Linke thematisiert sinkende Tarifbindung in Deutschland
Dass die Tarifbindung in den Betrieben in Deutschland sinkt, darüber freut sich keine Fraktion im Bundestag, wie dem aber entgegengesteuert werden kann, darüber herrschte keineswegs Einigkeit. Den Vorschlag, den Die Linke nun mit einem Antrag mit dem Titel „Tarifbindung stärken“ (19/8963) machte, teilten uneingeschränkt nur die Grünen, die SPD verwies auf ihre eigenen Ideen aus ihrem Sozialstaatspapier, die aber in eine ähnliche Richtung gehen. Union und FDP betonten vor allem den Autonomieaspekt in der Tarifautonomie und die AfD beklagte zwar ebenfalls die Ausbreitung prekärer Beschäftigung, bezeichnete den Antrag der Linken jedoch als zu wenig innovativ. Der Antrag soll nun federführend im Ausschuss für Arbeit und Soziales beraten werden.
Die Linke fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag auf, Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen zu erleichtern, indem im Tarifausschuss ein Antrag, der gemeinsam von den zuständigen Tarifvertragsparteien eingebracht wird, dort nur mit Mehrheit abgelehnt werden kann.
Außerdem soll mit der Schaffung eines Tariftreuegesetzes auf Bundesebene sichergestellt werden, dass öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden dürfen, die ihre Beschäftigten nach den branchenüblichen repräsentativen Tarifverträgen entlohnen.
Linke: Regierung sieht tatenlos zu
Bernd Riexinger (Die Linke) warf der Bundesregierung vor, tatenlos zuzusehen, wie sich immer mehr Betriebe von Tarifverträgen verabschiedeten und sich dadurch die Löhne und Arbeitsbedingungen eines Großteils der Beschäftigten weiter verschlechterten.
Im Osten Deutschlands mache es einen Unterschied von 400 Euro im Monat aus, ob jemand im Gastronomiebereich mit oder ohne Tarifvertrag arbeite. „Tarifverträge sind ein öffentliches Gut“, betonte der Linken-Chef.
CDU/CSU: Regelungen mit den Tarifpartnern finden
Uwe Schummer (CDU/CSU) kritisierte, Die Linke solle nicht so tun, als sei Deutschland eine sozialpolitische Sahelzone. Gleichwohl betonte auch er: „Die Tarifautonomie ist ein Kern der sozialen Marktwirtschaft.“
Auch die Koalition wolle der weiteren Zurückdrängung von Tarifverträgen entgegensteuern und führe deshalb Gespräche mit Arbeitgebern und Gewerkschaften. „Wir werden Regelungen finden, aber nur mit den Tarifpartnern und nicht gegen sie“, sagte er.
AfD: Große Koalition hat nichts getan
Uwe Witt (AfD) beklagte, dass sich der Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren dramatisch verändert habe, weg von Vollzeitbeschäftigung hin zu Teilzeit und prekärer Beschäftigung. Trotz ihrer Lippenbekenntnisse habe die Große Koalition bisher nichts gegen die sinkende Tarifbindung getan.
Die AfD-Fraktion fordere eine Befreiung von EU-Regelungen und eine strikte Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips, weil viele Regelungen des Arbeitnehmerschutzes in Deutschland durch EU-Regelungen unterlaufen würden, sagte Witt.
SPD: Sinkende Tarifbindung stoppen
Bernd Rützel (SPD) versicherte: „Tarifverträge sichern in erheblichem Maß den sozialen Frieden und den Zusammenhalt in Deutschland.“ Dort, wo es Tarifbindung gebe, gehe es den Menschen besser, deshalb müsse die sinkende Tarifbindung gestoppt werden.
Die letzten Bundesregierungen hätten zwar die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen erleichtert, dies reiche aber noch nicht aus. „Wir brauchen ein Tariftreuegesetz auch auf Bundesebene“, betonte Rützel.
FDP: Linke will neutrale Rolle des Staates abschaffen
Till Mansmann (FDP) nannte es „grundsätzlich gut, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Tarifverträgen zusammenfinden“. Es sei auch gut, wenn der Staat dafür die Rahmenbedingungen schaffe. Aber Die Linke wolle mit ihren Vorschlägen die neutrale Rolle des Staates abschaffen, kritisierte er.
Generell bewertete er die abnehmende Tarifbindung auch nicht so negativ: Wenn in einem Unternehmen kein Tarifvertrag gelte, bedeute dies keineswegs automatisch, dass Beschäftigte ausgebeutet würden, sagte Mansmann.
Grüne: Spielregeln im Tarifausschuss ändern
Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen) bekräftigte, ihre Fraktion unterschreibe die Zielsetzung des Linken-Antrags „ohne Wenn und Aber“. Tarifverträge seien im Übrigen nicht nur für die Beschäftigten von Vorteil, sondern auch für die Arbeitgeber, denn die Arbeitnehmer seien zufriedener und motivierter und das Betriebsklima besser, wenn es solche Regelungen gebe.
„Auch wir wollen die Spielregeln im Tarifausschuss ändern, weil sie derzeit eine Allgemeinverbindlicherklärung viel zu oft blockieren“, sagte Müller-Gemmeke. (che/05.04.2019)