Anträge zur „globalen Klimagerechtigkeit“ erörtert
Der Bundestag hat am Freitag, 13. Dezember 2019, erstmals zwei Anträge der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zum Thema „globale Klimagerechtigkeit“ beraten. Der Antrag der Grünen mit dem Titel „Klimabedingte Migration, Flucht und Vertreibung – Eine Frage globaler Gerechtigkeit“ (19/15781) und der Antrag der Linksfraktion mit der Überschrift „Klimagerechtigkeit auf der UN-Klimakonferenz in Madrid – Deutschlands Klimagas-Budget als gerechten Beitrag zum Pariser Klimaschutzabkommen transparent machen“ (19/15775) wurden im Anschluss zur federführenden Beratung in den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung überwiesen.
Antrag der Linken
Die Linke fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag auf, dass Deutschland sein Treibhausgas-Restbudget als gerechten Beitrag zur Erfüllung des Übereinkommens von Paris berechnet und öffentlich bekannt gibt. Als Konsequenz der Berechnung alle nationalen Klimaschutzziele und Klimaschutzmaßnahmen solle das gerechte Treibhausgas-Restbudget angepasst werden.
Bei den internationalen Klimaschutzverhandlungen solle sich die Bundesregierung bei anderen Vertragsstaaten für die Einhaltung des Grundsatzes der Klimagerechtigkeit einsetzen, Klimaschutz und Gerechtigkeit zusammenführen und durch Klimaschutzmaßnahmen keine neuen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Ungerechtigkeiten verursachen.
Antrag der Grünen
Die Grünen rufen in ihrem Antrag zu einer umfassenden Kehrtwende hin zu einem sozialökologischen Wandel in allen Sektoren und Politikbereichen auf. Ein besonderes Augenmerk legen sie auf Politikkohärenz und strukturelle Reformen. Die vollständige Einhaltung der Pariser Klimaziele und der Nachhaltigkeitsziele will die Fraktion sicherstellen.
Sie fordert die Bundesregierung zudem auf, der Verpflichtung des Pariser Klimaabkommens nachzukommen und das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten nach dem Klimagerechtigkeits- und Verursacherprinzip ernst zu nehmen. Das müsse sowohl für die Industrie- als auch für die Schwellenländer und für alle Bereiche der Nachhaltigkeit gelten.
Grüne: Klimakrise eine Krise der globalen Gerechtigkeit
In der Debatte verwies Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) darauf, dass die Klimakrise eine „Krise der globalen Gerechtigkeit“ sei. Sie treffe den globalen Süden und „jene Regionen, die am allerwenigsten zur Erderwärmung beigetragen haben, am stärksten“, sagte Roth. Millionen Menschen erlebten die Zerstörung ihrer Gegenwart, Wüstenbildung, Dürre, Überschwemmung und die weitere Verknappung knapper Ressourcen.
„Die Klimakrise bedeutet die Verletzung grundlegender Menschenrechte“ und führe neben dem Verlust der Heimat oft zu Flucht, Vertreibung und Migration. Es gebe moralische und völkerrechtliche Verpflichtungen zum Handeln, um Betroffenen die Einhaltung von Menschenrechten zu garantieren, sagte die Grünen-Abgeordnete.
CDU/CSU: Deutschland wird „als Vorreiter in der Welt“ anerkannt
Volkmar Klein (CDU/CSU) attestierte dem Antrag einen „leidenden Duktus“. Tatsächlich leiste Deutschland gerade im Hinblick auf Chancen für Menschen viel. Deutschland werde anerkannt „als Vorreiter in der Welt“. Fluchtursache sei nicht in erster Linie der Klimawandel, sondern dass es in den betreffenden Regionen zu wenige Jobs, Chancen und Perspektiven für die Menschen gebe, sodass diese abwanderten, sagte Klein.
Angesichts stark wachsender Bevölkerungszahlen reichten etwa die Methoden zur Wasserspeicherung nicht mehr aus, führte Klein aus. Dies sei jedoch keine Folge des Klimawandels. Antworten für globale Klimagerechtigkeit seien daher mehr internationale soziale Marktwirtschaft und mehr Perspektiven vor Ort.
AfD: Antrag verbreitet grüne Fake News
Für die AfD sagte Markus Frohnmaier, dass mit dem Antrag „grüne Fake News verbreitet“ würden. Der Antrag habe zum Ziel, jede Form von illegaler Migration kurzerhand für legal zu erklären, kritisierte er. Wenn man „afrikanische Migranten“ frage, warum sie auswanderten, spiele der Klimawandel dabei „überhaupt keine Rolle“, so Frohnmaier.
Was es brauche, sei ein einheitliches Konzept für den Umgang mit Entwicklungsländern. In Deutschland betrieben unzählige Stellen Entwicklungspolitik und niemand wisse, was der andere tue. Daher fordere die AfD ein Ende der Fragmentierung.
SPD: Einzige Chance ist eine „ambitionierte Klimapolitik“
Doris Barnett (SPD) betonte, dass die Bundesregierung seit Langem an dem Thema des Grünen-Antrags arbeite. Die Folgen des Klimawandels seien mitverantwortlich für den immer höheren Hilfebedarf, sagte Barnett. „Umweltprobleme hören nicht an Staatsgrenzen auf, und sie werden zu einem Verteilungs- und einem Sicherheitsproblem“, sagte die Sozialdemokratin.
Die Probleme würden bewusst in den Ministerien angegangen und alle wüssten, dass die Zeit knapp ist. Die einzige Chance sei daher eine „ambitionierte Klimapolitik“, die mit dem Klimapaket der Bundesregierung umgesetzt werde. „Gute Klimaschützer heute sind Pioniere der grünen Wirtschaft morgen“, betonte Barnett. Sie verwies auch auf die auf fast elf Milliarden Euro angestiegenen Haushaltsmittel im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
FDP: CO2 aus der Luft herausholen
Dass nicht das Klima, sondern Bürgerkriege und schlechte Regierungsführung die größte Fluchtursache darstellten, sagte auch Christoph Hoffmann (FDP). „Die Klimakrise ist ernst, wir steuern auf vier Grad Erderwärmung zu, deshalb braucht es einen kühlen Kopf“, sagte der Liberale. Deutschland trage nicht nur Schuld, das Land habe auch dazu beigetragen, dass die Lebensverhältnisse sich in Entwicklungsländern deutlich verbessert hätten.
Dem Klimawandel könne zudem entgegnet werden, indem CO2 aus der Luft herausgeholt werde. Dazu brauche es mehr Wald. Die Emissionen müssten zudem weltweit begrenzt werden durch einen absoluten CO2-Deckel, sagte Hoffmann.
Linke: Deutschland ist immer noch Braunkohleweltmeister
Für Die Linke betonte Helin Evrim Sommer, dass mehr als 70 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht seien. „Wenn Wasserquellen versiegen, habe Menschen keine andere Wahl als zu flüchten“, sagte sie. Die Länder des Südens seien vom Klimawandel am stärksten betroffen, während im Norden die Verursacher zu finden seien.
Mit dem „Mini-Klimapaketchen“ versuche die Bundesregierung davon abzulenken, dass Deutschland immer noch Braunkohleweltmeister sei. Da ökologische und soziale Fragen zusammengehörten, sei Die Linke für die Einrichtung eines globalen Verursacherfonds,. „Wirksamer Klimaschutz ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit“, sagte Sommer. Daher fordere ihre Fraktion, den Klimawandel als Fluchtgrund anzuerkennen. (lbr/13.12.2019)