Die von der Bundesregierung geplanten schärferen Maßnahmen im Kampf gegen die Geldwäsche sind von den Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses unter Leitung von Ingrid Arndt-Brauer (SPD) am Montag, 24. April 2017, aus unterschiedlichen Gründen kritisiert worden.
„Deutschland ist ein attraktives Land für Geldwäsche“, stellte etwa der Sachverständige Andreas Frank in seiner Stellungnahme fest. Frank warf Politik und Behörden vor, das vor 24 Jahren in Kraft getretene Geldwäschegesetz nicht umgesetzt zu haben. Daher könne es nicht überraschen, dass Erfolge im Kampf gegen Geldwäsche und gegen Terrorismusfinanzierung ausgeblieben seien. Dies liege auch daran, dass staatliche Aufsichtsbehörden weiterhin ihren Pflichten nicht nachkommen würden.
Entwurf der Bundesregierung
Grundlage der Anhörung war der von der Regierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (18/11555, 18/11928). Danach müssen die geldwäscherechtlich Verpflichteten strengere Vorgaben beachten, etwa bei grenzüberschreitenden Korrespondenzbeziehungen. Außerdem wird eine Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen bei der Generalzolldirektion eingerichtet.
Die Zentralstelle soll geldwäscherechtliche Meldungen entgegennehmen, analysieren und bei einem Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung an die zuständigen Stellen weiterleiten. Alle wirtschaftlich Berechtigten sollen in einem elektronischen Transparenzregister erfasst werden.
Diskussion über Zugang zum Register
Das geplante Transparenzregister lobte Frank als „ersten Schritt in die richtige Richtung“. Die Schaffung des Registers wurde auch von Transparency International begrüßt. Der Zugriff auf das Register dürfe jedoch nicht beschränkt werden, sondern es müsse einen „Zugriff für jedermann“ geben. Forderungen nach einer Öffnung des Registers für jedermann wies Prof. Dr. Gregor Kirchhof von der Universität Augsburg jedoch als Verstoß gegen das Grundgesetz zurück. Er wunderte sich, dass der Datenschutz bei den Befürwortern der Öffnung keine Rolle spiele und erklärte: „Wenn Sie die Daten in die Welt schicken, bekommen Sie diese Daten nicht wieder zurück.“ Auch in der EU-Richtlinie heiße es, dass es Zugang zu dem Register nur unter Wahrung des Datenschutzes geben dürfe.
Die geplante Auskunftspflicht von Steuerberatern gegenüber der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen missfiel der Bundessteuerberaterkammer. Steuerberater seien gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Und die Mandanten müssten darauf vertrauen können, dass Informationen nur auftragsgemäß verwendet werden würden. „Die vorgesehene Pflicht, Auskunft darüber zu erteilen, ob mit einer bestimmten Person eine Geschäftsbeziehung besteht oder bestanden hat, würde ein Durchbrechung dieser Verschwiegenheitspflicht bedeuten“, wurde erklärt.
Zusätzlicher bürokratischer Aufwand
Auch das Vorhaben der Regierung, den Kreis der geldwäscherechtlich Verpflichteten zu erweitern, stieß auf viel Kritik. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass nicht nur Spielbanken, Veranstalter und Vermittler von Glücksspiel im Internet, sondern alle Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen nunmehr als Verpflichtete gelten. „Um die mit hohen Barzahlungen verbundenen Risiken bezüglich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu mindern, sollen Güterhändler vom Geldwäschegesetz erfasst werden, wenn sie Barzahlungen in Höhe von 10.000 Euro oder mehr tätigen oder entgegennehmen“, heißt es in dem Entwurf. Als Güterhändler gelten alle Personen, die gewerblich mit Gütern handeln. Als Güter werden alle beweglichen und nicht beweglichen Sachen definiert, „unabhängig von ihrem Aggregatzustand, die einen wirtschaftlichen Wert haben und deshalb Gegenstand einer Transaktion sein können“.
Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) warnte davor, den Kreis der eingezogenen Geschäfte zu weit zu ziehen. „Zusätzlicher bürokratischer Aufwand an Zeit, Personal, und entsprechende Kosten für alle anderen Geschäfte müssen vermieden werden“, forderte der BDI, der befürchtet, dass jeder gewerbliche Verkäufer von Gütern in den Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes fallen könnte. Ähnlich argumentierte der Verband der Automobilindustrie: „Für die Kfz-Betriebe sollte daher berücksichtigt werden, dass sie mit einer geringen Personaldecke nicht unangemessen mit Aufgaben der Geldwäschebekämpfung belastet werden sollten, zumal sie angesichts des geringen Risikos wenig zur Risikominimierung beitragen können.“
Wirtschaft fürchtet um Geschäftsmodelle
Der Prepaid-Verband Deutschland wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die EU-Richtlinie nicht verlange, E-Geld-Distributoren in den Kreis der geldwäscherechtlich Verpflichteten aufzunehmen. Dass der Gesetzgeber dies jedoch vorhabe, stelle für E-Geld-Distributoren wie Kioske, Tankstellen oder Großhändler in der Praxis ein gravierendes Problem dar. Auch die Firma Cash Payment Solutions warnte, mit dem Gesetz werde das Geschäftsmodell barzahlen.de faktisch mit einem Verbot belegt, da dann bei Transaktionen über barzahlen.de jeder Kunde vom beteiligten Einzelhandel identifiziert werden müsse.
Der Bundesverband der deutschen Industrie wies darauf hin, dass der parallel beratene Entwurf eines Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes Teile des Geldwäschegesetzes in Frage stelle. Kontoeröffnungen für Unternehmen würden drastisch erschwert oder sogar unmöglich gemacht, da regelmäßig nicht alle Daten über alle wirtschaftlich Berechtigten erhoben werden könnten. Einzelne Regelungen würden außerdem die Konsequenz haben, dass Beziehungen zu staatlichen Banken und anderen öffentlich-rechtlichen Einrichtungen „in einer Vielzahl der Fälle als Hochrisiko angesehen werden müssten“. Die staatseigenen Unternehmen müssten als Hochrisiko-Kunden behandelt werden. „Dies erscheint als Rechtsfolge kaum nachvollziehbar, da es die staatseigenen Unternehmen unter Generalverdacht stellen würde.“
Kritik an Umsetzung und Vollzug
Aus dem Anwendungsbereich der Geldwäscherichtlinie herausgenommen werden Geldspielgeräte. Aufgrund der geringen Einsatzhöhe und der niedrigen Gewinnhöhe im einstelligen Eurobereich bestehe auf der Spielerseite ein nur sehr geringes Geldwäscherisiko, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Dies missfiel Lotto Deutschland. In der Stellungnahme hieß es, damit würden staatlich zugelassene Online-Lotterien als das gegenüber dem Automatenspiel „unstreitig ungefährlichere Angebot“ dem Geldwäschegesetz unterliegen, was nicht schlüssig wäre.
Sebastian Fiedler, stellvertretender Vorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter, beklagte die völlig unzureichende Personalausstattung der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. Schon heute seien die mit der Bekämpfung der Geldwäsche befassten Mitarbeiter so überlastet, dass die Situation „nahe bei Strafvereitelung im Amt“ sei. (hle/24.04.2017)
Liste der geladenen Sachverständigen
- Sebastian Fiedler, Bund Deutscher Kriminalbeamter e.V.
- Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
- Bundessteuerberaterkammer
- Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)
- Cash Payment Solutions GmbH
- Deutscher Lotto- und Totoblock (DLTB)
- Die Deutsche Kreditwirtschaft
- Europäische Kommission
- Andreas Frank
- Prof. Dr. Gregor Kirchhof, Universität Augsburg
- Markus Meinzer, Tax Justice Netzwerk, Steuergerechtigkeit Deutschland
- Dr. Hartwig Gehrhartinger, Prepaid Verband Deutschland e.V.
- Jonny Natelberg, Prepaid Verband Deutschland e.V.
- Caspar von Hauenschild, Transparency International Deutschland e.V.
- Dr. Ralf Scheibach, Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA)