AfD fordert verstärktes Vorgehen gegen Linksextremismus
Die Bundesregierung tue nicht annähernd genug gegen linksextremistische Gewalt, Abgeordnete von SPD, Linken und Grünen würden sie sogar verharmlosen: So begründeten Redner der AfD-Fraktion am Freitag, 18. Januar 2019, ihre Forderung nach einem stärkeren staatlichen Vorgehen gegen den Linksextremismus. Einen entsprechenden Antrag (19/7040) überwies der Bundestag im Anschluss an die Debatte zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Heimat.
AfD: SPD, Grüne und Linke verharmlosen
In seiner Rede sagte der AfD-Innenpolitiker Martin Hess, aktuell zeige der Staat große Entschlossenheit, wenn es gegen den Rechtsextremismus und den islamistischen Extremismus gehe, „einzig“ der Linksextremismus werde „kaum bekämpft“. Dabei sei für das Jahr 2017 ein Anstieg linksextremer Gewalttaten um 37 Prozent zu verzeichnen. Diese hätten sich zu einem großen Teil gegen Polizei und Sicherheitsbehörden gerichtet. Im Fall der Ausschreitungen rund um den G20 Gipfel 2017 müsse dabei von „Linksterrorismus“ gesprochen werden.
Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken hätten einen Aufruf der Interventionistischen Linken unterzeichnet, der sich gegen die AfD richte. Diese Gruppierungen verantworte die Gewalt in Hamburg und im Hambacher Forst und sei „unbestreitbar“ verfassungsfeindlich – mit ihr „kooperiert man nicht, die verbietet man“. Die wahren Demokratiefeinde seien daher in den Reihen der Linken, Sozialdemokraten und Grünen zu finden, denen es nicht um den Schutz der Demokratie, sondern um den Erhalt ihrer Macht und finanziellen Mittel gehe.
Hess erwähnte seinen Fraktionskollegen Frank Magnitz, der jüngst ebenso wie andere AfD-Mitglieder angegriffen und schwer verletzt worden war. Es sei die Aufgabe „eines jeden überzeugten Demokraten“, diesen „linksextremistischen Angriffen entschieden entgegenzutreten“.
CDU/CSU: Jeder Extremismus wird bekämpft
Heftige Kritik erntete der AfD-Antrag von den Rednern der übrigen Fraktionen. So sagte der Unionsabgeordnete Dr. Mathias Middelberg, der Anstieg linksextrem motivierter Gewalt mache „uns Sorgen“. Gewalt von links müsse genauso entschieden bekämpft und verfolgt werden wie die von rechts und religiös motivierte Gewalt: Kein Extremismus sei „besser oder schlechter“ als der andere. Es sei aber falsch, dass der Staat hier untätig sei: So seien etwa die Stellen im Bundeskriminalamt, die sich damit befassen, um 54 Stellen aufgestockt worden.
Letztlich gebe es kaum Unterschiede in den Zahlen: Man zähle im Land etwa 24.000 Rechtsextremisten und 28.000 Linksextremisten, eine höhere Gewaltorientierung gebe es im rechtsextremen Bereich. Gegen beide Gruppierungen müsse man „konsequent“ vorgehen.
FDP: AfD-Antrag soll von eigenen Problemen ablenken
Auch der liberale Innenexperte Benjamin Strasser beklagte einen Aufwuchs im Bereich gewaltbereiter Linksextremisten. Es sei zu bedauern, dass die Union zunächst gemeinsam mit der FDP die Mittel im Kampf gegen den Linksextremismus erhöht, gemeinsam mit der SPD aber seit 2013 diesen Bereich „zurückgefahren“ habe. Es gebe Vertreter demokratisch gewählter Parteien, die den Linksextremismus „bewusst oder unbewusst relativieren und verharmlosen“ würden – so etwa der SPD-Politiker Ralf Stegner.
Der vermeintliche Kampf der AfD gegen den Linksextremismus aber habe hauptsächlich das Ziel, von den eigenen Problemen der Partei mit dem Rechtsextremismus abzulenken und ihre „braunen Flecken zu kaschieren“. Sie lasse zu, dass Abgeordnete wie Björn Höcke und die eigene Jugendorganisation dafür sorgten, dass der Verfassungsschutz tätig werden müsse.
SPD: Links- und Rechtsextremismus nicht vergleichbar
Für die SPD sagte Uli Grötsch, es sei „irritierend“, dass die AfD ausgerechnet in dieser Woche einen solchen Antrag zum Schutz der Verfassung vorlege. Dass sie dazu denkbar ungeeignet sei, sei gerade deutlich sichtbar. Grötsch betonte, es seien SPD-Familienministerinnen gewesen, die so viele Mittel im Kampf gegen den Extremismus bereitgestellt hätten wie „nie zuvor in der Geschichte dieses Landes“.
