Deutsch-Französisches Parlamentsabkommen in Paris übergeben
In sehr freundschaftlicher Atmosphäre haben Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble und sein französischer Amtskollege Richard Ferrand am Mittwoch, 14. November 2018, in der Assemblée nationale das fertiggestellte Dokument des binationalen Parlamentsabkommens von den Vorsitzenden der Deutsch-Französischen Arbeitsgruppe entgegengenommen. In sechs Sitzungen unter der Leitung von Andreas Jung (CDU/CSU), Sabine Thillaye und Christophe Arend (beide La République en Marche) haben 18 Parlamentarier beider Häuser ein umfangreiches Abkommen ausgearbeitet – mit dem Ziel, die Zusammenarbeit auf Parlamentsebene zu institutionalisieren.
„Dem Engagement der Bürger zu verdanken“
Bei der Zusammenkunft in Paris legten beide Parlamentspräsidenten zunächst im Gedenken an den 100. Jahrestag des Waffenstillstands am 11. November 1918 einen Kranz im „Vier-Säulen-Saal“ der Nationalversammlung, unweit des Plenarsaals, nieder. Ein Marmordenkmal dort trägt die Namen der Abgeordneten, die im Ersten Weltkrieg für Frankreich gefallen sind.
Schäuble und Ferrand betonten im Vorfeld der Zeremonie, dass das friedliche Miteinander und die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich vor allem dem Engagement der Bürger in einem beeindruckendem Versöhnungsprozess zu verdanken sei. Dies verdiene nicht nur eine große Würdigung, sondern eine politische Weiterentwicklung. Das Dokument des Parlamentsabkommens gehe daher noch über die bestehende und gelebte Freundschaft beider Länder hinaus.
„Ein bewegender und ermutigender Moment“
Nach der Kranzniederlegung nahmen die Präsidenten den fertigen Entwurf entgegen und dankten der Arbeitsgruppe. Bundestagspräsident Schäuble unterstrich: „Es ist ein bewegender und ermutigender Moment, dass wir nach der Urkatastrophe des Ersten Weltkrieges heute zu diesem Anlass so friedlich und freundschaftlich zusammenkommen. Das Abkommen ist abgeschlossen – dies ist gleichzeitig der Anfang einer noch intensiveren Zusammenarbeit.“ Mit all den unterschiedlichen Meinungen, mit all dem Reichtum in Geschichte und Kultur beider Länder werde man weiter voneinander lernen – mit dem Ziel, die besten Lösungen für Deutschland, Frankreich und Europa zu erreichen.
Sein französischer Amtskollege Ferrand erklärte: „Das Abkommen ist in vielerlei Hinsicht beispielhaft, in gewisser Weise ist es ein legislatives Pendant zum EU-Ministerrat. Wir werden nicht nur diskutieren, sondern wollen unser jeweiliges nationales Recht aufeinanderzulaufen lassen und zu gemeinsamen Entscheidungen kommen. Es soll dabei auch um konkrete Vereinbarungen gehen, von der die Bürger beider Länder profitieren.“
Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung
Herzstück des Abkommens ist eine Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung, die aus je 50 Bundestagsabgeordneten und 50 Mitgliedern der Assemblée nationale besteht. Sie soll abwechselnd in Deutschland und Frankreich tagen und insbesondere in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik dazu beitragen, größtmögliche Übereinstimmung beider Länder in relevanten politischen Fragen zu erzielen.
Konkrete und pragmatische Verbesserungen sollen für die Menschen in den Grenzregionen erreicht werden. Entsprechend heißt es in dem Dokument: „Die Versammlung fasst Beschlüsse und schlägt dem Bundestag und der Assemblée nationale gemeinsame Entschließungen vor.“
„Mehr als ein Regierungsvertrag“
Dazu erklärte Andreas Jung (CDU/CSU), der zugleich Vorsitzender der Deutsch-Französischen Parlamentariergruppe ist: „Die deutsch-französische Partnerschaft ist mehr als ein Regierungsvertrag! Sie wird getragen von den Menschen, und die Volksvertreter beider Länder können ihnen gemeinsam eine starke Stimme in der konkreten Gestaltung der Zusammenarbeit geben.“
Die heutige Übergabe an die beiden Parlamentspräsidenten sei eine wichtige Etappe auf diesem Weg. Jung betonte weiter, dass es „nahezu überfällig“ sei, dass „die Parlamente ihre Zusammenarbeit verbessern und das Parlamentsabkommen beschließen“.
„Arbeitsauftrag an beide Parlamente“
Das Abkommen sei „ein klarer Arbeitsauftrag an beide Parlamente, im Rahmen der gemeinsamen Parlamentarischen Versammlung die Umsetzung des Élysée-Vertrags durch die Regierungen zu kontrollieren“,sagte Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90 / Die Grünen).
Matthias W. Birkwald (Die Linke) forderte darüber hinaus, „nicht nur Regierungsinitiativen zu flankieren, sondern eigene Initiativen aus der Mitte der Parlamente zu entwickeln“.
„Signal für die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger“
Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag, sieht in dem Dokument im Vorfeld der Europawahl 2019 ein „klares Signal für die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an der Europäischen Integration“. Aufgabe der Parlamente als Volksvertretungen sei es, die Menschen von der Bedeutung der Wahl und damit ihrer Mitwirkung an Europa zu überzeugen.
Thomas Oppermann (SPD) nannte das Ergebnis der Verhandlungen „ein starkes Zeichen in einer Zeit, in der die Welt von Nationalismus und Unilateralismus geprägt ist“. Ein vergleichbares Abkommen zwischen Parlamenten gebe es nirgends sonst auf der Welt.
„An die Arbeit!“
Die Vorsitzende Sabine Thillaye der französischen Seite beschrieb die Sitzungen der Deutsch-Französischen Arbeitsgruppe in den vergangenen zehn Monaten als ausgesprochen intensiv und produktiv. Jetzt heiße es umso mehr: „An die Arbeit!“
Das Parlamentsabkommen soll nun am 22. Januar 2019, dem 56. Jahrestag der Unterzeichnung des Vertrages über die deutsch-französische Zusammenarbeit (Elysée-Vertrag), im Bundestag und in der Nationalversammlung feierlich verabschiedet werden. Parallel dazu wird die Ratifizierung des neuen Élysée-Vertrags stattfinden.
Zwölfköpfige deutsche Delegation
An der Übergabe des Abkommens am 14. November 2018 in Paris nahmen für die deutsche Seite teil: Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble, Vizepräsident Thomas Oppermann (SPD), Patrick Schnieder (CDU/CSU), Alexander Dobrindt (CDU/CSU), Carsten Schneider (SPD), Stefan Ruppert (FDP), Matthias W. Birkwald (Die Linke), Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen), Andreas Jung (CDU/CSU), Ursula Groden-Kranich (CDU/CSU), Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) und der Vorsitzende des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union, Gunther Krichbaum (CDU/CSU).
Alle drei Jahre findet ein Trilaterales Präsidiumstreffen im Format des Weimarer Dreiecks abwechselnd in Deutschland, Polen oder Frankreich statt – das nächste Treffen dieser Art ist 2019 in Deutschland vorgesehen. (haa/14.11.2018)