Anträge zu Stickstoffdioxid-Grenzwert und Fahrverboten überwiesen
Der Bundestag hat am Donnerstag, 17. Januar 2019, in erster Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur 13. Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (19/6335, 19/6927) beraten. Gegenstand der Aussprache waren auch zwei Anträge der Linken, im öffentlichen Nahverkehr schrittweise den Nulltarif einzuführen (19/1359) und Hardware-Nachrüstungen statt Fahrverbote vorzunehmen (19/6195). Der Gesetzentwurf wurde zur federführenden Beratung an den Umweltausschuss überwiesen, die Anträge der Linksfraktion wurden zur Federführung an den Verkehrsausschuss weitergeleitet.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Die Bundesregierung will mögliche Fahrverbote aufgrund der Überschreitung des EU-Grenzwertes für Stickstoffdioxid einschränken. Sie sollen künftig in der Regel nur dann in Erwägung gezogen werden können, wenn in den betroffenen Gebieten ein Jahresmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten wird. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Zudem sollen Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 6 sowie Euro VI, bestimmte Euro 4 und 5 sowie unter bestimmten Bedingungen nachgerüstete Busse, schwere Kommunalfahrzeuge und Handwerker- und Lieferfahrzeuge (2,8 bis 7,8 Tonnen) von den Verkehrsverboten ausgenommen werden.
Die Bundesregierung begründet ihr Vorhaben damit, dass bei Überschreitungen des Grenzwertes unterhalb von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft ein Verkehrsverbot in der Regel nicht erforderlich und unverhältnismäßig sei. Es sei davon auszugehen, dass der Grenzwerte „bereits aufgrund der Maßnahmen, die die Bundesregierung schon beschlossen hat“, eingehalten werde. Bei Überschreitung oberhalb von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft könne die Anordnung von Verkehrsverboten hingegen „geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein“, um die Einhaltung des Grenzwertes sicherzustellen. Die Ausnahmen von diesen Verkehrsverboten für bestimmte Euro 4 und Euro 5 sowie generell Euro 6 begründet die Bundesregierung wiederum „aus Gründen der Verhältnismäßigkeit“. Zudem werde mit den Regelungen „auch die erforderliche Rechtssicherheit vor Verkehrsverboten für Fahrzeuge mit einer geeigneten Hardware-Nachrüstung geschaffen“, heißt es in dem Entwurf.
Der Bundesrat hat sich in seiner Stellungnahme (19/6927) dafür ausgesprochen, Hardware-Nachrüstungen und Umtauschprämien für betroffene Dieselfahrzeuge flächendeckend zu ermöglichen. Das von der Bundesregierung vorgelegte „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ sollte entsprechend modifiziert werden. Das Konzept sieht Umtauschprämien und Hardware-Nachrüstungen für die 15 „besonders belasteten Gebiete“ vor. In ihrer Gegenäußerung lehnt die Bundesregierung das Ansinnen der Länderkammer ab. Eine flächendeckende Einführung von Hardware-Nachrüstungen und Umtauschprämien sei nicht erforderlich.
Erster Antrag der Linken
Die Fraktion Die Linke spricht sich in ihrem Antrag dafür aus, den Nulltarif im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) schrittweise einzuführen. Sie fordert von der Bundesregierung, den 20 Städten mit der stärksten Überschreitung der Stickoxidgrenzwerte anzubieten, die Kosten für die sofortige Halbierung aller Fahrpreise für die Nutzung des ÖPNV zu übernehmen. Diese Modellprojekte müssten wissenschaftlich begleitet und eine erste Evaluation dem Bundestag noch im Jahr 2020 vorgelegt werden, heißt es in der Vorlage.