Grötsch sagte, ein Vergleich von Links- und Rechtsextremismus verbiete sich – insbesondere angesichts dessen, dass der Linksextremismus seit 1990 vier Todesopfer, der Rechtsextremismus aber 194 Menschenleben gefordert habe. Für das Jahr 2016 seien viermal so viele Straftaten von rechts wie von links gezählt worden. Die „wahre Gefahr in diesem Land“ komme „immer noch von rechts“. Auch er verurteile den Angriff auf Frank Magnitz, so Götsch, ihn aber derartig zu instrumentalisieren, wie es die AfD getan habe, um sich als Opfer linker Gewalt zu stilisieren, sei „schändlich“.
Linke: AfD instrumentalisiert Angriffe
Die AfD verfolge mit ihrem Antrag zwei Ziele, sagte der Linken-Abgeordnete Dr, André Hahn: Sie wolle zum einen von ihren eigenen rechtsextremen Mitgliedern und Führungspersonen ablenken und zum anderen diejenigen diskreditieren, die sich gegen Ausländerfeindlichkeit und Nationalismus zur Wehr setzen. Die Linke sei gegen jede Form der Gewalt, diese sei „kein Mittel der politischen Auseinandersetzung“. Als aber gerade die Identitäre Bewegung, die von AfD-Mitgliedern als „Vorfeldorganisation“ der Partei bezeichnet worden sei, Journalisten und Redaktionen angegriffen habe, habe er „kein Wort des Widerspruchs“ von der Partei gehört.
Zum Fall Magnitz sagte Hahn, es sei „schwer hinnehmbar“, wie die Partei den Vorfall „für politische Zwecke ausschlachtet“ – zumal noch überhaupt nicht klar sei, ob der Angriff einen politischen Hintergrund gehabt habe. Grundsätzlich, so Hahn, könne man angesichts der Tatsache, dass gegen fast zehn Prozent aller AfD-Abgeordneten im Bund und in den Ländern strafrechtlich ermittelt worden sei, annehmen, dass die Kriminalitätsrate in der Bevölkerung „nicht annähernd so hoch“ sei wie in der AfD.
Grüne: Unsauberer Umgang mit Statistik
Für Bündnis 90/Die Grünen warf Dr. Irene Mihalic der Fraktion vor, einen Antrag voller „gefährlichem Halbwissen“ vorgelegt zu haben. Die AfD-Darstellung der linksextremistischen Bedrohung sei „absurd“ und entbehre „jeder Grundlage“. So gebe es regelmäßig deutlich mehr Taten von rechts als von links.
So sei die Zahl der Straftaten von links zwischen 2012 und 2017 von 3229 auf 6393 gestiegen, rechts verzeichne man dagegen jährlich 20.000 Straftaten. Man müsse, so Mihalic, grundsätzlich „keine Sorge“ haben, dass die Sicherheitsbehörden rechts genauer hinschauen würden als links – aktuell beobachte der Verfassungsschutz 22 linksextreme Gruppen und nur zehn rechtsextreme.
Antrag der AfD
Die Fraktion fordert in ihrem Antrag die Bundesregierung unter anderem auf, gegen gewaltbereite linksextremistische Bündnisse, Vereine und sonstige Organisationen, die regelmäßig Straftaten gegen den Staat, seine Einrichtungen sowie seine Repräsentanten oder Dritte verüben oder zu solchen Aufrufen, mit erhöhtem Personal- und Mitteleinsatz vorzugehen. Möglichkeiten für Vereinsverbote, die auch gegen Internetplattformen gerichtet sein müssten, seien zu prüfen und zeitnah umzusetzen.
Dabei geht es der AfD um Nachfolgeplattformen der verbotenen Plattform „linksunten.indymedia.org“, „de.indymedia.org“ und vergleichbare Internetauftritte sowie um Organisationen wie die „Interventionistische Linke“ (IL) und nachgeordnete Gliederungen. Eine Kommission aus Sicherheitsexperten und Linksextremismusforschern solle Handlungsempfehlungen erarbeiten, wie die Tolerierung und Unterstützung von Linksextremismus durch Teile der Gesellschaft und andere Institutionen verhindert werden kann.
Durch Bundesmittel geförderte Programme und Organisationen, die mittelbar Linksextremismus fördern und die freiheitliche, demokratische Grundordnung infrage stellen, sollten nach Ansicht der AfD kritisch geprüft werden. Prüfkriterien und Fördermittelrichtlinien für die Mittelvergabe des Bundes sollten aufgrund der Ergebnisse dieser Prüfung überarbeitet werden, heißt es weiter. (suk/vom/18.01.2019)