Inhalt verworren ist;
- die unleserlich sind;
- bei denen Anschrift oder Unterschrift des Petenten falsch oder gefälscht ist;
- bei denen Anschrift oder Unterschrift des Petenten ganz oder teilweise fehlen, oder wenn bei elektronischer Verwendung des Web-Formulars die Pflichtfelder nicht korrekt ausgefüllt worden sind;
- mit denen etwas tatsächlich Unmögliches, eine strafbare Handlung, eine Ordnungswidrigkeit oder eine Maßnahme verlangt wird, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen das Sittengesetz verstößt;
- die beleidigenden, erpresserischen oder nötigenden Inhalt haben.
(2) Sofern ein Mangel vom Petenten nicht innerhalb einer angemessenen Frist oder von Amts wegen behoben wird, legt der Ausschussdienst die Petition im Einvernehmen mit der/dem Vorsitzenden weg.
7.4 Beschränkung des Anspruchs auf Prüfung
Ein Anspruch auf eine erneute sachliche Prüfung einer Petition besteht nicht, wenn der Petent sein Anliegen bereits in einer früheren Petition vorgebracht hat, diese beschieden worden ist und keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht werden.
7.5 Abgabe von Petitionen
Soweit für die Behandlung die Länderparlamente oder andere Stellen zuständig sind, werden die Petitionen in der Regel dorthin abgegeben.
7.6 Petitionen, die einen Soldaten betreffen
Für die Behandlung von Petitionen, die einen Soldaten betreffen, gelten die Verfahrensgrundsätze für die Zusammenarbeit zwischen dem Petitionsausschuss und dem Wehrbeauftragten.
7.7 Einholung von Stellungnahmen
Zu den behandelbaren Petitionen holt der Ausschussdienst in der Regel Stellungnahmen der Bundesregierung oder anderer zur Auskunft verpflichteter Stellen ein.
7.8 Petitionen zu Beratungsgegenständen von Fachausschüssen des Bundestages
Betrifft eine Petition einen Gegenstand der Beratung in einem Fachausschuss, wird eine Stellungnahme des Fachausschusses eingeholt (§ 109 Abs. 1 i.V.m. § 62 Abs. 1 GOBT). Liegt die Stellungnahme des Fachausschusses nach Ablauf einer angemessenen Frist nicht vor, so ist die Petition zu bescheiden.
7.9 Positiv erledigte Petitionen
Wird dem Anliegen des Petenten entsprochen, erhält er hierüber einen Bescheid. Der Ausschussdienst erstellt ein Verzeichnis der positiv erledigten Petitionen (Nr. 8.5).
7.10 Offensichtlich erfolglose Petitionen
Ist der Ausschussdienst der Auffassung, dass die Petition offensichtlich erfolglos bleiben wird, kann er dem Petenten die Gründe mit dem Hinweis mitteilen, dass das Petitionsverfahren abgeschlossen werde, wenn er innerhalb von sechs Wochen keine Einwendungen erhebe. Äußert sich der Petent nicht innerhalb dieser Frist, so nimmt der Ausschussdienst die Petition in ein Verzeichnis von erledigten Petitionen auf (Nr. 8.5).
7.11 Berichterstatter
Der Ausschussdienst schlägt für jede nicht nach Nr. 7.9 und Nr. 7.10 erledigte Petition zwei verschiedenen Fraktionen angehörende Ausschussmitglieder als Berichterstatter vor. Dabei soll ein Berichterstatter einer Regierungsfraktion und ein Berichterstatter einer Oppositionsfraktion angehören. Jede andere Fraktion im Ausschuss kann einen eigenen Berichterstatter zusätzlich verlangen.
7.12 Vorschläge des Ausschussdienstes
Der Ausschussdienst erarbeitet Vorschläge zur weiteren Sachaufklärung (Nr. 7.13.1), für vorläufige Regelungen (Nr. 7.13.2) oder zur abschließenden Erledigung (Nr. 7.14) und leitet sie den Berichterstattern zu.
7.13.1 Vorschläge zur weiteren Sachaufklärung
Zur weiteren Sachaufklärung kann insbesondere vorgeschlagen werden,
- eine zusätzliche Stellungnahme einzuholen;
- einen Vertreter der Bundesregierung zur Sitzung zu laden;
- bei Beschwerden von den Befugnissen nach dem Befugnisgesetz Gebrauch zu machen, z. B.
