Besorgt über zunehmende Eskalation im Nahen und Mittleren Osten
Die Fraktionen im Bundestag zeigen sich besorgt über die zunehmende Eskalation im Nahen und Mittleren Osten. In einer Aktuellen Stunde mit dem Titel „Iran-Atomabkommen verteidigen – Kriegsgefahr abwenden“ auf Verlangen der Fraktion Die Linke wurde am Mittwoch, 15. Mai 2019, unter anderem Kritik laut an der Politik des „maximalen Drucks“, die die US-Regierung derzeit gegen den Iran betreibe. Die USA hatten vor einem Jahr angekündigt, sich nicht mehr an die Wiener Vereinbarungen aus dem Jahr 2015 zu halten, die den Iran daran hindern sollten, sich nuklear zu bewaffnen. Die iranische Führung hat ihrerseits jüngst einen Teilausstieg aus dem Abkommen erklärt.
Linke wirft der Regierung „Maulheldentum“ vor
Klaus Ernst (Die Linke) warf der Bundesregierung „Maulheldentum“ vor: Sie habe entgegen vollmundiger Ankündigungen so gut wie nichts dafür unternommen, dass das Abkommen erhalten bleibt. So habe sie es insbesondere versäumt, gegen die US-Sanktionen den Zahlungsverkehr mit dem Iran aufrechtzuerhalten.
Die derzeitige Lage erinnere an 2003, als die USA mit angeblichen Beweisen für Massenvernichtungswaffen im Irak die Weltöffentlichkeit „hinter die Fichte geführt“ hätten. Jetzt solle offenbar mit der Behauptung, Iran halte sich nicht an das Abkommen und rüste heimlich atomar auf, wieder ein Konflikt angeheizt werden. „Ich traue den Amerikanern genauso weit, wie man einen Elefanten werfen kann.“
CDU/CSU: Wir stehen zu diesem Abkommen
Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU) bezeichnete das Abkommen als eine der wichtigsten multilateralen Vereinbarungen der letzten Dekade „Wir stehen zu diesem Abkommen und fordern alle Seiten dazu auf, es weiter einzuhalten.“ Es gebe kein besseres Konzept, um den Iran von atomarer Aufrüstung abzuhalten. Als Partner der USA dürfe man erwarten, dass die US-Seite eine „nachvollziehbare Iran-Strategie“ vorweise.
Eine Strategie das „maximalen Drucks“ führe nicht zum Erfolg und bewirke am Ende womöglich ein iranisches „Regime Change“ in eine andere Richtung, als sich das mancher in der US-Führung derzeit erhoffe, sagte Wadephul. Iran stelle eine Bedrohung für Israel dar. Aber momentan gebe es „weder einen Anlass noch die Berechtigung für militärische Gewalt gegen den Iran“.
AfD: Diplomatie darf nicht zum Hazardspiel werden
Armin Paulus Hampel (AfD) erinnerte an die Vielzahl von Stellvertreterkriegen im Nahen Osten, hinter denen der schiitische geprägte Iran einerseits und das sunnitisch geprägte Saudi-Arabien stünden. Eine „Politik mit der Brechstange“, wie sie die US-Seite derzeit verfolge, helfe nicht weiter: „Diplomatie darf nicht zum Hazardspiel werden.“
Hampel warb für die Initiative für einen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten nach dem Vorbild des Helsinki-Prozesses im Kalten Krieg. Damals ging es in erster Linie nicht darum, den Kommunismus zu besiegen, sondern zunächst einmal darum, „Spielregeln im Umgang miteinander zu vereinbaren, um die Wahrscheinlichkeit kriegerischer Konflikte zu senken“.
Minister: Ausgesprochen ernste Lage
Außenminister Heiko Maas (SPD) nannte die Lage im Nahen und Mittleren Osten „ausgesprochen ernst“. Ein Ende des Iran-Abkommens wäre ein schwerer Rückschlag im Kampf gegen die Verbreitung von Atomwaffen. Es drohte ein Flächenbrand mit ernsten Folgen für Verbündete in der Region, aber auch für Europa selbst. „Wir müssen und wir werden alles tun, um eine militärische Eskalation zu verhindern.“
Das beste Instrument dafür sei das Abkommen, das ja kein „Freundschaftsdienst“ für den Iran, sondern Versicherung gegen dessen atomare Bewaffnung und ein Rahmen des Einwirkens auf das Land sei. Maas verwies darauf, dass alle 28 EU-Mitglieder sich nach wie vor hinter das Abkommen stellen würden. Die Tatsache, dass auch der Iran nach der US-Aufkündigung an diesem weiter festgehalten habe, zeige, dass es womöglich auch ohne die USA funktionieren könne.
FDP: Ein solches Land wird nie unser Freund sein
Alexander Graf Lambsdorff (FDP) argumentierte, dass die Atomambitionen des Irans, das ballistische Raketenprogramm, ein aggressiver Revolutionsexport und die Aussage, „Israel von der Landkarte tilgen“ zu wollen, die Ursache der extremen Anspannung sei. „Ein solches Land wird nie unser Freund und Partner sein.“ Es sei richtig, dass Bundesregierung und EU-Partner weiter auf Deeskalation und Dialog setzten.
Angesichts der unverhohlenen Drohung aus Teheran, drei Millionen Flüchtlinge nach Europa auf den Weg zu schicken, müsse man sich jetzt aber auf ein solches Szenario präventiv einstellen. „2003, das Jahr des Irakkriegs, darf sich nicht wiederholen. 2015, das Jahr der Flüchtlingskrise, aber auch nicht.“
Grüne: Iran betreibt „hoch aggressive Regionalpolitik“
Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) nannte es verheerend, dabei zuschauen zu müssen, „wie uns das Abkommen aus den Händen gleitet“. Iran betreibe eine „hoch aggressive Regionalpolitik“ mit Drohungen gegen Israel. „Ein Problem hatten wir aber gelöst: Die atomare Aufrüstung des Landes.“ In der US-Führung gebe es Akteure, die im Iran eine ähnlich desaströse Versorgungslage erzeugen wollen wie sie in Venezuela zu beklagen ist.
Überdies fordern die USA, dass der Irak seinen Strom nicht mehr zu einem Drittel aus dem Iran bezieht – mit unabsehbaren Folgen für die Lage im Irak selbst. „Solche Ignoranz führt dazu, dass sich sowohl in Teheran als auch in Washington die Hardliner die Hand reichen.“ (ahe/15.05.2019)