Redner aller Fraktionen haben am Freitag, 20. Januar 2017, während der Debatte zu einem Antrag der Koalitionsfraktionen mit dem Titel „Dem Frieden verpflichtet – Friedens- und Konfliktforschung stärken“ (18/10239, 18/10894) die wichtige Rolle der Friedens- und Konfliktforschung betont. „Wir brauchen klare Analysen, um informierte und kluge politische Entscheidungen treffen zu können“, sagte Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU). Politik brauche Hilfe und Beratung wenn es um die Frage geht, wie Konflikte entstehen, sagte René Röspel (SPD).
Von Seiten der Opposition gab es Lob dafür, dass sich Union und SPD dem Thema angenommen haben. Ralph Lenkert (Die Linke) kritisierte jedoch, die Bundesregierung würde jene Ergebnisse der Friedens- und Konfliktforschung, die ihr nicht passten, ignorieren. Auch Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) bemängelte, die Regierung berücksichtige die gewonnenen Erkenntnisse zu wenig. Die Oppositionsfraktionen enthielten sich schlussendlich bei der Abstimmung über den Koalitionsantrag.
CDU/CSU: Träger in der ganzen Breite fördern
Claudia Lücking-Michel sagte zu Beginn der Debatte, die zahlreichen Konflikte auf der Welt hätten niemals nur eine einzige Ursache. Entsprechend könne man ihnen auch nicht nur mit einem einzigen Ansatz begegnen. Benötigte werde daher eine Vielzahl an Expertisen. Die Unionsabgeordnete betonte, bei der Friedens- und Konfliktforschung gehe es auch um Themen, „die uns in Deutschland ganz direkt betreffen“.
Hochaktuell etwa sei das Projekt zur Erforschung des Salafismus in Deutschland, das von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung in den letzten zwei Jahren durchgeführt worden sei. Was die Akteure der Friedens- und Konfliktforschung angeht, so seien diese sehr unterschiedlich, sagte Lücking-Michel und regte an: „Wir sollten auch in Zukunft diese Träger in der ganzen Breite fördern.“
Linke freut sich über den Koalitionsantrag
Ralph Lenkert verwies auf eine wissenschaftliche Studie aus dem Jahre 2012. Diese Studie habe die Entwicklung in Syrien nicht nur nahezu prophetisch vorhergesagt, sondern auch Gegenmaßnahmen vorgeschlagen. „Die Studie stammt von der Bundeswehr“, sagte der Linke-Abgeordnete. Sie sei von der Bundesregierung offenbar nicht beachtet worden.
Über den Antrag der Koalition freue er sich trotzdem, so Lenkert. „Ich habe die Hoffnung, dass Sie vielleicht zukünftig die Ergebnisse der Forschung übernehmen werden, auch wenn in dem Antrag sehr wenig Konkretes steht.“
SPD: Deutschland exzellent aufgestellt
René Röspel betonte, man sei in Deutschland in Sachen Friedens- und Konfliktforschung exzellent aufgestellt. Es gebe viele hervorragende Institute, deren Analysen aber oftmals keine Beachtung fänden. Mit dem vorgelegten Antrag wolle die Koalition einen Impuls setzen, auch um für Kontinuität und Verlässlichkeit in der Friedens- und Konfliktforschung zu sorgen.
„Ich finde, Friedens- und Konfliktforschung sollte so verlässlich finanziert werden, wie es beim Pakt für Innovation geschieht“, sagte der SPD-Abgeordnete. Wenn der Verteidigungsetat um 2,7 Milliarden Euro im Vergleich zu 2016 wachse, „müssten doch ein paar Millionen mehr auch für die Friedens- und Konfliktforschung möglich sein“, befand Röspel.
Grüne: Forschungsergebnisse zur Leitschnur machen
Die Friedens- und Konfliktforschung müsse besser ausgestattet und systematisch gestärkt werden, forderte Kai Gehring. Die Ergebnisse der Forschung müssten zudem stärker in der Regierung auf allen Ebenen Leitschnur werden. Politische Tatkraft und Weisheit könnten dadurch zwar nicht ersetzt werden. „Aber die Forschung kann wichtige Entscheidungshilfen in sehr unsicheren Zeiten geben“, sagte der Grünen-Abgeordnete.
Er wies zugleich auf „eklatante Finanzierungslücken“ bei den Akteuren der Friedens- und Konfliktforschung hin. Diese unsichere Finanzierung sei eine Ursache dafür, dass der wissenschaftliche Nachwuchs in diesem so wichtigen Feld nicht Fuß fassen könne. „Wir dürfen uns den Verlust an Expertise nicht länger leisten“, betonte Gehring.
Koalition setzt auf stärkere Vernetzung untereinander
Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD begründen ihre Initiative damit, dass aufgrund der deutlich angestiegenen sicherheits- und friedenspolitischen Herausforderungen und der enormen Zerstörungswirkung von Konflikten und des daraus resultierenden menschlichen Leids eine größere Unterstützung des Spektrums der Friedens- und Konfliktforschung notwendig sei. Dabei müsse die stärkere Vernetzung untereinander wie auch mit anderen Forschungsfeldern vorangetrieben werden.
In einem europäischen Forschungsraum und in Anbetracht vieler grenzüberschreitender Konflikte sei es nur konsequent, dass die Wissenschaftler der Friedens- und Konfliktforschung international und über Fächergrenzen hinweg noch enger zusammenarbeiten, heißt es im Antrag weiter. Deshalb müsse es ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung sein, in der europäischen Forschungsförderung den Bereich Friedens- und Konfliktforschung aufzuwerten und auszubauen. (hau/20.01.2017)