- Akten anzufordern;
- den Petenten, Zeugen oder Sachverständige anzuhören;
- eine Ortsbesichtigung vorzunehmen.
7.13.2 Vorschläge für vorläufige Regelungen
Bei bevorstehendem Vollzug einer beanstandeten Maßnahme kann insbesondere vorgeschlagen werden, die Bundesregierung oder die sonst zuständige Stelle (Nr. 5) zu ersuchen, den Vollzug der Maßnahme auszusetzen, bis der Petitionsausschuss über die Beschwerde entschieden hat.
7.14 Vorschläge zur abschließenden Erledigung
Die Vorschläge zur abschließenden Erledigung durch den Bundestag können insbesondere lauten:
7.14.1 Überweisung zur Berücksichtigung
Die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen,
- weil das Anliegen des Petenten begründet und Abhilfe notwendig ist.
7.14.2 Überweisung zur Erwägung
Die Petition der Bundesregierung zur Erwägung zu überweisen,
- weil die Eingabe Anlass zu einem Ersuchen an die Bundesregierung gibt, das Anliegen noch einmal zu überprüfen und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen.
7.14.3 Überweisung als Material
Die Petition der Bundesregierung als Material zu überweisen,
- um z. B. zu erreichen, dass die Bundesregierung sie in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbezieht.
7.14.4 Schlichte Überweisung
Die Petition der Bundesregierung zu überweisen,
- um sie auf die Begründung des Beschlusses des Bundestages hinzuweisen
oder
- um sie auf das Anliegen des Petenten besonders aufmerksam zu machen.
7.14.5 Kenntnisgabe an die Fraktionen
Die Petition den Fraktionen des Bundestages zur Kenntnis zu geben,
- weil sie z. B. als Anregung für eine parlamentarische Initiative geeignet erscheint;
- um sie auf das Anliegen des Petenten besonders aufmerksam zu machen.
7.14.6 Zuleitung an das Europäische Parlament
Die Petition dem Europäischen Parlament zuzuleiten
- weil dessen Zuständigkeit berührt ist.
7.14.7 Abschluss des Verfahrens
Das Petitionsverfahren abzuschließen,
- weil das Anliegen inhaltlich bereits in der laufenden Wahlperiode behandelt worden ist;
- weil dem Anliegen entsprochen worden ist;
- weil eine Gesetzesänderung oder Gesetzesergänzung nicht in Aussicht gestellt werden kann;
- weil der Bitte oder Beschwerde nicht entsprochen werden kann;
- weil das Verhalten der Verwaltung nicht zu beanstanden ist;
- weil die Eingabe inhaltlich nicht behandelt werden kann.
7.15 Sonstige Vorschläge/Begründungspflicht
Die zu Nr. 7.14 aufgeführten Vorschläge sind hinsichtlich der Art der Erledigung und hinsichtlich der Stelle, an die sich eine Überweisung richten kann, beispielhaft. Sie sind schriftlich zu begründen.
8. Behandlung der Petitionen durch den Petitionsausschuss
8.1 Anträge der Berichterstatter
(1) Die Berichterstatter prüfen den Vorschlag des Ausschussdienstes und legen dem Ausschuss Anträge zur weiteren Behandlung der Petitionen (entsprechend Nrn. 7.13.1, 7.13.2 und 7.14) vor. Ein Vorschlag nach Nr. 7.13.2 wird unverzüglich geprüft; andere Vorschläge werden binnen drei Wochen geprüft. Anträgen eines Berichterstatters zur weiteren Sachaufklärung soll der Ausschuss in der Regel stattgeben. Bei voneinander abweichenden Anträgen soll eine kurze Begründung gegeben werden.
(2) Bei Massen- und Mehrfachpetitionen gelten die Anträge der Berichterstatter zur Leitpetition auch für die dazu vorliegenden übrigen Petitionen.
