Hongkong, Arzneimittel-Versandhandel, Waffengesetz
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat sich am Montag, 27. Januar 2020, unter Vorsitz von Gero Storjohann (CDU/CSU) und Marian Wendt (CDU/CSU) mit Petitionen zur Situation in Hongkong, zur geplanten Novelle des Waffengesetzes und zum Arzneimittel-Versandhandel beschäftigt. Der Ausschuss befasste sich in der ersten Petition zur Situation in Hongkong mit der Forderung, dass die Bundesregierung die humanitäre Krise in Hongkong mit sofortigen konkreten Maßnahmen stoppen soll.
Bundesregierung will „Stabilität in Hongkong“
Die Bundesregierung hat ein starkes Interesse an Stabilität in Hongkong. Das machte Petra Sigmund, Leiterin der Abteilung Asien und Pazifik im Auswärtigen Amt, vor dem Petitionsausschuss deutlich. Zu den dortigen Protesten und Demonstrationen habe sich das Auswärtige Amt in mehreren Erklärungen geäußert, sagte Sigmund.
Dabei sei ein „Aufruf an alle Seiten zur Deeskalation“ ebenso erfolgt wie eine Verurteilung jeglicher Gewalt. Zudem habe die Bundesregierung die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes der Sicherheitskräfte in Hongkong eingefordert. Deutlich gemacht worden sei in den Erklärungen auch das große Interesse Deutschlands und der EU „an einem hohen Grad an Autonomie für Hongkong innerhalb Chinas“, sagte die Außenamtsvertreterin.
Petenten: Eskalierende Gewalt seitens Hongkonger Polizei
Grundlage der öffentlichen Sitzung war die Petition einer Gruppe in Deutschland lebender Hongkonger, vertreten durch die Petentin Ho Yan Cindy Cheong und ihren Begleiter Chin Kit Lam. Darin heißt es unter anderem, die Situation in Hongkong habe sich „aufgrund der eskalierenden Gewalt der Hongkonger Polizei (HKPF) zu einer humanitären Katastrophe entwickelt“. Die Petentin fordert Deutschland auf, „unverzüglich konkrete und umsetzbare Maßnahmen zu ergreifen“. In der Eingabe werden missbräuchlicher Waffeneinsatz und Pflichtverletzungen der HKPF kritisiert. So habe die Polizei Gewalt gegen Demonstranten angewendet sowie Beweismitteln manipuliert und „vorsätzlich platziert“.
Von der Bundesregierung wird nun unter anderem die Einstellung des Exports von Massenkontrollgeräten und „weniger tödlichen“ Waffen an die HKPF gefordert. Außerdem solle sie Besorgnis über die eskalierenden Spannungen in Hongkong und die Sicherheit in Hongkong lebender Deutscher äußern. Schließlich setzt sich der Petent noch für die Anerkennung der politischen Verfolgung von Demonstranten in Hongkong und eine entsprechende Anpassung der Asylpolitik an die Hongkonger Asylbewerber ein.
Forderung nach unabhängiger Untersuchungskommission
Chin Kit Lam machte vor den Abgeordneten deutlich, dass es sich bei der Protestbewegung nicht um eine Unabhängigkeitsbewegung handle. „Hongkong ist eine Stadt Chinas“, sagte er. Der völkerrechtlich geregelte Sonderstatus der Stadt müsse aber geschützt werden. Lam übte massive Kritik am Einsatz der Polizei gegen die Demonstranten. Diese sei wie eine Besatzungstruppe aufgetreten und habe versucht, die Demonstranten einzuschüchtern. Trotz massiver Polizeigewalt würden die Polizisten für ihre Straftaten aber nicht angeklagt.
Deutschland, so seine Forderung, müsse sich hier klar positionieren. Benötigt werde eine unabhängige Untersuchungskommission. Zutreffend sei, dass das umstrittene Gesetz für Auslieferungen nach China zurückgezogen worden sei, so Lam. Die Reaktion der Regierung sei aber zu spät erfolgt und reiche nicht aus, da weiterhin die Polizeigewalt in Abrede gestellt werde.
Regierung: Kein Export entsprechender Waren nach Hongkong
Die Bundesregierung werbe für eine Untersuchung der Gewalttaten in Hongkong und habe dabei Unterstützung angeboten, sagte Außenamtsvertreterin Sigmund. Auf Nachfrage machte sie zugleich deutlich, dass genehmigungspflichtige Rüstungsgüter wie etwa Wasserwerfer ebenso wie Überwachungstechnologien in den letzten fünf Jahren nicht nach Hongkong exportiert worden seien.
Zur Frage, ob es ausländische Einflussnahme auf die Protestbewegung in Hongkong gebe, sagte Sigmund, die chinesische Regierung in Peking sehe das so. „Die Ursachen für die Proteste in Hongkong sind in unseren Augen aber andere“, fügte sie hinzu.
„Verbot des Arzneimittel-Versandhandels problematisch“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält ein Verbot des Versandhandels rezeptpflichtiger Medikamente für problematisch und setzt auf die mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz verfolgte Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit. Das wurde während der Beratung der zweiten Petition in der Sitzung deutlich. Für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) wolle er die Möglichkeit der Gewährung von Boni und Rabatten durch ausländische Versandapotheken beenden.
Dazu, so der Minister, plane er „zum Monatswechsel“ ein Gespräch mit dem zuständigen EU-Kommissar. Es gelte, eine europarechtlich haltbare Lösung zu finden, sagte Spahn, der nach eigener Aussage davon ausgeht, dass die Regelung später durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft werden wird.
