Von der Leyen: Verteidigungsausgaben müssen weiter ansteigen
Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) hat die geplante Erhöhung des Verteidigungshaushaltes um 1,49 Milliarden Euro auf 38,49 Milliarden Euro in diesem Jahr gerechtfertigt. „Allein mit Lippenbekenntnissen“ lasse sich keine Sicherheit in Europa schaffen, sagte die Ministerin in der ersten Lesung über den Wehretat 2018 (19/1700, Einzelplan 14) am Mittwoch, 16. Mai 2018.
Ministerin: Trendwende war richtig
Von der Leyen verwies auf den Sparkurs in den vergangenen 25 Jahren, der den Zustand der Bundeswehr extrem strapaziert habe. 1990 habe Deutschland noch 2,4 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgegeben, 2015 seien es nur noch 1,1 Prozent gewesen. Es sei deshalb richtig gewesen, bei Finanzen, Personal und Ausrüstung eine Trendwende einzuleiten.
Von der Leyen verwies auf die Bündnisverpflichtungen Deutschlands innerhalb der Nato und die Belastungen der Bundeswehr durch die Einsätze in Mali, in Syrien und Irak, in Afghanistan, dem Kosovo und im Mittelmeer. Die Ministerin machte zugleich deutlich, dass die Verteidigungsausgaben über mehrere Jahre weiter ansteigen müssten. Bis 2025 soll der Wehretat nach ihrem Willen deshalb auf 1,5 Prozent des BIP ansteigen.
AfD: Etat muss bis 2025 auf 70 Milliarden Euro steigen
Die AfD hält den Verteidigungshaushalt trotz der angestrebten Erhöhung für zu klein. Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion Rüdiger Lucassen forderte die Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels der Nato. Der Wehretat müsse bis zum Jahr 2025 auf rund 70 Milliarden Euro anwachsen. Der von der Regierung vorgelegte Verteidigungshaushalt werde nicht einmal den weiteren Verfall der Bundeswehr aufhalten können.
Nach Ansicht der AfD soll die Bundeswehr wieder auf die Bündnis- und Landesverteidigung ausgerichtet werden, Auslandseinsätze müssten die Ausnahme bleiben. Lucassen forderte die Wiedereinführung der Wehrpflicht und eine Aufstockung der Bundeswehr auf 240.000 Soldaten. Zudem müsste ein Reservistenkorps von 50.000 Soldaten nach dem Vorbild der Nationalgarde in den USA aufgebaut werden, das auch im Inland eingesetzt werden kann.
Linke: Mehr Geld ist der falsche Weg
Eine klare Absage an eine Erhöhung des Wehretats erteilten die Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen. Der Linken-Haushaltspolitiker Michael Leutert rechnete vor, dass der Bundeswehr im Vergleich zu 2005 pro Jahr etwa acht Milliarden Euro mehr zur Verfügung worden seien, insgesamt rund 100 Milliarden Euro. Trotzdem sei die Truppe offensichtlich in einem sehr schlechten Zustand.
Kein U-Boot sei einsatzbereit, kaum ein Transportflugzeug vom Typ A400 und zeitweise nur vier Kampfflugzeuge vom Typ Eurofighter. „Mehr Geld ist der völlig falsche Weg“, sagte Leutert. Andere Länder mit einem vergleichbaren Verteidigungshaushalt wie etwa Frankreich hätten solche Probleme nicht. Der Grund liege im schlechten Management im Verteidigungsministerium.
Grüne: Keine seriöse Haushaltspolitik
In diesem Sinne argumentierte auch der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Dr. Tobias Lindner. Die Verteidigungsministerin betreibe keine seriöse Haushaltspolitik. Die Ausgaben im Wehretat seien ständig umgeschichtet und für andere Dinge aufgewendet worden als ursprünglich geplant.
Lindner warf der Koalition vor, in den vergangenen Wochen ein „mittelmäßiges Kabarett“ aufgeführt zu haben im Streit über die Höhe der Verteidigungsausgaben. Er verwies auf die Protokollnotiz der Ministerin zur Finanzplanung, in der von der Leyen die Verteidigungsausgaben in dieser Legislaturperiode als zu niedrig bezeichnete.
FDP: Soldaten sind frustriert
Scharfe Kritik an von der Leyen übte auch der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein. Die zur Verfügung gestellten Mittel seien in den vergangenen Jahren nicht effizient eingesetzt worden. Kaum ein Rüstungsprojekt sei zeitlich und finanziell im geplanten Rahmen geblieben.