8.2.1 Einzelaufruf und -abstimmung
In der Ausschusssitzung werden Petitionen einzeln aufgerufen,
- deren Überweisung zur Berücksichtigung oder zur Erwägung beantragt wird;
- zu denen die Anträge der Berichterstatter und der Vorschlag des Ausschussdienstes nicht übereinstimmen;
- deren Einzelberatung beantragt ist;
- zu denen beantragt wird, einen Vertreter der Bundesregierung zu laden;
- zu denen beantragt wird, von den sonstigen Befugnissen des Petitionsausschusses Gebrauch zu machen;
- wenn eine Sammel- oder Massenpetition bei deren Einreichung von mindestens 50.000 Personen unterstützt wird oder wenn dieses Quorum spätestens vier Wochen nach Einreichung erreicht wird (siehe auch Nr. 8.4 Abs. 4). Bei veröffentlichten Petitionen rechnet die Frist ab der Veröffentlichung im Internet.
8.2.2 Aufruf der Begründung für die Beschlussempfehlung
Die Begründung für die Beschlussempfehlung wird in der Ausschusssitzung nur ausnahmsweise aufgerufen, insbesondere wenn im Einzelfall die Ablehnung eines Antrages zur abschließenden Erledigung in die Begründung aufgenommen werden soll.
8.3 Sammelabstimmung
Sonstige Petitionen, bei denen die Anträge der Berichterstatter und der Vorschlag des Ausschussdienstes übereinstimmen, werden in einer Aufstellung erfasst und dem Ausschuss zur Sammelabstimmung vorgelegt.
8.4 Sonderregelungen für Mehrfach- und Massenpetitionen
(1) Gehen nach dem Ausschussbeschluss über eine Leitpetition von Mehrfachpetitionen weitere Mehrfachpetitionen mit demselben Anliegen ein, werden sie in einer Aufstellung zusammengefasst und im Ausschuss mit dem Antrag zur Leitpetition zur Sammelabstimmung gestellt.
(2) Nach dem Ausschussbeschluss über eine Massenpetition (Nr. 2.2 Abs. 3) eingehende weitere Eingaben mit demselben Anliegen werden nur noch gesammelt und zahlenmäßig erfasst. Dem Ausschuss wird vierteljährlich darüber berichtet.
(3) Das Verfahren nach den Absätzen 1 und 2 ist nur während der Wahlperiode anwendbar, in der der Beschluss zur Leitpetition gefasst wurde. Ändert sich während der Wahlperiode die Sach- und Rechtslage oder die Auffassung des Ausschusses, die der Beschlussfassung zum Gegenstand der Leitpetition zugrunde lag, ist das Verfahren nicht mehr anwendbar.
(4) Hat eine Sammel- oder Massenpetition das Quorum von 50.000 Unterstützern erreicht (Nr. 8.2.1, 6. Spiegelstrich), so werden ein Petent oder mehrere Petenten in öffentlicher Ausschusssitzung angehört. Der Ausschuss kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder beschließen, dass hiervon abgesehen wird. Diese Vorschriften gelten für Bitten und Beschwerden. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes kann in persönlichen Angelegenheiten nur dann eine öffentliche Ausschusssitzung stattfinden, wenn der oder die Betroffene zustimmt.
8.5 Bestätigung von Verzeichnissen und Protokollen
Dem Ausschuss werden zur Bestätigung vorgelegt:
- die Verzeichnisse nach Nr. 7.9 und Nr. 7.10;
- das Verzeichnis der Petitionen, zu denen Ferienbescheide (Nr. 9.1.2) ergangen sind;
- das Protokoll über jede Ausschusssitzung in der auf die Protokollverteilung folgenden Sitzung.
8.6 Sammelübersichten/Gesonderter Ausdruck einer Beschlussempfehlung
(1) Der Petitionsausschuss berichtet dem Bundestag über die von ihm behandelten Petitionen mit einer Beschlussempfehlung in Form von Sammelübersichten (§ 112 Abs. 1 GOBT).
(2) Wird von einer Fraktion eine Aussprache über eine Beschlussempfehlung oder ein Änderungsantrag zu einer Beschlussempfehlung angekündigt, wird die Beschlussempfehlung gesondert ausgedruckt.
