Opposition kritisiert geplante Reform des EU-Urheberrechts
Heftige Kritik von allen vier Oppositionsfraktionen musste die Bundesregierung am Mittwoch, 13. März 2019, in einer auf Verlangen der Fraktion Die Linke anberaumten Aktuellen Stunde zur geplanten Reform des EU-Urheberrechts einstecken. Das 2016 von der Kommission initiierte Vorhaben soll das Urheberrecht an das Internet-Zeitalter anpassen und sieht deutlich mehr Pflichten für Plattformen wie Facebook oder YouTube, wie eine Lizenzierung von Inhalten, vor. Eine Folge könnten so genannte Upload-Filter sein, die bereits beim Hochladen prüfen, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind. Gegner der Reform befürchten ein Ende der Meinungsfreiheit im Netz. Das Europaparlament will voraussichtlich Ende März über den Entwurf abstimmen.
Linke: Internet wird unfreier und unsicherer
Dr. Petra Sitte (Die Linke) warf der Großen Koalition vor, die Chance vertan zu haben, ein modernes und zeitgemäßes EU-Urheberrecht auf den Weg zu bringen. Der „desaströse“ Entwurf berücksichtige in erster Linie die Interessen der Verlage und der großen Internetkonzerne, Kreative hingegen würden nicht besser vergütet und die Nutzer erheblich eingeschränkt.
„Ohne die massive Ausweitung von Filtersystemen werden die Reformanforderungen nicht zu erfüllen sein“, warnte Sitte. Da automatische Filter nicht zwischen erlaubten und unerlaubten Inhalten unterscheiden könnten, werde das Internet unfreier und unsicherer.
AfD: Richtlinie wird das Internet zerstören
Für die AfD urteilte Joana Cotar, die Richtlinie werde das Internet, „ wie wir es kennen, zerstören“. Angesichts der großen Datenmengen, die auf Plattformen wie YouTube oder Facebook hochgeladen würden, hätten die Firmen keine Alternative zu Upload-Filtern.
Die Folge sei ein „massives Overblocking“ auf Kosten der freien Meinungsäußerung. Diese sei „den Etablierten offenbar ein Dorn im Auge“, konstatierte Cotar. Fachleute seien sich einig, dass die Filter nicht funktionierten.
FDP: Bruch des Koalitionsvertrages
Manuel Höferlin (FDP) hielt der Großen Koalition einen Bruch des Koalitionsvertrages vor, in dem Union und SPD den Einsatz von Upload-Filters ausdrücklich ausgeschlossen hätten. „Die Unternehmen werden sich ihrer bedienen, um sich vom Haftungsrisiko befreien“, zeigte sich Höferlin überzeugt.
Formulierungen im Entwurf ließen außerdem den Schluss zu, dass kleine und mittlere Unternehmen von den Bestimmungen nicht, wie von der Bundesregierung behauptet, ausgenommen seien. Dies gefährde Gründer und Unternehmer.
Grüne: Filter müssen teuer eingekauft werden
Auch Tabea Rößner (Bündnis 90/Die Grünen) verweis auf diese Punkte. Die Filter müssten teuer eingekauft werden, was für die großen Konzerne leichter zu realisieren sei als für kleinere Firmen und Start-ups, betonte sie. Außerdem könnten die Filter nicht zwischen echten Urheberrechtsverletzungen und erlaubter Satire und Zitaten unterscheiden.
Dass die Bundesregierung die Filter in ihrem Koalitionsvertrag als „unverhältnismäßig“ ablehne, diese aber nun im Entwurf der Kommission stünden, nannte Rößner „peinlich“.
Regierung: Nehmen Schutz der Meinungsfreiheit sehr ernst
Christian Lange (SPD), Parlamentarischer Staatsekretär für Justiz und Verbraucherschutz, versicherte der Opposition hingegen, die Bundesregierung nehme den Schutz der Meinungsfreiheit „sehr ernst“. So sollten nicht gewerblich betriebene Enzyklopädien wie Wikipedia oder Online-Marktplätze ebenso von den Bestimmungen ausgenommen werden wie Firmen, die seit weniger als drei Jahren bestünden und deren Jahresumsatz bei weniger als zehn Millionen Euro liege. Die großen Konzerne sollten verpflichtet werden, Inhalte zu entfernen, für die von den Urhebern keine Lizenz erteilt worden sei und auch dafür sorgen, dass nicht genehmigte Werke nicht erneut auf ihrer Plattform erscheinen („Stay-Down-Prinzip“). Außerdem sei ein neutraler Beschwerdemechanismus vorgesehen.
Lange räumte jedoch ein, dass die Bundesregierung sich „großzügigere Ausnahmen“ gewünscht hätte, der Entwurf ohne einen Kompromiss aber gescheitert wäre.
CDU/CSU: Richtlinie bringt Rechte und Pflichten in Einklang
Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) erklärte, die Richtlinie ziele auf das Geschäftsmodell der großen Internetplattformen. Diese verdienten an der Werbung beispielsweise im Umfeld von hochgeladenen Musikvideos viel Geld, von dem die Urheber bisher aber kaum profitierten. Sie sollten nun faire Lizenzverträge mit den Konzernen aushandeln können.
Auch über den Nutzern hänge dann nicht mehr „das Damoklesschwert der Abmahnung“. Insgesamt, urteilte die Unionsabgeordnete, bringe die Richtlinie die unterschiedlichen Rechte und Pflichten in Einklang. (joh/13.03.2019)