Thema Rente bestimmt Debatte zum Arbeits- und Sozialetat
Insgesamt 144,21 Milliarden Euro (2018: 139,18 Milliarden Euro) umfasst der Etat für den Haushalt 2019 (19/3400) des Ministeriums von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD), den der Bundestag am Freitag, 14. September 2018, beraten hat. Das sind immerhin fünf Milliarden Euro mehr als im Vorjahr, die fast ausschließlich auf höhere Kosten für die Rente zurückgehen. Kein Wunder also, dass das Thema Rente die Debatte über den Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (Einzelplan 11) bestimmte.
Arbeitsminister will starken Sozialstaat
Von der Kritik der Oppositionsfraktionen am Rentenpaket der Bundesregierung ließ sich der Arbeitsminister jedoch nicht beirren, sondern stellte es in einen größeren Zusammenhang: Wer nicht wolle, dass „politische Scharlatane“ die Zukunftsängste der Menschen für sich ausnutzen, der müsse für einen starken Sozialstaat kämpfen, betonte Heil.
Deswegen sei es richtig, eine doppelte Haltelinie für Rentenniveau und Beitragssätze bis 2025 einzuführen, die Erwerbsminderungsrente zu erhöhen, die Kindererziehungszeiten besser anzuerkennen und Geringverdiener zu entlasten. In einem zweiten Schritt solle im nächsten Jahr auch die Grundrente und die Versicherungspflicht für Selbstständige kommen und in einem dritten Schritt die Rentenkommission Perspektiven für die Zeit nach 2025 entwickeln.
AfD-Fraktion kritisiert linke Ideologie
Uwe Witt (AfD) warf wiederum der SPD vor, mit ihrer „linken Ideologie“ das Land zu spalten. Als Beleg dafür führte er das siebte Kapitel des Haushaltsplans mit dem Titel „Arbeitswelt im Wandel, Fachkräftesicherung“ an. Darin würde die Regierung beschreiben, wie ein tiefgreifender Transformationsprozess die Arbeitswelt unter Druck setze. Globalisierung und Digitalisierung würden als Hauptgründe dafür genannt.
„Den Hauptgrund, Ihre linke Ideologie zu transportieren, verschweigen Sie. Dieser ganze Haushaltsposten trieft von Ihrer Ideologie“, sagte Witt. Konkret meinte er damit einen Posten von fünf Millionen Euro, mit dem Maßnahmen zur Stärkung der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen (sogenannte Corporate-Social-Responsibility-Maßnahmen) gefördert werden sollen.
CDU/CSU-Fraktion lobt gute wirtschaftliche Lage
Peter Weiß (CDU/CSU) konterte: „Zur Opposition gehört auch, dass man zu den harten Fakten der Arbeits- und Sozialpolitik etwas sagt und Vorschläge macht, aber da kann man von dieser Seite des Hauses nichts erwarten“, sagte er in Richtung AfD-Fraktion. Weiß hob dagegen hervor, wie die Bundesregierung die gute wirtschaftliche Lage für echte Leistungsverbesserungen nutze.
Durch die Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozent würden Bürger und Unternehmen deutlich entlastet. Und die Anhebung der Erwerbsminderungsrente sei ein klares Zeichen der Solidarität an jene, die nicht mehr arbeiten können, betonte Weiß.
FDP kritisiert Gießkannenprinzip bei der Rente
Johannes Vogel (FDP) nutzte seine Rede für eine Abrechnung mit der in der Sommerpause geführten Debatte über eine Festschreibung des Rentenniveaus bis 2040. „Dass der Bundesfinanzminister das Gießkannenprinzip in der Rentenpolitik dauerhaft festschreiben will, zeigt, dass Ihre Politik Ansprüche schafft, die dauerhaft unfinanzierbar sind.“
Die SPD wolle darüber hinaus dauerhaft eine Rentenformel zulasten der Jungen manipulieren, die sie selber einmal eingeführt habe. Das eigentlich Ärgerliche an all diesen Vorschlägen sei jedoch, dass sie zur Vermeidung von Altersarmut überhaupt nichts beitrage, ergänzte Vogel.
Linke warnt vor Altersarmut im Osten
Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) fügte dem hinzu, dass in ihrem Wahlkreis in Berlin-Lichtenberg die Zahl jener, die Grundsicherung im Alter beantragen müssten, allein in den vergangenen vier Jahren um 25 Prozent gestiegen sei. Altersarmut sei besonders im Osten des Landes ein Problem. Damit beschäftige sich die Regierung jedoch nicht, so der Vorwurf von Lötzsch. Auch beim Thema Kinderarmut bleibe sie untätig, ebenso wie beim Kampf gegen zu niedrige Löhne.
„Sieben Millionen Menschen in Deutschland arbeiten im Niedriglohnsektor. So viel soziale Unsicherheit ist eine Gefahr für unsere Demokratie, und wir müssen unsere Demokratie verteidigen“, lautete ihr eindringlicher Appell.
Grüne: Kritik an Mütterrente aus Beitragsmitteln
Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte unter anderem die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages um 0,5 Prozent: Es gehe doch nicht darum, ob die Bundesagentur für Arbeit genügend Rücklagen habe, sondern darum, ob genügend Mittel für die Qualifizierung der Arbeitslosen da sei, doch da werde nun gekürzt.
Auch die erneute Finanzierung der erweiterten Mütterrente aus Beitragsmitteln kritisierte sie heftig. Das koste die Beitragszahler in den kommenden Jahren 90 Milliarden Euro und sei eigentlich eine steuerfinanzierte Aufgabe. Beim Kampf gegen Altersarmut und Kinderarmut sei dagegen keine Bewegung zu erkennen, betonte Deligöz.
SPD: Doppelte Haltelinie bei der Rente
Katja Mast (SPD) betonte, in einer Zeit, in der unsere Grundwerte und Grundrechte täglich angegriffen würden, müsse man Hass und Hetze mit sozialer Sicherheit begegnen. Dafür würden die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen jeden Tag hart arbeiten.
Eine doppelte Haltelinie bei der Rente, wie auch die Schaffung eines sozialen Arbeitsmarktes, seien Beispiele dafür, denn soziale Sicherheit meine nicht nur Geld, sondern auch Chancen auf Teilhabe, sagte Mast.
Rente ist größter Posten
Ausgaben in Höhe von 144,21 Milliarden Euro sieht der im Regierungsentwurf für den Haushalt 2019 (19/3400) enthaltene Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vor. Damit ist der mit weitem Abstand größte des Bundeshaushaltes. Der größte Posten im Haushalt des Ministeriums bleibt mit 105,4 Milliarden Euro (2018: 100,14 Milliarden Euro) die Rente. Auf mittlerweile 98,1 Milliarden Euro (2018: 94,04 Milliarden Euro) beziffern sich die Leistungen an die Rentenversicherung, ein deutlicher Anstieg um vier Milliarden Euro im Vergleich zu 2018.
Bei diesen Leistungen bilden die Zuschüsse des Bundes an die allgemeine Rentenversicherung mit 36,38 Milliarden Euro (2018: 35,04 Milliarden Euro) den größten Ausgabenposten. Für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung will der Bund im nächsten Jahr 7,1 Milliarden Euro und damit 1,2 Milliarden Euro mehr ausgeben als 2018 (5,9 Milliarden Euro).
20,2 Milliarden Euro für Arbeitslosengeld II
Für arbeitsmarktpolitische Leistungen und Programme stellt der Bund, zusätzlich zu den Mitteln der Bundesagentur für Arbeit, rund 36,7 Milliarden Euro (2018: 37,6 Milliarden Euro) bereit, was nur eine unwesentliche Änderung gegenüber 2018 bedeutet. Fast die gesamten Mittel dieses Bereiches werden für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ausgegeben: 36,12 Milliarden Euro (2018: 36,35 Milliarden Euro). Davon entfallen 20,2 Milliarden Euro (2018: 20,4 Milliarden Euro) auf das Arbeitslosengeld II.
Eine deutliche Steigerung um eine Milliarde Euro gibt es bei der Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung, für die 5,9 Milliarden Euro (2018: 6,9 Milliarden Euro eingeplant sind. (che/14.09.2018)