Der Bundestag hat am Freitag, 7. Juni 2019, nach einstündiger Aussprache zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales beschlossen. Zum einen soll der Lebensunterhalt von Asylbewerbern, Geduldeten und Menschen mit Aufenthaltserlaubnis, die eine Ausbildung absolvieren, besser abgesichert werden.
Dazu wurde das Asylbewerberleistungsgesetz (19/10052, 19/10522) geändert. In namentlicher Abstimmung stimmten 358 Abgeordnete dem Gesetz zu, 172 lehnten es ab, es gab 50 Enthaltungen. In zweiter Lesung hatten CDU/CSU und SPD zugestimmt, AfD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen das Gesetz abgelehnt, die FDP hatte sich enthalten. Zur Abstimmung lagen eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses (19/10693) und ein Bericht des Haushaltsausschusses zur Finanzierbarkeit nach Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages vor (19/10701).
Gleichzeitig beschloss der Bundestag, Asylbewerber mit Aufenthaltsgestattung und Geduldete, die sich um Ausbildung und Arbeit bemühen, stärker zu unterstützen. Dem Entwurf für ein Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz (19/10053, 19/10527) in der vom Ausschuss für Arbeit und Soziales geänderten Fassung (19/10692) stimmten CDU/CSU, SPD und FDP zu, die AfD lehnte ihn ab, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Auch dazu lag ein Bericht des Haushaltsausschusses zur Finanzierbarkeit gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung (19/10700) vor. Keine Mehrheit fanden Anträge der FDP (19/2691) und von Bündnis 90/Die Grünen (19/5070).
Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes
Die Grundleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes werden auf Basis der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2013 und des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe neu berechnet. Bisher wurden nach Ablauf der Aufenthaltsdauer von 15 Monaten die Leistungssätze im Asylbewerberleistungsgesetz so berechnet wie in der Sozialhilfe (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB XII). Wer sich in einer Ausbildung befindet oder ein Studium absolviert und auf finanzielle Unterstützung angewiesen ist, muss anstelle von Sozialhilfe eine Ausbildungsförderung (BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe) beantragen. Diese steht allerdings vielen Flüchtlingen nicht offen – sie fielen bisher in eine „Förderlücke“, was aus finanziellen Gründen zu Ausbildungs- und Studienabbrüchen geführt hatte. Diese Situation soll mit dem Gesetz beendet werden, indem der Leistungsausschluss nach Paragraf 22 des SGB XII bei Asylbewerbern, Geduldeten und Menschen mit bestimmter Aufenthaltserlaubnis, die sich in einer förderfähigen Ausbildung befinden, nicht mehr angewendet wird.
Im Rahmen der Anpassung der Bedarfssätze wird eine neue Bedarfsstufe für die Unterbringung in Sammelunterkünften eingeführt. Die Anteile für Strom und Instandhaltungskosten werden aus den Bedarfssätzen für den notwendigen Bedarf im Asylbewerberleistungsgesetz ausgegliedert, weil diese Kosten von den Leistungsbehörden als Sachleistungen erbracht werden. Zwar wird beispielsweise das Taschengeld für eine alleinstehende Person erhöht, gleichzeitig sinkt aber der Gesamtbetrag dieser Bedarfsstufe 1 um zehn Euro von 354 Euro auf 344 Euro pro Monat und liegt damit deutlich unter den Regelsätzen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Förderung der Beschäftigung von Ausländern
Mit dem zweiten Gesetz soll der Zugang von Ausländern zur Förderung einer Berufsausbildung oder Berufsvorbereitung nach dem SGB II und SGB III (Zweites und Drittes Buch Sozialgesetzbuch) vereinfacht werden. Außerdem wird die Sprachförderung des Bundes für weitere Personengruppen geöffnet, um ihnen die Aufnahme einer möglichst bedarfsdeckenden Beschäftigung zu erleichtern.
Auch Flüchtlinge, bei denen noch nicht klar ist, ob sie dauerhaft in Deutschland bleiben, sollen ihren Lebensunterhalt möglichst selbst verdienen können. Im Einzelnen ist ein besserer Zugang zu Integrations- und berufsbezogenen Sprachkursen sowie zur Ausbildungsförderung vorgesehen. Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive werden frühzeitig für die Arbeitsaufnahme gefördert.
Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion hatte in ihrem mit der Mehrheit von CDU/CSU, SPD und AfD gegen die Stimmen der übrigen Fraktionen abgelehnten Antrag gefordert, Personen mit Aufenthaltsgestattung, die im laufenden Asylverfahren eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren, besser zu fördern. Die Fraktion stellte fest, dass nach einem 15-monatigen Aufenthalt in Deutschland eine Förderlücke für Auszubildende entsteht. Sie führe dazu, dass bedürftige Gestattete oft ihr Studium oder ihre Ausbildung abbrechen oder gar nicht erst beginnen, weil der Lebensunterhalt in diesem Fall nicht gesichert sei.
Dies wirke der Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt, aber auch der Fachkräftesicherung entgegen. Darum forderten die Liberalen die kurzfristige Anwendung einer Härtefallregelung sowie die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs bis Herbst 2018, um die Förderlücke langfristig zu schließen.
Antrag der Grünen
Auch die Grünen wollten in ihrem mit dem gleichen Stimmenverhältnis abgelehnten Antrag die Förderlücke für Flüchtlinge im Sozialgesetzbuch für den Fall schließen, dass diese eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Die Grünen kritisierten, dass Personen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, den Anspruch auf diese Leistungen verlieren, wenn sie eine Ausbildung aufnehmen. Für Förderleistungen nach dem SGB III (Drittes Buch Sozialgesetzbuch) oder nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) würden jedoch verschiedene Voraussetzungen bestehen, die die Betroffenen oft nicht erfüllen könnten, schreiben die Grünen. Außerdem seien Personen mit Aufenthaltsgestattung in den ersten fünf Aufenthaltsjahren in Deutschland von BAföG-Leistungen grundsätzlich ausgeschlossen.
Einzelne Bundesländer würden den Sozialämtern zwar empfehlen, auf Grundlage bestehender Härtefallregelungen die Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) weiterzuzahlen. Doch dies löse nicht das grundlegende Problem, dass dafür besondere persönliche Umstände gegeben sein müssten, schreiben die Grünen. Deshalb müsse die Regierung dafür sorgen, dass für Menschen mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung bei Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums der Lebensunterhalt verlässlich gesichert werde, forderte die Fraktion. (hau/01.07.2019).