Parlament

Umweltministerin verteidigt Eckpunkte­papier zum Klimaschutz

Nachdem das Klimakabinett der Bundesregierung am 20. September „Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030“ vorgestellt hatte, beschäftigte das Klimapaket nun auch den Bundestag in einer vereinbarten Debatte am Donnerstag, 26. September 2019. Der Fraktionsvorsitzender der Union, Ralph Brinkhaus, betonte, dass mit dem Paket eines „der größten politischen Projekte in der Geschichte der Bundesrepublik“ auf den Weg gebracht worden sei. Man habe keine Verbote oder eine massive Erhöhung des Preises für den Ausstoß von CO2 intendiert, sondern „ein abgestimmtes, integriertes und smartes Konzept, das auf Anreize setzt“, sagte Brinkhaus.

CDU/CSU will ein faires Modell

In Phasen wolle man ein faires Modell gestalten, das den Bürgern die Möglichkeit gebe, sich auf diese neue Ausgangslage einzustellen. Es sei nicht gegen, sondern mit den Menschen organisiert. Er plädierte dafür, den im Paket festgeschriebenen jährlichen Überprüfungsmechanismus für die Ziele nicht nur im Klimakabinett anzuwenden, sondern auch thematisch im Parlament zu behandeln. Neben einer breiten Akzeptanz in der Gesellschaft warb Brinkhaus auch für einen politischen Konsens bei dem Thema: „Das Konzept darf nicht von wechselnden Mehrheiten in Bund und Ländern abhängig sein“, sagte er.

Ziel des Klimakabinetts sei es auch gewesen, soziale Brüche zu verhindern. Das eingenommene Geld solle genutzt werden, um Bürger zu entlasten und Anreize zu setzen, den Weg der CO2-Reduzierung zu gehen, betonte Brinkhaus.

AfD: Schlag ins Gesicht der Bürger

Massive Kritik kam von der AfD-Fraktion. Martin Reichardt sprach von einer derzeit grassierenden „Klima-Hysterie“, die von einer „grünen Klima-Sekte“ ausgehe. Das Klimapaket und die Politik der Bundesregierung bedeute „Geld für Klima-Wahn aus dem Fenster hinauszuschmeißen“, sagte Reichardt. Es gebe bei dem Thema eine Spaltung „zwischen grünen, urbanen Besserverdienern und denen, die sich Gedanken machen müssen, wie viel Geld am Monatsende noch auf dem Konto ist“, sagte der AfD-Politiker.

Reichardt kritisierte, dass die Energiewende private Haushalte bereits neun Milliarden Euro gekostet habe und die geplante Entlastung von Familien nicht mehr als „ein Schlag ins Gesicht der Bürger“ sei. Er forderte die Bundesregierung auf, Schluss mit dem „ideologischen grünen Unsinn“ zu machen und zu einer bürgerlichen Politik zurückzukehren.

Ministerin: Weg hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft

„Die Regierung nimmt den Auftrag zum Handeln an und geht den Weg hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Sie verteidigte das Eckpunktepapier als Neuanfang und nannte das geplante Klimaschutzgesetz „das Herzstück“, da es Klimaziele rechtsverbindlich für jeden einzelnen Bereich mache. Sie sei zufrieden, dass es einen Mechanismus gebe, mit dem überprüft und nachjustiert werden könne. Während klimafreundliche Alternativen künftig über Anreize unterstützt würden, würden klimaschädliche moderat teurer, sagte die Ministerin. Neben Investitionen in die Attraktivität der Bahn und den öffentlichen Personennahverkehr werde die „Handbremse beim Ausbau der erneuerbaren Energien gelöst“, kündigte die Ministerin weiter an.

„Ich hätte mir auch mehr vorstellen können, aber ich denke nicht, dass der Preis ein Allheilmittel ist, sondern nur ein Instrument von vielen“, sagte Schulze mit Blick auf den Einstieg in die Bepreisung von CO2. Man werde nachsteuern, wo es nötig sei, denn als Umweltministerin sei sie erst zufrieden, wenn in Deutschland deutlich weniger CO2 ausgestoßen würde.

SPD: Gute Grundlage für einen Konsens

Unterstützung bekam sie von Dr. Matthias Miersch (SPD) der das Paket einen Kompromiss nannte, der gleichzeitig eine gute Grundlage dafür sei, einen Konsens zu erreichen.