9. Bekanntgabe der Beschlüsse
9.1 Benachrichtigung der Petenten
9.1.1 Zeitpunkt und Inhalt der Benachrichtigung
Nachdem der Bundestag über die Beschlussempfehlung entschieden hat, teilt die/der Vorsitzende dem Petenten die Art der Erledigung seiner Petition mit. Die Mitteilung soll einen Hinweis auf die Sammelübersicht und - wenn über die Beschlussempfehlung eine Aussprache stattgefunden hat - auch einen Hinweis auf die Aussprache und das Plenarprotokoll enthalten. Die Begründung zur Beschlussempfehlung ist beizufügen.
9.1.2 Ferienbescheide
(1) Tritt der Bundestag für mehr als zwei Wochen nicht zu einer Sitzung zusammen und stimmen die Anträge der Berichterstatter und der Vorschlag des Ausschussdienstes zur Erledigung einer Petition überein, so wird der Petent bereits vor der Beschlussfassung durch den Bundestag über die Beschlussempfehlung mit Begründung unterrichtet (sog. Ferienbescheid).
(2) Dies gilt nicht bei Petitionen, die in den Ausschusssitzungen einzeln aufzurufen sind (Nr. 8.2.1), sowie in der Zeit vom Zusammentritt eines neuen Bundestages bis zum Zusammentritt eines neuen Petitionsausschusses.
9.1.3 Benachrichtigung einer Kontaktperson / Öffentliche Bekanntmachung
(1) Bei Petitionen, die von einer nichtrechtsfähigen Personengemeinschaft (Bürgerinitiative etc.) unter einem Gesamtnamen oder einer Kollektivbezeichnung eingebracht werden, wird über die Art der Erledigung in der Regel nur informiert, wer als gemeinsame Kontaktperson (Kontaktadresse) anzusehen ist.
(2) Das gleiche gilt bei Sammel- und Massenpetitionen.
(3) Haben die Petenten keine gemeinsame Kontaktadresse, kann die Einzelbenachrichtigung durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Hierüber sowie über die Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachung entscheidet der Petitionsausschuss.
9.1.4 Zusätzliche öffentliche Bekanntmachung
Der Petitionsausschuss kann bei Nr. 9.1.3 Abs. 1 und 2 zusätzlich eine öffentliche Bekanntmachung beschließen.
9.2 Unterrichtung der Bundesregierung und anderer Stellen
9.2.1 Zuständigkeit für die Unterrichtung/Berichtsfristen
(1) Beschlüsse des Bundestages, eine Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, teilt der Bundestagspräsident dem Bundeskanzler mit. Beschlüsse des Bundestages, eine Petition der Bundesregierung zur Erwägung zu überweisen, teilt die/der Vorsitzende dem zuständigen Bundesminister mit.
(2) Der Bundesregierung wird zur Beantwortung eine Frist von in der Regel 6 Wochen gesetzt.
(3) Richtet sich ein Berücksichtigungs- oder Erwägungsbeschluss an eine andere Stelle als die Bundesregierung (Nr. 6.3), gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Beschlüsse des Bundestages, eine Petition der Bundesregierung als Material zu überweisen, teilt die/der Vorsitzende dem zuständigen Bundesminister mit. Dieser soll dem Petitionsausschuss über die weitere Sachbehandlung spätestens nach einem Jahr berichten.
(5) Alle anderen Beschlüsse übermittelt die/der Vorsitzende.
9.2.2 Antworten der Bundesregierung und anderer Stellen
Der Ausschussdienst gibt die Antwort der Bundesregierung oder einer anderen Stelle (Nr. 6.3) den Ausschussmitgliedern durch eine Ausschussdrucksache zur Kenntnis.
10. Tätigkeitsbericht
Der Petitionsausschuss erstattet dem Bundestag jährlich einen schriftlichen Bericht über seine Tätigkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 3 GOBT).
ANLAGEN:
Anlage zu Ziffer 7.6 Verfahrensgrundsätze:
Verfahrensgrundsätze für die Zusammenarbeit zwischen dem Petitionsausschuss und dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
- Der Petitionsausschuss unterrichtet den Wehrbeauftragten von einer Petition, wenn sie einen Soldaten der Bundeswehr betrifft. Der Wehrbeauftragte teilt dem Petitionsausschuss mit, ob bei ihm in derselben Angelegenheit ein Vorgang entstanden ist und ob er tätig wird.
- Der Wehrbeauftragte unterrichtet den Petitionsausschuss von einem Vorgang, wenn in derselben Angelegenheit erkennbar dem Petitionsausschuss eine Petition vorliegt.
