Altmaier: Wirtschaft wird weniger stark schrumpfen als befürchtet
Der Bundestag hat am Donnerstag, 1. Oktober 2020, über den Etat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie für das Jahr 2021 beraten. Der Regierungsentwurf für den Haushalt 2021 (19/22600) sieht für diesen Einzelplan 09 Ausgaben in Höhe von 10,13 Milliarden Euro vor (2020: 10,57 Milliarden Euro).
Minister: Klimaschutz nicht gegen Wirtschaft ausspielen
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gab sich zu Beginn der Debatte zuversichtlich. „Wir sind besser durch die Krise gekommen als die meisten um uns herum“, sagte er über das vergangene halbe Jahr und die aktuelle Situation. Die Volkswirtschaft werde weniger stark schrumpfen als befürchtet, viele Unternehmen schöpften neuen Mut. Altmaier verteidigte jüngste staatliche Eingriffe. Die soziale Marktwirtschaft sei in dieser Pandemie nicht durch die Bundesregierung gefährdet worden, sondern durch das Virus, das zeitweise den Wettbewerb stark eingeschränkt habe. Mit den Hilfen habe man dafür gesorgt, dass die Marktwirtschaft wieder greifen könne.
Zum vorliegenden Haushalt erklärte der Minister, es gehe auch um die Frage, wie Klimaschutz unter diesen Bedingungen gelingen kann. Dabei bekannte er sich zu den bisher verabredeten Plänen. Er fühle sich an die gemeinsamen Klimaziele gebunden, werde diesen Prozess nicht unterbrechen und die Ziele nicht relativieren. Er wolle einen Konsens noch vor der Bundestagswahl erreichen, der sicherstelle, dass Klimaschutz nicht gegen Wirtschaft ausgespielt wird.
CDU/CSU: Wir haben an den Strukturen festgehalten
Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) bekräftigte, man habe angesichts der Krise diesen Weg gehen müssen.
„Wir haben an den Strukturen festgehalten“, sagte Linnemann. Zugleich warnte er, man wisse nicht, ob das Schlimmste überstanden sei.
SPD: Das Land nicht kaputtsparen
Für den Koalitionspartner SPD stellte Johann Saathoff den Investitionsanteil im Haushaltsentwurf heraus. Man wolle das Land nicht kaputtsparen und achte darauf, die Infrastruktur zu erhalten, sagte Saathoff. Er thematisierte das Engagement im Bereich Luft- und Raumfahrt, für die Schifffahrtindustrie und in der Automobilindustrie.
Letztere Branche stehe vor gewaltigen Transformationen, hin zum Elektroantrieb, zur Digitalisierung von Prozessen und Anwendungen. Dabei lasse man die Beschäftigten nicht im Stich. Auch Saathoff stellte sich hinter die Vereinbarkeit von positiver Wirtschaftsentwicklung und Klimaschutz.
AfD: Die Maßnahmen waren unverhältnismäßig
Die Opposition kritisierte die Schwerpunktsetzungen aus unterschiedlicher Motivation heraus scharf. So sagte der AfD-Abgeordnete Volker Münz, die Bundesregierung habe mit ihren Lockdown-Maßnahmen einen Großteil des Wirtschaftseinbruchs verursacht: „Die Maßnahmen waren unverhältnismäßig.“
Seine Fraktion werde nicht zustimmen, wenn die Schuldenbremse mit der Begründung einer Notsituation ausgesetzt werden soll. Münz hält auch den eingeschlagenen Weg hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft für falsch. Dies habe nichts mit Marktwirtschaft zu tun. Er appellierte an Altmaier, Maß zu halten.
FDP: Mehr Markt- und weniger Staatswirtschaft
Die FDP fürchtet „strukturelle Schäden“ durch aktuelles Handeln und weitere Pläne der Bundesregierung. Karsten Klein erklärte dazu, Tausende Mittelständler und Selbstständige warteten auf Hilfen, gleichzeitig sei nur ein Bruchteil der bereitgestellten Überbrückungshilfen bisher abgerufen worden. Das liege an der falschen Konzeption.
