EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien zugestimmt
Der Bundestag hat am Donnerstag, 26. September 2019, Anträgen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD zu EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien zugestimmt. In namentlicher Abstimmung votierten 465 Abgeordnete für den Antrag zur „Einvernehmensherstellung von Bundestag und Bundesregierung zum Beitrittsantrag der Republik Nordmazedonien zur Europäischen Union und zur Empfehlung von Europäischer Kommission und Hoher Vertreterin vom 29. Mai 2019 zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen“ (19/13508), 122 lehnten ihn ab, es gab 16 Enthaltungen. Dem Antrag zur „Einvernehmensherstellung von Bundestag und Bundesregierung zum Beitrittsantrag der Republik Albanien zur Europäischen Union und zur Empfehlung von Europäischer Kommission und Hoher Vertreterin vom 29. Mai 2019 zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen“ (19/13509) stimmten 395 Abgeordnete, 188 lehnten ihn ab, es gab ebenfalls 16 Enthaltungen. Einen Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (19/13576) zum Koalitionsantrag zu Albanien lehnten CDU/CSU, SPD, AfD und FDP ab, Die Linke enthielt sich. Zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien lag auch ein Antrag der FDP-Fraktion vor (19/13518), den alle übrigen Fraktionen ablehnten.
Koalitionsantrag zu Nordmazedonien
Im Antrag zu Nordmazedonien wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, zu gewährleisten, dass der Reformkurs und die Umsetzung beschlossener Reformen durch Nordmazedonien sichergestellt werden. Auch sei zu verdeutlichen, dass Nordmazedonien weiterhin erhebliche zusätzliche Anstrengungen unternehmen müsse, um die Beitrittskriterien zu erfüllen, besonders auf den Gebieten der Rechtsstaatlichkeit einschließlich Grundrechte und Effizienz der Sonderstaatsanwaltschaft, der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität und des der Stärkung von Institutionen zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte.
Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Aktionspläne müssten klare Fristen und Ziele vorgeben, deren Erfüllung Voraussetzung für die Öffnung neuer Verhandlungskapitel sein soll. Der Bundestag behält sich vor, von seinem allgemeinen Recht zur Stellungnahme Gebrauch zu machen, falls er zu dem Schluss kommt, dass die Voraussetzungen für die Öffnung von Verhandlungskapiteln nicht erfüllt worden sind.
Koalitionsantrag zu Albanien
Beitrittsverhandlungen mit Albanien soll die Bundesregierung im Europäischen Rat am 17. und 18. Oktober 2019 grundsätzlich nur unter der Voraussetzung zustimmen, dass die erste Beitrittskonferenz erst stattfindet, wenn die Bundesregierung die Erfüllung einiger Bedingungen durch Albanien festgestellt hat. So soll die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichtshofes durch Ausstattung mit einer angemessenen Anzahl überprüfter Richter und Staatsanwälte sichergestellt werden. Es müsse eine Wahlrechtsreform beschlossen und eine transparente Parteien- und Wahlkampffinanzierung sichergestellt werden.
Die zweite Beitrittskonferenz dürfe erst stattfindet und die ersten Verhandlungskapitel erst dann geöffnet werden, wenn das Gesetz zur Wahlrechtsreform umgesetzt ist und Strafverfahren gegen Richter und Staatsanwälte eingeleitet wurden, denen strafbares Verhalten vorgeworfen wird. Staatsanwaltschaftliche und gegebenenfalls gerichtliche Verfahren gegen diejenigen, die mit Stimmenkauf bei Wahlen in Verbindung gebracht werden, sollten ebenfalls eingeleitet werden, heißt es in dem beschlossenen Antrag.
Der Bundestag verlangt zudem solide Fortschritte bei der Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität auf allen Ebenen einschließlich der Verfahren gegen hochrangige Beamte und Politiker. Dazu gehörten proaktive Ermittlungen, gegebenenfalls Strafverfolgungen und Verurteilungen im Zusammenhang mit Korruption und organisierter Kriminalität. Greifbare Fortschritte müsse es auch bei der Verwaltungsreform einschließlich der Überprüfung der Einstellungen von hochrangigen Beamten und Direktoren geben, auch mit Blick auf die Vorwürfe zu Unregelmäßigkeiten.
Änderungsantrag der Grünen abgelehnt
Der abgelehnte Änderungsantrag der Grünen bezog sich auf den Antrag der Koalitionsfraktionen zu EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien. Die Fraktion wollte, dass Beitrittsverhandlungen an drei Bedingungen geknüpft werden: Weitere Fortschritte bei der Neubewertung für Richter und Staatsanwälte, insbesondere durch Abschluss sämtlicher vorrangiger Dossiers, und die vollendete Schaffung unabhängiger Strukturen im Justizwesen, wie dies in der albanischen Verfassungsreform vorgesehen sei.
Zweite Bedingung war für die Grünen die vollendete Einrichtung spezialisierter Stellen zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität. Drittens ging es ihnen um die Verbesserung der Erfolgsbilanz bei proaktiven Ermittlungen, Strafverfolgungen und rechtskräftigen Verurteilungen bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität auch auf hoher Ebene. Die Kritik am Koalitionsantrag lautete, dass die dort formulierten Bedingungen weit über die auf EU-Ebene beschlossenen Bedingungen hinausgingen.
FDP-Antrag zu Albanien abgelehnt
Die FDP wollte, dass Beitrittsgespräche mit Albanien erst dann wieder vorgeschlagen werden, wenn das Land effektive Fortschritte in den von der Europäischen Kommission als Schlüsselprioritäten bezeichneten Bereichen vorweist. Dazu zählten vor allem eine Beruhigung der innenpolitischen Situation, die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, Korruptionsbekämpfung, Reform und Professionalisierung sowie Entpolitisierung der öffentlichen Verwaltung, Stärkung der Unabhängigkeit, der Effizienz und der Rechenschaftspflicht von Justizorganen sowie wirksame Maßnahmen für einen besseren Schutz der Menschenrechte.
Vor allem müssten weitere glaubhafte und spürbare Fortschritte bei der Umsetzung der Justizreform, vor allem im Hinblick auf die Überprüfung (das sogenannte „Vetting“) von Richtern und Staatsanwälten, erzielt und Strafverfahren gegen Richter und Staatsanwälte, denen strafbares Verhalten vorgeworfen wird, eingeleitet werden.(vom/sas/26.09.2019)