- Sind der Petitionsausschuss und der Wehrbeauftragte sachgleich befasst, so wird der Vorgang grundsätzlich zunächst vom Wehrbeauftragten bearbeitet.
Wird der Petitionsausschuss tätig, so teilt er dies dem Wehrbeauftragten mit.
Der Wehrbeauftragte und der Petitionsausschuss unterrichten sich - regelmäßig schriftlich - von dem Fortgang der Bearbeitung und deren Ergebnis.
Anlage zu Ziffer 7.1 (4) Verfahrensgrundsätze:
Richtlinie für die Behandlung von öffentlichen Petitionen (öP) gem. Ziff 7.1 (4) der Verfahrensgrundsätze
Über das allgemeine Petitionsrecht hinaus eröffnet der Petitionsausschuss als zusätzliches Angebot die Möglichkeit, öffentliche Petitionen einzureichen.
Mit dieser Möglichkeit soll ein öffentliches Forum zu einer sachlichen Diskussion wichtiger allgemeiner Anliegen geschaffen werden, in dem sich die Vielfalt unterschiedlicher Sichtweisen, Bewertungen und Erfahrungen darstellt. Dieses Forum bietet eine Möglichkeit, vorgetragene Sachverhalte und Bitten zur Gesetzgebung wie auch Beschwerden aus unterschiedlichen Sichtweisen kennen zu lernen und in die eigene Meinungsbildung einzubeziehen. Der Ausschuss möchte erreichen, dass ein möglichst breites Themenspektrum auf seiner Internetseite angeboten und möglichst viele Petenten ihr Anliegen vorstellen können. Öffentliche Petitionen werden ebenso wie nicht öffentliche Petitionen entsprechend den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen für Petitionen behandelt. Aus einer Ablehnung der Veröffentlichung entstehen dem Petenten im parlamentarischen Prüfverfahren keine Nachteile.
In diesem Sinne und entsprechend den nachfolgenden Regularien wird auch das Forum moderiert.
1. Öffentliche Petitionen können von jedermann einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen unter Verwendung des hierfür vorgesehenen elektronischen Formulars an den Petitionsausschuss eingereicht werden. Öffentliche Petitionen werden auf der Internetseite des Petitionsausschusses veröffentlicht. Es besteht kein Rechtsanspruch auf Annahme einer Petition als öffentliche Petition. Wer sich an einer öffentlichen Petition beteiligen möchte, muss über eine gültige E-Mail-Anschrift verfügen.
2.1 Voraussetzung für eine öffentliche Petition ist, dass die Bitte oder Beschwerde inhaltlich ein Anliegen von allgemeinem Interesse zum Gegenstand hat und das Anliegen und dessen Darstellung für eine sachliche öffentliche Diskussion geeignet sind. Die Behandlung des Anliegens muss in die Zuständigkeit des Petitionsausschusses fallen. Das Anliegen muss sachlich, konkret und verständlich formuliert und durch eine Begründung getragen sein. Anliegen oder Teile eines Anliegens dürfen sich nicht erkennbar auf Personen beziehen.
2.2 Der Ausschuss behält sich vor, gleichgerichtete Petitionen zusammenzufassen und den Hauptpetenten zu bestimmen. Die weiteren Petenten werden als Unterstützer behandelt.
3. Eine öffentliche Petition einschließlich ihrer Begründung wird nicht zugelassen, wenn sie
a) die Anforderungen der Ziffer 2.1 nicht erfüllt;
b) persönliche Bitten oder Beschwerden zum Inhalt hat;
c) nicht in deutscher Sprache abgefasst ist;
d) gegen die Menschenwürde verstößt;
e) offensichtlich falsche, entstellende oder beleidigende Meinungsäußerungen enthält;
f) offensichtlich unsachlich ist oder der Verfasser offensichtlich von falschen Voraussetzungen ausgeht;
g) zu Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auffordert oder Maßnahmen verlangt werden, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen das Sittengesetz verstoßen;
h) geschützte Informationen enthält, in Persönlichkeitsrechte von Personen (z.B. durch Namensnennung) eingreift, kommerzielle Produkte oder Verfahren bewirbt oder anderweitige Werbung enthält;
i) Links (URLs) auf andere Web-Seiten enthält;
j) sich einer der Würde des Parlaments nicht angemessenen Sprache bedient.
