Scharfe Kritik der Opposition am Etat von Verkehrsminister Scheuer
Der Bundestag hat über den im Regierungsentwurf für den Haushalt 2021 (19/22600) enthaltenen Etat für das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erstmals am Dienstag, 29. September 2020, debattiert. Der Einzelplan 12 wird nach den bis Freitag, 2. Oktober, andauernden Beratungen sämtlicher Einzelpläne des Bundes an den Haushaltsausschuss überwiesen.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) soll den Planungen zufolge 34,08 Milliarden Euro (2020: 36,78 Milliarden Euro) ausgeben dürfen. Mehr als die Hälfte des Geldes (21,25 Milliarden Euro) ist für Investitionen eingeplant. Auf der anderen Seite stehen 7,48 Milliarden Euro an geplanten Einnahmen durch die Lkw-Maut (2020: 7,97 Milliarden Euro).
Minister: Größter Investitionshaushalt des Bundes
Zuversicht und Mut seien die Kernbegriffe des vorgelegten Haushalts, sagte der Minister zu Beginn der Debatte. Zuversicht und Mut würden benötigt, „damit es wieder aufwärts geht in Deutschland, damit die Wirtschaft wieder wächst, damit Arbeitsplätze gesichert und der Klimawandel gebremst werden kann“.
Der Verkehrshaushalt sei der größte Investitionshaushalt des Bundes, sagte Scheuer. Dass dennoch einige Projekte nicht vorankämen, liege nicht am fehlenden Geld, sondern an zu langen Planungs- und Bewilligungszeiträumen. Daher seien bereits in dieser Legislaturperiode drei Planungsbeschleunigungsgesetze verabschiedet worden – ein viertes sei in der Beratung. Scheuer verwies auch darauf, dass in den kommenden Jahren mehr Geld in die Schiene als in die Straße investiert werde.
AfD: Straße ist wichtigster Verkehrsträger
Dr. Dirk Spaniel (AfD) sagte, eine Verkehrsinfrastruktur müsse „strikt nach Bedarf und nicht nach Ideologie“ geplant werden. Da die Straße auch zukünftig mit Abstand der wichtigste Verkehrsträger bleiben werde, müsse sich das auch im Budget für den Erhalt und den Ausbau widerspiegeln.
„Genau diese vernunftgesteuerte Priorisierung können wir in dem Entwurf nicht erkennen“, sagte der AfD-Abgeordnete. Entgegen aller Beteuerungen würden die Mittel für den Straßenausbau um 25 Prozent gekürzt.
SPD: Mittelerhöhungen für ÖPNV und E-Mobilität
Arno Klare (SPD) warb dafür, den Blick auch auf die im Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ enthaltenen Verkehrsprojekte zu weiten. Darin fänden sich Mittelerhöhungen für die Projekte des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und zur Unterstützung der E-Mobilität.
Für die Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie seien dort 1,7 Milliarden Euro für 2021 und weitere 4,47 Milliarden in den Verpflichtungsermächtigungen festgeschrieben, sagte Klare. „Unser Ziel ist die klimaneutrale Mobilität. Die Mittel, die bereitgestellt werden, dienen genau diesem Ziel“, sagte der SPD-Abgeordnete.
FDP rügt „Generalversagen“ des Ministers
Massive Kritik an Minister Scheuer äußerten die Oppositionsabgeordneten Christoph Meyer (FDP), Victor Perli (Die Linke) und Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen).
Meyer warf dem Verkehrsminister vor, in der Zukunft zu schwelgen, die Umsetzung aber nicht hinzubekommen. Am Schreibtisch des Ministers sitze das Generalversagen, so der FDP-Abgeordnete. Das wisse jeder, der sich die Bilanz der letzten Jahre anschaue. Die gescheiterte Pkw-Maut, der langsame Breitbandausbau, der Milliarden-Investitionsstau und das Versagen als Gesellschafter beim Hauptstadtflughafen BER seien Belege dafür.
Linke: Straßen sind keine Melkkuh für private Profite
Eine Vollkatastrophe sei der Haushaltsentwurf, befand Perli. „Geklotzt wird wieder vor allem bei neuen Autobahnen“, sagte der Linken-Abgeordnete.
Perli kritisierte vor allem, dass die Bundesregierung nach wie vor beim Autobahnbau auf eine Teilprivatisierung setze. Der Staat zahle hier deutlich mehr als bei einem Bau in Eigenregie. „Straßen sind keine Melkkuh für private Profite“, sagte er. Mit der Privatisierung müsse endlich Schluss sein.
Grüne: Diesen Minister kann sich Deutschland nicht leisten
Sven-Christian Kindler warf dem Minister vor, in den vergangenen Jahren alles dafür getan zu haben, „um die Verkehrswende und den Klimaschutz gegen die Wand zu fahren“.
Scheuer habe Autobahnen privatisiert, die Bahnreform blockiert, beim Mautdesaster das Vergaberecht gebrochen und den Bundestag belogen sowie die Reform der Straßenverkehrsverwaltung an die Wand gefahren. „Diesen Minister kann sich Deutschland in Zeiten der Klimakrise nicht mehr leisten“, befand der Grünen-Abgeordnete.
CDU/CSU: Rekordinvestitionen in die Schiene
Reinhold Sendker (CDU/CSU) verwies hingegen darauf, dass der Haushaltsentwurf Rekordinvestitionen in die Schiene vorsehe, „ohne den notwendigen Straßenaus- und -neubau zu gefährden“.
Die Richtung stimme. Daher sei die Unionsfraktion gerne bereit, „diese Politik mit weiteren Vorschlägen zu unterstützen“, kündigte Sendker an.
Straßen und Schienen
Die Ausgaben für die Bundesfernstraßen summieren sich auf 12,12 Milliarden Euro (2020: 11,46 Milliarden Euro), von denen 10,93 Milliarden Euro für den Bau, die Erhaltung und den Betrieb der Bundesfernstraßen (Bundesautobahnen und Bundesstraßen) vorgesehen sind (2020: 10,24 Milliarden Euro). Für die Bundesschienenwege sollen 8,74 Milliarden Euro ausgegeben werden können (2020: 12,88 Milliarden Euro).
Statt sechs Milliarden Euro wie 2020 geplant, sollen 2021 noch 1,12 Milliarden Euro für die Eigenkapitalerhöhung der Deutschen Bahn AG (DB AG) zur Verfügung stehen. 1,56 Milliarden Euro sind als Baukostenzuschüsse für Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes (2020: 1,5 Milliarden Euro) und 4,64 Milliarden Euro als Infrastrukturbeitrag des Bundes für die Erhaltung der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes (2020: 4,64 Milliarden Euro).
Bundeswasserstraßen und Digitalisierung
1, 4 Milliarden Euro sieht der Etatentwurf für die Bundeswasserstraßen vor (2020: 1,14 Milliarden Euro), darunter 699,34 Millionen Euro für Ersatz-, Aus- und Neubaumaßnahmen (2020: 459,52 Millionen Euro).
Für den Bereich Digitale Infrastruktur enthält der Etatentwurf Ausgaben in Höhe von 1,19 Milliarden Millionen Euro (2020: 1,18 Milliarden Euro). (hau/29.09.2020)