Die Ausrüstungslage der Bundeswehr sei kritisch, die Soldaten seien frustriert und es herrsche in der Truppe ein Misstrauen gegenüber der Ministerin. Von der Leyen habe ihr Versprechen, den Dienst in der Bundeswehr attraktiver zu gestalten, nicht eingehalten, sagte Klein.
CDU/CSU: Beschaffungen von Ausrüstung verfünffacht
Unterstützung erhielt die Verteidigungsministerin hingegen vom verteidigungspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Henning Otte. Der Aufwuchs des Wehretats sei aufgrund der veränderten Sicherheitslage gerechtfertigt, sagte Otte und verwies auf den außenpolitischen Kurs Russlands. Der von der Nato vorgegebene Zielkorridor bei den Verteidigungsausgaben müsse eingehalten werden.
Otte widersprach der Darstellung, dass die erhöhten Verteidigungsausgaben in den vergangenen Jahren nichts gebracht hätten. So habe in der vergangenen Legislaturperiode das Volumen bei den Beschaffungen von Ausrüstung verfünffacht werden können.
SPD: Von der Fähigkeit zum Kampf noch weit entfernt
Auch Dr. Fritz Felgentreu, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, bezeichnete die geplante Erhöhung der Ausgaben als gerechtfertigt. Seit der Ukraine-Krise im Jahr 2014 habe sich die sicherheitspolitische Lage in Europa grundlegend geändert.
Deutschland könne seinen Bündnisverpflichtungen derzeit nur unter größter Kraftanstrengung nachkommen, „von der Fähigkeit zum Kampf“ sei die Bundeswehr jedoch „noch weit entfernt“.
Personalausgaben von 17,9 Milliarden Euro
Im Personalausgaben entfallen im Etatentwurf 17,9 Milliarden Euro (2017: 17,82 Milliarden Euro), auf militärische Beschaffungen, Anlagen und ähnliches 12,29 Milliarden Euro (2017: 11,23 Milliarden Euro).
Allein für militärische Beschaffungen sind 4,89 Milliarden Euro eingestellt (2017: 4,74 Milliarden Euro). Die Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Haushaltsjahre bis 2031 summieren sich dabei auf 18,34 Milliarden Euro. 680 Millionen Euro sind für die Beschaffung des Großraumtransportflugzeugs A 400 M vorgesehen (2017: 825 Millionen Euro), 650 Millionen Euro für die Beschaffung des Schützenpanzers Puma (2017: 580 Millionen Euro) und 390 Millionen Euro für die Beschaffung des Waffensystems Eurofighter (2017: 500 Millionen Euro).
Für die Materialerhaltung in der Bundeswehr sieht der Etatentwurf 3,37 Milliarden Euro vor (2017: 2,96 Milliarden Euro), davon allen 2,01 Milliarden Euro für die Erhaltung von Flugzeugen, Flugkörpern, Flugrettungs-, Sicherheits- und sonstigem flugtechnischen Gerät (2017: 1,79 Milliarden Euro). Der sonstige Betrieb der Bundeswehr schlägt mit 2,75 Milliarden Euro zu Buche (2017: 2,26 Milliarden Euro), darunter 741,39 Millionen Euro für Aufträge und Dienstleistungen im Bereich der Informationstechnik (IT).
Gut fünf Milliarden Euro für die Unterbringung
Für die Unterbringung der Soldatinnen und Soldaten soll Ministerin von der Leyen 5,23 Milliarden Euro ausgeben können (2017: 4,96 Milliarden Euro), darunter 2,58 Milliarden Euro für Mieter und Pachten (2017: 2,57 Milliarden Euro) und 1,04 Milliarden Euro für Baumaßnahmen (2017: 898,16 Millionen Euro).
Die internationalen Verpflichtungen der Bundeswehr, unter anderem für die Nato und für Auslandseinsätze, schlagen mit 1,51 Milliarden Euro zu Buche (2017: 1,32 Milliarden Euro). Die Ausgaben für Kommandobehörden und die Truppe, für Sozialversicherungsbeiträge, Fürsorgemaßnahmen und die Versorgung der Soldatinnen und Soldaten summieren sich auf 13,84 Milliarden Euro (2017: 13,61 Milliarden Euro. Allein für die Versorgung der Soldatinnen und Soldaten sind 4,73 Milliarden Euro (2017: 4,7 Milliarden Euro) eingestellt. (aw/sas/16.05.2018)