„Versandhändler beraten nicht“
Für ein Verbot des Versandhandels hatte der Petent Benedikt Bühler plädiert und dabei mit der aus seiner Sicht bei den Versendern nicht gegebenen Arzneimittelsicherheit und der zunehmenden Schließung von Apotheken argumentiert, die eine zentrale Aufgabe hätten und gerade in ländlichen Regionen als „Ort der sozialen Wärme“ dienten.
Während die Apotheke „vor Ort“ eine Beratungspflicht habe, „können und wollen die Versender gar nicht beraten“, sagte Bühler, Pharmaziestudent im dritten Semester. Außerdem verwies er darauf, dass auch im Koalitionsvertrag ein Verbot des Versandhandels festgeschrieben sei.
„Gesetzentwurf für die Gleichpreisigkeit“
Laut Koalitionsvertrag werde ein solches Verbot „angestrebt“, entgegnete Spahn. Allerdings sei schon ein entsprechender Referentenentwurf seines Vorgängers als Gesundheitsminister nicht durchs Kabinett gekommen, da es Einwendungen – unter anderem aus dem Justizressort – gegeben habe.
Als Gesundheitsminister sei es schlussendlich seine Aufgabe, das gewählte Mittel vor dem EuGH zu rechtfertigen. Als am besten verantwortbar schätze er den Gesetzentwurf für die Gleichpreisigkeit ein, so Spahn.
„Versandhandel-Marktanteil ein Prozent“
Was die zunehmende Zahl an Apothekenschließungen angeht, so vermochte der Gesundheitsminister keinen Zusammenhang zum Versandhandel zu erkennen. Der Marktanteil des Versandhandels liege schließlich nur bei einem Prozent.
Auch der Einwand des den Petenten begleitenden Apothekenrechtsanwalts Morton Douglas, Versandapotheken gefährdeten die Arzneimittelsicherheit, weil sie teils die Rezepte – etwa für Antibiotika – auf Anfrage mitliefern würden, verfing bei Spahn nicht. Das ernstzunehmende Problem des Erstellens von Rezepten ausländischer Ärzte auf Zuruf stehe in keinem kausalen Zusammenhang mit dem Versandhandel. „Man sollte das eine Problem nicht mit dem anderen vermengen“, sagte er.
„Ein sportschützenfreundliches Gesetz“
Über die Forderung aus Kreisen von Sportschützen nach einer grundlegenden Überarbeitung der Waffengesetznovelle beriet der Petitionsausschuss zum Abschluss seiner Sitzung. Dabei betonte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), Stephan Mayer (CSU), die aktuelle Fassung des Entwurfs für die Novellierung des Waffengesetzes (19/13839) schaffe ein „sportschützenfreundliches Gesetz“. Der Gesetzentwurf sei im parlamentarischen Verfahren zugunsten der Sportschützen geändert worden.
Der Petent Thomas Reinicke von der Schützengesellschaft Kamenz (Sachsen) sprach hingegen von einem schlecht gemachten Gesetzentwurf. In seiner Petition fordert er eine grundlegende Überarbeitung. Er verlangt unter anderem, die EU-Feuerwaffenrichtlinie „so schonend wie möglich in deutsches Recht umzusetzen und den bewährten Rechtsstand so weit wie möglich zu bewahren“. Das Waffengesetz müsse dereguliert und entbürokratisiert werden, heißt es weiter. Waffen von Sportschützen besäßen „marginale Deliktrelevanz“, schreibt der Petent. Gefahren gingen von illegalen Waffen aus. „Rechtstreue Bürger verdienen Vertrauen und nicht Gängelung“, heißt es in der Petition.
Sportschützen „unter Generalverdacht“
Vor den Abgeordneten sagte Reinicke, Sportschützen, Jäger und Sammler historischer Waffen würden unter einen Generalverdacht gestellt. Es sei richtig, die Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern zu überprüfen, so der Petent. Das könne durch eine vereinfachte Abfrage in den Registern geklärt werden. Die geplante Regelabfrage beim Verfassungsschutz brauche es dazu nicht.
Kritik übte er auch am Verbot großer Wechselmagazine, die für bestimmte Sportschießarten benötigt würden. Kriminelle und Terroristen würden sich von derartigen gesetzlichen Einschränkungen ohnehin nicht beeindrucken lassen, sagte Reinicke. Wer bewusst eine Straftat begehen wolle, schaue nicht in das deutsche Waffenrecht, sondern besorge sich eine illegale, nach Deutschland geschmuggelte Waffe.
Regierung verteidigt Regelabfrage beim Verfassungsschutz
BMI-Staatssekretär Mayer kann in dem Gesetzentwurf keinen Generalverdacht gegenüber Sportschützen entdecken. Es gebe das gesellschaftliche Ziel, dass Waffen nicht in die Hände von Extremisten gelangen dürfen. Mit der Regelabfrage beim Verfassungsschutz, die im Übrigen von den Ländern gefordert worden sei, komme man diesem Ziel näher, sagte Mayer.
Seiner Ansicht nach kann sich das Gesetz sehen lassen. Es sei eine „Eins-zu-eins-Umsetzung“ der EU-Feuerwaffenrichtlinie, sagte der Staatssekretär. Das gelte auch für die Regelung zu großen Magazinen und zu Salutwaffen. Positiv bewertete Mayer auch, dass es nun eine bundesweit einheitlich geregelte Bedürfnisprüfung für Waffenbesitzer gebe. Damit werde auch der Forderung des Petenten nach Rechtsklarheit Genüge getan.
Abschließendes Votum in späterer Sitzung
Ein abschließendes Votum zu allen drei Petitionen wird der Ausschuss in einer seiner späteren Sitzungen fällen. (hau/27.01.2020)