4. Von einer Veröffentlichung kann abgesehen werden, insbesondere wenn
a) der Ausschuss bereits in der laufenden Wahlperiode in einer im Wesentlichen sachgleichen Angelegenheit eine Entscheidung getroffen hat und keine entscheidungserheblichen neuen Gesichtspunkte vorgetragen werden;
b) sich bereits eine sachgleiche Petition in der parlamentarischen Prüfung befindet;
c) sie geeignet erscheint, den sozialen Frieden, die internationalen Beziehungen oder den interkulturellen Dialog zu belasten;
d) der Petent bereits mit öffentlichen Petitionen auf der Internetseite des Petitionsausschusses präsent ist;
e) die Petition offensichtlich erfolglos bleiben wird oder
f) die technischen oder personellen Kapazitäten für eine angemessene öffentliche Präsentation nicht gewährleistet sind.
5. Vor Annahme einer Petition als öffentliche Petition und deren Einstellung ins Internet prüft der Ausschussdienst, ob die Voraussetzungen für eine öffentliche Petition erfüllt sind. Im Hinblick auf die Veröffentlichung wird ein strenger Bewertungsmaßstab angelegt. Über die Veröffentlichung werden die Sprecher der Fraktionen (Obleute) unterrichtet. Bei einer Ablehnung erfolgt die weitere Behandlung entsprechend den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen für Petitionen. Der Petent soll über eine Veröffentlichung oder eine Nichtveröffentlichung informiert werden; Gründe für Nichtveröffentlichungen sollen ihm mitgeteilt werden.
6. Der Initiator einer öffentlichen Petition ist der Hauptpetent. Alle für das Petitionsverfahren notwendige Korrespondenz erfolgt ausschließlich mit dem Hauptpetenten. Sein Name und seine Kontaktanschrift werden zusammen mit der Petition veröffentlicht.
7. Mitzeichner einer öffentlichen Petition oder Personen, die sich mit Diskussionsbeiträgen daran beteiligen, geben ihren Namen, ihre Anschrift und E-Mail-Adresse an. Veröffentlicht werden der Name oder – auf Wunsch der/des Mitzeichnenden – ein standardisiertes Pseudonym sowie das Datum der Mitzeichnung.
Bei einer Beteiligung am Diskussionsforum werden – sofern gewählt – ein Pseudonym oder die anonyme Nutzerkennung sowie das Datum des Beitrages veröffentlicht.
8. Die Mitzeichnungsfrist, in der weitere Personen die öffentliche Petition mitzeichnen oder Diskussionsbeiträge abgeben können, beträgt vier Wochen.
9.1 Für Diskussionsbeiträge zu einer öffentlichen Petition sowie deren Mitzeichnungen gelten sinngemäß dieselben Anforderungen wie für die Petition (vgl. Ziffern 2 bis 4). Beiträge, die diese Anforderungen nicht erfüllen oder in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Petition stehen, werden von der Web-Seite entfernt und als „wegen Regelverstoßes gelöscht“ kenntlich gemacht. Der maximale Umfang von Diskussionsbeiträgen ist technisch vorgegeben.
9.2 Ebenfalls von der Web-Seite entfernt werden Beiträge, deren Zuordnung zum angegebenen Verfasser Zweifeln unterliegt.
9.3 Während der Mitzeichnungsfrist können die Mitzeichnungsliste oder das Diskussionsforum vorzeitig geschlossen werden, wenn eine sachliche Diskussion nicht mehr gewährleistet ist oder Löschungen von Beiträgen wegen Regelverstoßes in beachtlichem Umfange notwendig werden.
10. Nach Abschluss der Mitzeichnungsfrist wird die öffentliche Petition für weitere Mitzeichnungen sowie für die Abgabe von Diskussionsbeiträgen geschlossen. Danach erfolgt die Behandlung entsprechend den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen für Petitionen.
11. Im Laufe des parlamentarischen Prüfverfahrens entscheidet der Ausschuss, ob eine öffentliche Beratung oder eine Anhörung von Petenten durchgeführt werden soll.
12. Die Öffentlichkeit wird im Internet über das Ergebnis des Petitionsverfahrens unterrichtet.