„Helfen Sie diesen Menschen“, appellierte Klein an Altmaier. Der Abgeordnete forderte weiter mehr Anstrengungen für ein Ankurbeln des Exports, mehr fairen Wettbewerb und Technologieoffenheit bei der Wahl der Mittel. Es brauche mehr Markt- und weniger Staatswirtschaft.
Linke: Geld kommt nicht dort an, wo es ankommen soll
Heidrun Bluhm-Förster (Die Linke) stimmte zu, dass Geld bisher nicht immer dort angekommen sei, wo es ankommen soll. Sie erneuerte zudem ihre Kritik an den geplanten Entschädigungszahlungen an Kraftwerksbetreiber im Zuge des Kohleausstiegs. Die Bundesregierung verschenke Milliarden Steuergelder an die bisherigen Profiteure der Industrie.
Bluhm-Förster vermisste Investitionen in den ländlichen Raum. Ihr Fraktionskollege Klaus Ernst forderte Bedingungen für Staatshilfe, beispielsweise keine Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland.
Grüne: Es ist viel Zeit verloren worden
Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen) stimmte in den Tenor ihrer Vorredner ein und forderte den Minister auf, seine Programme weiter zu überarbeiten – auch wenn die Abgeordnete bekannte, dass Maßnahmen inzwischen angepasst seien. Es sei viel Zeit verloren worden. Viel zu wenig von den bisherigen Hilfen werde derzeit in Anspruch genommen, nur drei Prozent der Überbrückungshilfen seien abgerufen worden, sagte Hajduk.
Wichtig ist aus ihrer Sicht, dass Solo-Selbstständige sich Geld für ihren Lebensunterhalt auszahlen dürfen. Sie mahnte zudem, man müsse den Menschen ehrlich sagen, dass der Strombedarf einer digitalisierten Gesellschaft und Wirtschaft höher sein wird als in bisherigen Prognosen gespiegelt. Dieser realistische Strombedarf müsse die verwendete Kenngröße für Diskussionen und Szenarien sein. Nur so bleibe man glaubwürdig, sagte Hajduk.
Innovation, Technologie, Neue Mobilität
Schwerpunkt im Etat von Wirtschaftsminister Altmaier ist der Bereich „Innovation, Technologie und Neue Mobilität“ für den Ausgaben in Höhe von 4,46 Milliarden Euro (2020: 4,14 Milliarden Euro) eingeplant sind. Für die Titelgruppe „Neue Mobilität“ sind 787,43 Millionen Euro eingeplant (2020: 670,58 Millionen Euro). Ein weiterer großer Posten ist der Bereich Luft- und Raumfahrt, für den 2,28 Milliarden Euro eingeplant sind (2020: 2,05 Milliarden Euro).
Für die Unterstützung des Mittelstandes plant die Bundesregierung Ausgaben in Höhe von 1,31 Milliarden Euro (2019: 1,24 Milliarden Euro). 154,67 Millionen Euro (2020: 155,5 Millionen Euro) davon sind für „Innovative Unternehmensgründungen“ gedacht.
Deutlich weniger Geld für Steinkohlebeihilfen
Für den Bereich „Energie und Nachhaltigkeit“ sieht der Haushaltsentwurf 1,38 Milliarden Euro vor (2020: 2,83 Milliarden Euro).
Der Rückgang begründet sich durch die gesunkenen „Zuschüsse für den Absatz deutscher Steinkohle zur Verstromung an die Stahlindustrie sowie zum Ausgleich von Belastungen aufgrund des Kapazitätsabbaus“, die mit 264,8 Millionen Euro etatisiert sind (2020: 1,93 Milliarden Euro). (pez/01.10.2020)