Regierungsentwurf zur Beschleunigung von Investitionen beraten
Der Bundestag hat am Freitag, 11. September 2020, erstmals den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Beschleunigung von Investitionen (19/22139) beraten. Darüber hinaus stand – ebenfalls in erster Lesung – ein Gesetzentwurf der FDP zur Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren von Verkehrsprojekten (19/22106) auf der Tagesordnung. Die Vorlagen wurden im Anschluss an die einstündige Debatte an den Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur zur weiteren Beratung überwiesen.
Minister will die Verfahren straffen
Wenn Verkehrsinfrastrukturprojekte zu schleppend umgesetzt werden, liegt das aus Sicht von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nicht am fehlenden Geld. Dank der Politik der Großen Koalition könne in Rekordhöhe investiert werden, sagte der Minister. Um Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, seien innerhalb der vergangenen drei Jahre schon drei Gesetzespakete geschnürt worden. „Nun liegt ein viertes Paket vor, das meiner Meinung nach nicht das letzte in dieser Legislaturperiode sein wird“, sagte Scheuer. Der Gesetzentwurf beruhe auf Maßnahmen, die der Koalitionsausschuss am 8. März 2020 beschlossen habe.
In den Blick nehme man dabei das vorgelagerte Raumordnungsverfahren und das nachfolgende Gerichtsverfahren. „Auch hier lassen sich die Verfahren straffen“, zeigte sich der Minister überzeugt. Das bedeute aber nicht, so Scheuer weiter, dass die Bürger oder die Umweltschutzverbände „um die Möglichkeit gebracht werden, Einwände gegen ein Vorhaben zu erheben“. Nicht aber im Raumordnungsverfahren, so Scheuer, sondern bei der Planfeststellung.
AfD: Investitionsoffensive für Straßen und Brücken
Dr. Dirk Spaniel (AfD) sagte, das vorgelegte Gesetz sei „im Grundsatz mehr als überfällig“. Die Langsamkeit bei der Umsetzung von Infrastrukturprojekten in Deutschland habe mittlerweile Weltruf, befand er. Eine schnellere Realisierung von Großprojekten wie dem Berliner Flughafen oder Stuttgart 21 sei ein Schlüsselfaktor, um die Wettbewerbsfähigkeit eines Industriestaates zu erhalten. Gleichwohl handle es sich bei dem Gesetz um eine Mogelpackung, sagte der AfD-Abgeordnete. Unter dem Deckmantel des Infrastrukturausbaus wolle Minister Scheuer „vorwiegend Schiene und Windkraft ohne Bürgerbeteiligung und Einspruchsrechte ausbauen“.
Es gehe dem Minister also nicht um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, urteilte Spaniel. Scheuer wolle nicht die volkswirtschaftlichen Schäden durch Staus und marode Brücken beseitigen, sondern vertuschen, „dass ihre Klimaideologie an ihre Grenzen gerät“. Das demnächst knappe Geld in Deutschland dürfe nicht verschleudert werden, forderte er. Daher brauche es eine Investitionsoffensive für Straßen und marode Brücken.
SPD: Investitionen sind auf Rekordniveau
Die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur bewegten sich Dank der großen Koalition auf Rekordniveau, sagte Sören Bartol (SPD). „Wir können selbstbewusst sagen, dass wir für dieses Land gute und richtige Beschlüsse gefasst haben“, befand er. Entscheidend sei aber, „dass das Geld jetzt schnell in Projekte umgesetzt wird“. Das Gesetz, so gab sich Bartol überzeugt, könne dazu beitragen, „dass wir schneller bauen können“. Ein erster Schritt zur Planungsbeschleunigung sei es aber, wenn die Mittel durch die zuständigen Ministerien zügig ausgegeben würden, sagte Bartol mit Blick auf den Bundesverkehrsminister.
„Konjunkturimpuls bedeutet, dass das Geld schnell wirksam werden muss.“ Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende machte zugleich deutlich, dass es ein schmaler Grat sei, zwischen der Beschleunigung der Vorhaben und der Beibehaltung substanzieller Beteiligungsrechte. „Mit dem Gesetz bewältigen wird das“, fügte er hinzu.
FDP: Straßen nicht aus den Augen verlieren
Torsten Herbst (FDP) hält das Gesetz für nicht weitgehend genug. Zudem sei es dem Verkehrsminister nicht gelungen, sich in wichtigen Fragen gegen das Umweltministerium durchzusetzen. Dennoch werde seine Fraktion zustimmen, kündigte er an. Der Ausbau der Schieneninfrastruktur, das machte der FDP-Abgeordnete deutlich, könne Impulse für Deutschland geben und sei auch seiner Fraktion wichtig. „Aber wir dürfen auch die Straße nicht aus den Augen verlieren“, warnte er.