Dass neben dem Kohleausstieg und dem Klimaschutzgesetz auch die Förder-Begrenzung beim Ausbau von Fotovoltaik-Anlagen aufgehoben werde, sei „ein Riesenerfolg“, sagte Miersch.

FDP: Kleinteilig und aktionistisch

Kritik an der CO2-Bepreisung äußerte auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner: „Das, was Sie CO2-Preis nennen, ist in Wahrheit eine verkappte Steuer“, sagte Lindner. Ein sauberes Modell wäre gewesen, wenn der Preis am Markt festgesetzt und eine absolute Menge von der Politik begrenzt würde, plädierte er. Es brauche nicht mehr, sondern einen besseren Klimaschutz.

Lindner sagte weiter, dass die Erhöhung der Preise im Flugverkehr, selbst wenn die Menschen durch die Preiserhöhung weniger fliegen würden, zu einem „Wasserbett-Effekt“ führe, bei dem Ticketpreise in anderen europäischen Ländern günstiger würden.

Durch eine einseitige Fixierung auf Batterieelektrisches würden große Chancen für die Wasserstoff-Technologie ausgeschlagen. Lindner forderte, synthetische Kraftstoffe als Chance wahrzunehmen und sie „global zu denken“. „Wir reden über eine Menschheitsaufgabe, da wirkt das Paket kleinteilig und aktionistisch“, sagte er. Die Erderwärmung könne nur mit „kühlem Kopf“  bekämpft werden; „wir dürfen uns nicht in den Kampfmodus von Greta Thunberg reden lassen“, sagte er.

Linke kritisiert „Flickenteppich an Subventionen“

Auch Dr. Sahra Wagenknecht (Die Linke) kritisierte das Paket als „Flickenteppich an Subventionen“ mit dem Verbraucher sinnlos abkassiert würden und durch das die soziale Spaltung weiter vertieft werde. „Wenn eine Koalition nicht das Rückgrat hat, sich mit den wirklichen Klimasündern anzulegen, kommt genau das raus“, sagte die Fraktionsvorsitzende.

Ein weiteres Hauptproblem liege darin, dass auf dem Land keine Alternativen zum Auto bestünden, kritisierte Wagenknecht. Dass der Wohnraum in großen Städten immer teurer geworden ist, sei einer der Gründe dafür, warum immer längere Arbeitswege entstünden, sagte sie. Wer wolle, dass die Menschen weniger fliegen, könne nicht gleichzeitig immer neue Freihandelsabkommen anstreben, die die Transportemissionen in die Höhe treiben, argumentierte Wagenknecht. „Echter Klimaschutz ist unmöglich, solange Nahrungsmittel, die auch hier wachsen, über Tausende Kilometer Entfernung hierher transportiert werden“, sagte sie. Die Welt dürfe nicht den Profitinteressen weniger geopfert werden.

Grüne fordern Einhaltung des Pariser Klimaschutzvertrags

Dr. Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von zwei Parallelwelten, die sich bei der Vorstellung des Eckpunktepapiers gezeigt hätten: „Es gibt die veränderungsbereite Zivilgesellschaft, angeführt von Schülern, Unternehmern, Wissenschaftlern und Menschen von Stand und Land“, sagte Hofreiter. Auf der anderen Seite stünde die „blockierte, abgeschlaffte Große Koalition“, die an der Menschheitsaufgabe Klimaschutz scheitere und das Scheitern für das, was möglich war, halte. „Mit diesem Paketchen werden Sie das Klimaschutzziel 2030 genauso verfehlen wie die Ziele für 2020“, sagte Hofreiter. Es stelle keine Basis für einen nationalen Klimakonsens dar. Von der Bundesregierung forderte er, Maßnahmen vorzulegen, von denen erwartbar sei, dass der Pariser Klimaschutzvertrag eingehalten werde.

Hofreiter kritisierte insbesondere den festgelegten CO2-Preis. „Ihnen ist es gelungen, es unwirksam und sozial ungerecht zu gestalten“, sagte er. Mit einem Preis von zehn Euro werde keine Lenkungswirkung entfaltet und das Geld werde nicht an die Bürger zurückgegeben. Ein „kleiner Fortschritt“ sei, dass die Ziele gesetzlich geregelt werden sollen. Er vermisse jedoch den Begriff „Klimaschutzgesetz“ im Eckpunktepapier, sagte Hofreiter. (lbr/26.09.2019)