Bis zum 1. Januar 2019 solle die Bundesregierung nach den Vorstellungen der Linksfraktion ein Konzept zur bundesweiten Einführung eines Nulltarifs im ÖPNV vorlegen. Dabei sollten die Städte eine Bundesförderung von 90 Prozent erhalten. Das Konzept müsse auch einen Finanzierungsplan umfassen, der Maßnahmen zur Gegenfinanzierung beinhaltet. Dazu sollen laut Antrag eine Nahverkehrsabgabe für Unternehmen mit zehn Beschäftigten oder mehr gehören ebenso wie die Abschaffung der Vergünstigung für Dieselkraftstoff bei der Energiesteuer mit Angleichung der Kfz-Steuer für Diesel- und Benzin-Pkw. Benötigt werde auch eine Reform der Dienstwagenbesteuerung, die Zahlung der Mehrwertsteuer auch im internationalen Luftverkehr und die konsequente Verfolgung der Rechtsverstöße bei Diesel-Pkw „einschließlich der Verhängung von Sanktionszahlungen.
Neben dem kostenlosen ÖPNV nimmt die Linksfraktion auch den Fuß- und Fahrradverkehr in den Blick. So müsse den Kommunen durch Aufstockung der Mittel für den Fahrradverkehr auf mindestens 300 Millionen Euro im Jahr der weitere Ausbau der Fahrradinfrastruktur und vor allem der Ausbau von Fahrradschnellwegen ermöglicht werden. Die gleiche Summe solle für ein Programm zur Umsetzung von Fußverkehrsstrategien im Interesse des Ausbaus der Infrastruktur für den Fußverkehr zur Verfügung gestellt werden.
“Effektive Gegenmaßnahme gegen Luftverschmutzung„
Zur Begründung ihrer Initiative verweist die Fraktion darauf, dass der Nulltarif im ÖPNV eine “exzellente Möglichkeit„ darstelle, um mehr Menschen zur Nutzung des ÖPNV anstatt des eigenen Autos zu bewegen. Insofern sei er eine effektive Gegenmaßnahme für das Problem der hohen Luftverschmutzung in den Städten, für das Problem der Belastung und geringen Aufenthaltsqualität in Städten durch zu viele Autos, aber auch für den viel zu hohen Ausstoß klimaschädlicher Gase im Verkehrssektor, heißt es in dem Antrag.
Wie die Abgeordneten schreiben, “gab und gibt es bereits mehrere Versuche mit einem Nulltarif im ÖPNV„. So hätten die Städte Templin und Lübben (Brandenburg) deutliche Zuwächse der Fahrgastzahlen verzeichnet, nachdem in den 1990er-Jahren der Nulltarif für den lokalen Busverkehr eingeführt worden sei. Trotz des enormen Erfolges habe der Nulltarif aber wieder eingeschränkt werden müssen, heißt es in der Vorlage. Grund dafür sei gewesen, dass die Finanzierung insbesondere in Anbetracht der wachsenden Fahrgastzahlen nicht sichergestellt war. “Dieses Problem wird mit dem hier vorgelegten Konzept jedoch vermieden, da es ein direkt umsetzbares Konzept für die Gegenfinanzierung umfasst„, schreibt die Linksfraktion.
Zweiter Antrag der Linken
In ihrem zweiten Antrag fordert Die Linke die Regierung auf, die Zulassungsvoraussetzungen für technisch umgerüstete Dieselfahrzeuge, die die Abgasnormen erfüllen, zu schaffen. Außerdem solle sie die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Hardware der betroffenen Dieselfahrzeuge auf Kosten der Hersteller nachgerüstet werden kann.
Die Linksfraktion verweist in dem Antrag darauf, dass bereits in mehreren Städten gerichtlich angeordnete Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge zur Verbesserung der Luftqualität verhängt worden seien. Viele Diesel-Fahrzeuge entsprächen im Realbetrieb nicht den Abgasnormen. Aus Sicht der Abgeordneten stellen Hardware-Nachrüstungen die wirksamste Methode zur Emissionsreduktion dar. “Diese Nachrüstungen können in vielen Städten generelle Fahrverbote vermeiden und einen wichtigen Beitrag zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung leisten„, heißt es in dem Antrag. (hau/vom/17.01.2019)