Zwischen 2012 und 2018 habe es auf den Autobahnen 300 Prozent mehr Staukilometer gegeben. Seine Fraktion habe daher einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, „um auch auf Autobahnen und Bundesstraßen zu mehr Tempo zu kommen“. Bei ausgewählten Projekten von nationaler Bedeutung, so erläuterte Herbst, solle der Bundestag selbst zum Bauherrn werden. Das Ganze sei verbunden mit einer früheren Öffentlichkeitsbeteiligung.
Linke fordert eine ordentliche Evaluation
Mit Blick auf die schon verabschiedeten Gesetz zur Planungsbeschleunigung, mit denen Bürgerbeteiligung eingeschränkt und der Umweltschutz abgebremst worden sei, stelle sich die Frage, welche Wirkung diese hatten, sagte Sabine Leidig (Die Linke). „Wir wissen es nicht“, lautete ihre Antwort. Es gebe keine Untersuchung und keine Auswertung. „Wir fordern von der Bundesregierung, endlich eine ordentliche Evaluation vorzulegen“, sagte die Linken-Abgeordnete.
Dem aktuellen Gesetzentwurf attestierte Leidig, dass darin der Fokus nicht auf dem Straßenausbau liege und es nicht gegen Klimaschutz und Nachhaltigkeit gehe. Auch wenn es im Detail Änderungsbedarf gebe, sei sie im Großen und Ganzen mit dem Entwurf einverstanden, erklärte sie. Grundsätzlich gehe die Verkehrspolitik aber immer noch in die falsche Richtung, weil noch immer neue Autobahnkilometer ans Netz gingen, sagte Ledig und forderte einen Autobahnausstieg.
Grüne: ÖPNV erneut komplett vergessen
Aus Sicht von Stephan Kühn (Bündnis 90/Die Grünen) kann der Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Eisenbahnprojekten führen. „Trotzdem bleibt er halbherzig“, sagte er. So sei der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) bei dem Entwurf erneut komplett vergessen worden. Ebenso finde sich in dem Entwurf kein Vorschlag zur Beschleunigung des Radwegebaus.
Kritik äußerte Kühn auch an der geplanten Abwertung des Raumordnungsverfahrens. „Das Gegenteil wäre richtig, weil dort der Punkt für eine frühzeitige Bürgerbeteiligung ist“. Benötigt werde zudem eine Personaloffensive in den Planungs- und Genehmigungsbehörden. Außerdem, so Kühn, würden noch immer die völlig falschen Prioritäten beim Infrastrukturausbau gesetzt. „Wir brauchen dringend eine Überprüfung der Straßenbauprojekte“, forderte der Grünen-Abgeordnete.
CDU/CSU: Gesetzentwurf ist eine Erfolgsgeschichte
Patrick Schnieder (CDU/CSU) verwies darauf, dass auf Betreiben der Koalition Personal aufgestockt worden sei – sowohl beim Eisenbahn-Bundesamt als auch bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Zudem sei die Autobahn GmbH gegründet worden – ebenfalls ein Beitrag zur schnelleren Umsetzung von Verkehrsinfrastrukturprojekten.
Was den Gesetzentwurf angeht, so sei dieser der vierte gesetzliche Beitrag zur Planungsbeschleunigung in dieser Legislaturperiode. „Das ist eine einzige Erfolgsgeschichte“, befand der Unionsabgeordnete.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit dem Regelungsvorhaben sollen Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom 8. März 2020 zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren in den Bereichen Verkehr und digitale Infrastruktur in Teilen umgesetzt werden. Die Änderungen haben unter anderem den beschleunigten Ausbau der Eisenbahninfrastruktur zum Ziel. Das sogenannte Investitionsbeschleunigungsgesetz umfasst dabei Änderungen der Gerichtsverfahren, der umweltrechtlichen sowie allgemeinen Verwaltungsverfahren einschließlich des Raumordnungsverfahrens beim Ausbau der Infrastruktur.
Gesetzentwurf der FDP
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Liberalen soll ein bisher fehlendes Maßnahmengesetz für die Bundesfernstraßen nachgeholt werden.
Der Bundestag soll sich demnach zum Vorhabenträger und Verantwortlichen für die Durchführung von Genehmigungsverfahren für Straßenverkehrsprojekte von nationaler Bedeutung machen können und über ein Dispensrecht im Einzelfall von bestehenden Vorschriften abweichen, um dadurch unbegrenzte Alternativuntersuchungen entbehrlich zu machen und Verfahren tatsächlich zu beschleunigen. Er könne somit in klar definierten Einzelfällen Baurecht per Gesetz schaffen. (hau/eis/11.09.2020)