Fraktionen weitgehend einig bei Baurechtsreform
Bei der ersten Lesung eines Gesetzentwurfs über neue Regelungen beim privaten Hausbau am Freitag, 10. Juni 2016, zeigte sich viel Gemeinsamkeit zwischen den Fraktionen in wesentlichen Fragen, aber auch noch viel Beratungsbedarf im Detail.
Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung (18/8486) soll der rechtliche Boden sicherer werden, auf dem Verträge zwischen Bauherren und Baufirmen geschlossen werden. Zudem soll das Gesetz Handwerker schützen, die mit fehlerhaftem Material beliefert wurden. Es wurde zur weiteren Beratung an den federführenden Rechtsausschuss und die mitberatenden Ausschüsse überwiesen.
Regierung: Reform ist ein wichtiges Signal
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nahm für die Bundesregierung in Anspruch, geschafft zu haben, was als unvereinbar gelte: „Wir stärken den Verbraucherschutz und entlasten den Mittelstand.“ Die Regierung will die allgemeine Regelung des Werkvertragsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) um ein spezifisches Bauvertragsrecht ergänzen.
Unter anderem soll der private Bauherr gegenüber dem Auftragnehmer ein sogenanntes Anordnungsrecht erhalten, das heißt die Befugnis, Änderungswünsche zur Bauausführung einseitig anzuordnen. Zudem soll ein Handwerker, der fehlerhaftes Material verbaut hat, vom Händler nicht nur den Ersatz durch fehlerfreies Material, sondern auch die Kostenerstattung für den Aus- und Wiedereinbau verlangen können.
Maas verwies darauf, dass Probleme am Bau für private Bauherren an die wirtschaftliche Existenz gehen können, es aber auch für kleine Handwerker existenzbedrohend sein kann, wenn sie auf größeren Reparaturkosten sitzen bleiben. Gerade weil Deutschland Wohnraum brauche, sei die Reform ein wichtiges Signal.
Lob und Tadel von der Linken
Karin Binder (Die Linke) lobte, dass der Gesetzentwurf zahlreiche Vorschläge einer Expertenrunde Bauvertragsrecht aufgreife. „Alles das begrüßen wir ausdrücklich“, sagte sie für ihre Fraktion, „aber leider hat der Gesetzentwurf auch einige Baumängel zum Nachteil der Verbraucherinnen und Verbraucher“. So sei „völlig unzureichend beschrieben, was eigentlich der sogenannte Verbrauchervertrag ist“.
Inakzeptabel sei auch, dass Verbraucherschutzmaßnahmen nur bei „erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude“ greifen sollten. Unzulänglich seien zudem Regelungen zu Nachtragsforderungen, sodass Bauunternehmen weiterhin nachträglich den Preis erhöhen könnten. „Das treibt Familien in die Pleite“, warnte Binder.
Grüne: Nicht erschrecken, Herr Maas
Mit der Warnung „nicht erschrecken“ wandte sich Christian Kühn (Bündnis 90/Die Grünen) an Minister Maas: „Ich will Sie loben!“ Kühn hatte im Wesentlichen nur auszusetzen, dass das in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebene Vorhaben erst jetzt auf den Weg kommt. „Da hat die Regierung die Entdeckung der Langsamkeit zu ihrem Prinzip gemacht“, spottete Kühn.
Eine Mahnung hatte Kühn noch an die SPD-Fraktion: Sie solle sich „nicht wieder über den Tisch ziehen lassen wie bei der Mietpreisbremse“ und eine Verwässerung des Gesetzes in den jetzt anstehenden parlamentarischen Beratungen verhindern.
CDU/CSU: Angemessenen Interessenausgleich finden
Für die CDU/CSU-Fraktion bezeichnete Dr. Hendrik Hoppenstedt die geplante Reform „die größte Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches seit der Schuldrechtsreform 2002“. Verbesserungsbedarf meldete Hoppenstedt beim geplanten Änderungsrecht für Bauherren an. Oft kommt es zum Streit, wenn Bauunternehmen Änderungswünsche – in der Debatte wurde der nach einer anderen Treppe als der zunächst kalkulierten als Beispiel genannt – ablehnen oder überhöhte Preise verlangen. Hier soll nun der Bauherr das letzte Wort erhalten.
Hoppenstedt nahm die geplante Regelung gegen massive Kritik aus der Bauwirtschaft als „gerade noch verhältnismäßig“ in Schutz. Die vorgesehene Abschlagszahlung von 80 Prozent des ursprünglichen Angebots bei Umsetzung des Änderungswunsches nannte er aber problematisch, wenn dieses Angebot sehr überhöht gewesen sei. Hier müsse man noch eine Regelung finden, die zu einem angemessenen Ausgleich der Interessen führt.
SPD: Anordnungsrecht Kernstück der Reform
Dieses Anordnungsrecht für Bauherren nannte Dr. Johannes Fechner (SPD) ein „Kernstück“ der Reform. Man nutze seine Immobilie in der Regel ein Leben lang. Deshalb müsse es möglich sein, auch nach Vertragsabschluss noch Änderungswünsche durchzusetzen.
Im Gesetzentwurf sei vorgesehen, dass solche Wünsche nur dann umzusetzen sind, wenn dies für den Bauunternehmer zumutbar ist und er eine entsprechende Mehrvergütung bekommt.
Koalition uneins bei Mängelhaftung
In einem anderen Punkt hatte die SPD-Fraktion bereits im Vorfeld Änderungsbedarf angemeldet. Die Regelung, dass Handwerker die Kosten für den Austausch fehlerhaften Materials dem Händler in Rechnung stellen können, sieht vor, dass in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen davon abgewichen werden kann. Diese Ausnahme will die SPD-Fraktion, ebenso wie der Bundesrat, streichen.
Redner der Unionsfraktion wiesen dies zurück. Hoppenstedt führte das Beispiel eines Restpostenhändlers an, der Fliesen eines insolventen Herstellers verkauft. Wenn dieser den Handwerkern die Kosten für die Entfernung fehlerhafter Fliesen und die Neuverlegung fehlerfreier Fliesen erstatten müsse, könne er den Hersteller nicht mehr in Regress nehmen. Dieses Risiko müsse der Händler ausschließen können.
Sabine Poschmann, mittelstandspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, lud die anderen Fraktionen ein, hierzu im weiteren Verfahren noch eine gemeinsame Regelung zu finden. (pst/10.06.2016)