Die sich aus dem von der Bundesregierung vorgelegten „Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes“ (19/3930) ergebende „eklatante Mautsteigerung“ wird nach Ansicht von Prof. Dr. Dirk Engelhardt vom Bundesverband für Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) die Verbraucherpreise beeinflussen. Das sagte der BGL-Hauptgeschäftsführer während einer öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses unter Vorsitz von Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) am Mittwoch, 10. Oktober 2018.
Von Mehrkosten in Höhe von drei Milliarden Euro durch die schon erfolgte Ausweitung der Maut und die geplante Mautänderung ging Jürgen Hasler, Abteilungsleiter Mobilität und Logistik beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), aus. Der Wettbewerb in der Speditionsbranche werde sich verschärfen, möglicherweise auch zulasten sozialer Standards, sagte er.
Einführung von Gewichtsklassen
Ziel des Gesetzes ist es laut Bundesregierung, die Mautsätze auf der Basis des Wegekostengutachtens 2018 bis 2022 zu aktualisieren und eine rechtliche Grundlage für die Anlastung der Kosten der Lärmbelastung zu schaffen. Mit der Neuregelung sollen der Vorlage zufolge in den Jahren 2019 bis 2022 Mehreinnahmen in Höhe von 4,16 Milliarden Euro erzielt werden. Durch die Einführung von Gewichtsklassen will die Bundesregierung die Verursachergerechtigkeit im Vergleich zu den bisherigen Achsklassen weiter erhöhen. Außerdem ist geplant, Elektro-Lkw von der Lkw-Maut zu befreien.
Kritik übte BGL-Vertreter Engelhardt auch am Vorhaben der Bundesregierung, land- und forstwirtschaftliche Lkw mit einer Geschwindigkeit bis zu 60 km/h von der Bemautung auszunehmen. Dies stelle eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung dar und habe zu einem Riesenaufschrei der Unternehmen aus dem Güterkraftverkehr geführt, sagte Engelhardt. Wenn es eine Ausnahme für derartige Fahrzeuge geben solle, müsse die auf eine Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h beschränkt werden, forderte er.
„Befreiung für Elektro-Lkw begrenzen“
Eine zeitliche Begrenzung der Mautbefreiung für Elektro-Lkw verlangte Dirk Flege von der Allianz pro Schiene. Grundsätzlich aber begrüßte er die Mautänderung. Die in den vergangenen Jahren immer weiter auseinandergegangene Kostenschere zwischen der Lkw-Maut und den Trassenpreisen zu Ungunsten der Schiene werde so zumindest ein Stück weit geschlossen.
Kritisch äußerte sich Flege zur weiter geltenden Mautbefreiung für Fernbusse und dem Verzicht der Bundesregierung, die Mautlücke zwischen Lkw mit einem Gesamtgewicht von bis 3,5 Tonnen, die keine Lkw-Maut zahlen müssten und Lkw ab 7,5 Tonnen zu schließen.
„Mautbefreiung für Fernbusse beibehalten“
Aus Sicht von Dr. Kurt-Christian Scheel vom Verband der Automobilindustrie sollte die Mautbefreiung für Fernbusse jedoch weiterhin gelten. Fernbusse würden ihre Kosten weitgehend selbst tragen, argumentierte er. Anders als sein Vorredner, der die Einnahmen aus der Lkw-Maut, die deutlich über den Kosten lägen, auf alle Verkehrsträger inklusive die Schienen verteilen möchte, lehnte Scheel dies ab.
Der Finanzierungskreislauf Straße sei sachgerecht, zumal sich die Höhe der Mautsätze an den Wegekosten für Bau und Erhalt der Fernstraßen orientiere.
„Fernbusse einbeziehen“
Für eine Einbeziehung der Fernbusse in die Maut sprach sich wiederum Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) aus. Alles andere stelle einen klaren Nachteil für den Schienenverkehr dar, befand er.
Lottsiepen lehnte zugleich auch die Zweckbindung der Mautmittel an die Straßen ab. Es müsse der Grundsatz gelten: Verkehr finanziert Verkehr. Schließlich forderte der VCD-Vertreter, die Maut auf allen Straßen und für alle Lkw zu erheben.
Ausnahmen gefordert
Thomas Kiel, Vertreter des Deutschen Städtetages, forderte Ausnahmen für Kommunalfahrzeuge wie Müllautos und andere Entsorgungsfahrzeuge. Dabei dürfe es keine Rolle spielen, ob die Fahrzeuge in kommunaler Hand sind oder privaten Unternehmen gehören, die im Auftrag der Kommunen Dienstleistungen erbringen.
Michael Korn von der Alfen Consult GmbH, die das Wegekostengutachten erstellt hat, verwies darauf, dass mit dem neuen Gutachten eine höhere Kostenabdeckung erreicht werde. An der Systematik, wie die Wegekosten verteilt würden, habe sich jedoch nichts geändert.
Mautsätze sollen aktualisiert werden
Ab dem 1. Januar 2019 sollen in Deutschland geänderte Mautsätze für Lkw gelten. Ziel des Gesetzes ist es laut Bundesregierung, die Mautsätze auf der Basis des Wegekostengutachtens 2018 bis 2022 zu aktualisieren und eine rechtliche Grundlage für die Anlastung der Kosten der Lärmbelastung zu schaffen. Mit der Neuregelung sollen der Vorlage zufolge in den Jahren 2019 bis 2022 Mehreinnahmen in Höhe von 4,16 Milliarden Euro erzielt werden.
Wie die Regierung in der Begründung zu ihrem Gesetzentwurf schreibt, müssten sich entsprechend einer EU-Vorgabe die gewogenen durchschnittlichen Infrastrukturgebühren an den Baukosten und den Kosten für Betrieb, Instandhaltung und Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes orientieren. Die jeweils geltenden Mautsätze würden durch wissenschaftlich fundierte Wegekostengutachten ermittelt. Das neue Wegekostengutachten decke den Zeitraum 2018 bis 2022 ab und enthalte auch Berechnungen zu den externen Kosten aus Luftverschmutzung und Lärmbelastung, die seit einer Änderung des EU-Rechts im Jahr 2011 zusätzlich angelastet werden könnten, heißt es in dem Entwurf. Während die Kosten der Luftverschmutzung bereits seit dem 1. Januar 2015 erhoben werden, sollen die Lärmbelastungskosten nun ergänzt werden.
Einführung von Gewichtsklassen
Mit der Einführung von Gewichtsklassen sollen zudem zwei Entschließungen des Deutschen Bundestages umgesetzt werden. „Insbesondere im Hinblick auf leichtere Nutzfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht zwischen 7,5 und 18 Tonnen soll die Verursachergerechtigkeit im Vergleich zu den bisherigen Achsklassen weiter erhöht werden“, schreibt die Bundesregierung. Außerdem sei geplant, Elektro-Lkw von der Lkw-Maut zu befreien, um so den Markthochlauf für diese Fahrzeuge zu unterstützen. Diese Mautbefreiung solle in zwei bis drei Jahren anhand der dann vorliegenden Marktgegebenheiten überprüft und entschieden werden, „ob und in welchem Umfang diese Fahrzeuge zur Finanzierung der Wegekosten herangezogen werden“.
Der Vorlage beigefügt sind auch die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf und die Gegenäußerung der Bundesregierung. Darin lehnt die Regierung die von den Ländern vorgeschlagene Mautbefreiung für „Müllfahrzeug im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge“ ebenso ab, wie die Differenzierung der Mautsätze zwischen Tag und Nacht. Auch dem Vorschlag der Länderkammer, nur jene Elektro-Lkw von der Maut zu befreien, deren Reichweite „unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 40 Kilometer beträgt“, stößt bei der Bundesregierung der Vorlage zufolge auf Ablehnung.
Land- oder forstwirtschaftliche Fahrzeuge
Aufgreifen will die Regierung hingegen Änderungsvorschläge zur Mautbefreiung von land- oder forstwirtschaftlichen Fahrzeugen, die bislang „im geschäftsmäßigen Güterverkehr mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von maximal 40 km/h“ mautbefreit sind.
Vorgeschlagen wird eine Mautbefreiung für „land- oder forstwirtschaftliche Fahrzeuge, die für solche Zwecke eingesetzt werden, mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von maximal 60 km/h“. (hau/10.10.2018)
Liste der geladenen Sachverständigen
- Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL)
- Dirk Flege, Allianz pro Schiene
- Dr. Friedrich Ludwig Hausmann, PricewaterhouseCoopers Legal AG
- Thomas Kiel, Deutscher Städtetag
- Michael Korn, Alfen Consult GmbH
- Georg Lottsiepen, Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD)
- Dr. Kurt-Christian Scheel, Verband der Automobilindustrie
- N.N.
- N.N.