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Haushalt

Klein: Deutschland erhöht Investitionen erheblich

Ein Mann sitzt in einer Sitzung hinter einem Mikrofon.

Volkmar Klein leitete die Delegation des Bundestages. (© DBT/Marc-Steffen-Unger)

Der Haushaltsexperte Volkmar Klein (CDU/CSU) hält die Forderung der Präsidentin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, Deutschland müsse mehr investieren, für falsch. „Deutschland erhöht die Investitionen gegenwärtig ja erheblich und nutzt dazu die wachsenden Spielräume unseres ausgeglichenen Haushalts.“ Es sei aber fraglich, ob ein zusätzlicher „fiscal stimulus“ in Deutschland zu Wachstum in Portugal führen könnte, sagt Klein, der die Delegation von Abgeordneten des Deutschen Bundestages bei der Herbsttagung von IWF und Weltbank in Washington vom 7. bis 9. Oktober 2016 geleitet hat, im Interview. Einig ist sich der Unionsabgeordnete mit der IWF-Chefin in der Einschätzung, dass die Globalisierung des Handels voranschreiten müsse. „Offene Grenzen und der gemeinsame Markt sind eine entscheidende Basis unseres Wohlstands“, betont Klein. Das Interview im Wortlaut:


Herr Klein, was waren die Schwerpunktthemen bei der IWF-Herbsttagung und den Gesprächen die die von Ihnen geleitete Bundestagsdelegation in Washington geführt hat?

Zentrales Anliegen der Herbsttagung vor IWF und Weltbank waren Wachstumsimpulse und dabei insbesondere der Kampf gegen die extreme Armut in vielen Ländern, vor allem in Afrika. Das ist nicht neu, aber künftig soll die Bekämpfung von externen Wachstumshindernissen mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Themen wie politische Krisen, demografische Entwicklung oder Klimawandel sollen deshalb deutlich stärker berücksichtigt werden. Noch wichtiger ist, dass eine ausreichende Entwicklung nur mit deutlich mehr privaten Investitionen und der Schaffung von Arbeitsplätzen erreichbar ist. Das hat Weltbank-Chef Jim Yong Kim noch einmal nachdrücklich unterstrichen, und er sieht seine Organisation als Katalysator für Investitionen. Aber gerade auch Deutschland hat da viel anzubieten. Beispielsweise haben auch die Sparkassen am Rande der Tagung für ihre Idee des „small and simple“ geworben. Das begünstigt im Übrigen nicht nur eine gute wirtschaftliche Entwicklung, sondern ist auch eine gute Basis für Stabilität im Finanzsektor. Die ist gegenwärtig durch die Zinsstruktur zusätzlich unter Druck. Natürlich war auch Gesprächsthema, inwieweit die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) für das Zinsniveau in Deutschland verantwortlich ist oder wie groß andererseits die Wirkung des Zustroms erheblicher, internationaler Liquidität ist, die auf der Suche nach einem sicheren Hafen in Deutschland angelegt wird.

IWF-Chefin Christine Lagarde hat zuletzt mehr Investitionen der wirtschaftlich starken Länder gefordert. Gerade Deutschland habe noch mehr Spielraum, sagte sie. Hat die IWF-Chefin recht? Sollte Deutschland seine Investitionen erhöhen?

Deutschland erhöht die Investitionen gegenwärtig ja erheblich und nutzt dazu die wachsenden Spielräume unseres ausgeglichenen Haushalts. Es ist aber fraglich, ob ein zusätzlicher „fiscal stimulus“ in Deutschland zu Wachstum in Portugal führen könnte. Eher steigen die Baupreise in Deutschland. Deshalb liegt Frau Lagarde da falsch.

Wie verträgt sich die Forderung nach mehr Investitionen - also Schulden machen - mit der im Finanzmonitor des IWF enthaltenen Feststellung, die Welt sei in einer Schuldenfalle gefangen?

Die immer noch nicht ganz überwundene Krise hat gezeigt, dass Staatsschulden nicht nur ein ethisches Problem im Hinblick auf Generationengerechtigkeit sind, sondern auch aktuell Stabilität gefährden und am Ende Wachstum zerstören können. Deshalb müssen wir weltweit zu mehr Solidität bei den Staatsfinanzen kommen. Die aktuelle Erfahrung in Deutschland zeigt, dass ausgeglichene Haushalte ein starkes Signal von Stabilität und damit Basis für Zukunftsvertrauen und am Ende Investitionen sind. Das ist eine entscheidende Basis für gute wirtschaftliche Entwicklung. Diese Erfahrung geben wir gerne weiter.

Lagarde und Weltbank-Chef Kim haben eindringlich für eine Globalisierung des Handels geworben. Vor allem im Interesse der Entwicklungs- und Schwellenländer sei dies, hieß es. In Deutschland gibt es aber große Proteste gegen internationale Handelsabkommen wie etwa TTIP oder Handelsabkommen zwischen der EU und Afrika, mit dem Verweis darauf, dass diese vor allem international agierenden Unternehmen nutzen und Entwicklungsländer schwächen würden. Wer hat Recht?

Frau Lagarde und Jim Yong Kim haben völlig recht und unsere europäische Erfahrung bestätigt das: Offene Grenzen und der gemeinsame Markt sind eine entscheidende Basis unseres Wohlstands. Die Tatsache, dass es dagegen weiterhin nur minimalen interafrikanischen Handel gibt, wird auch von afrikanischen Experten als wesentliche Barriere für eine bessere Entwicklung dieses Kontinents angesehen. Aber auch die Liefermöglichkeiten Richtung Europa und auf die Weltmärkte insgesamt müssen besser werden. Da können Handelsabkommen helfen. Und der entscheidende Vorteil von TTIP gerade für kleinere und mittlere Firmen besteht ja gerade in der Vereinheitlichung von Standards. Siemens ist groß genug, für unterschiedliche Märkte unterschiedliche technische Standards anzubieten und immer noch wirtschaftlich ausreichende Stückzahlen liefern zu können. Für mittelständische Firmen schon in Deutschland ist das ungleich schwerer. Wirklich wichtig ist TTIP für den Mittelstand und nicht für Weltkonzerne. Und das gilt in vielleicht noch stärkerem Maß für potenzielle Lieferanten aus Schwellenländern, die sich künftig an von TTIP gesetzte Standards halten können und damit international lieferfähig wären.

Stichwort Deutsche Bank. Waren die Probleme des Geldinstitutes Thema in Washington?

Weder IWF noch Weltbank sind für einzelne Institute zuständig. Dennoch wurde das Thema Deutsche Bank natürlich bei einigen Gesprächen angesprochen, und das gilt in noch viel größerem Maße für den Finanzminister. Aber alle dabei gewonnenen Erkenntnisse sind sicherlich nicht geeignet, an dieser Stelle öffentlich diskutiert zu werden.

Vor dem Treffen in Washington gab es auch unterschiedliche Ansichten in Sachen Griechenland-Hilfe zwischen IWF und Deutschland. Der IWF fordert einen erneuten Schuldenschnitt – die Bundesregierung lehnt das ab…

Diese Idee des IWF richtet sich realistisch betrachtet eigentlich nur an den IWF selbst, der entsprechend seiner Regeln für seine Kredite an Griechenland Zinsen von über vier Prozent verlangt. Dagegen gibt der europäische Rettungsschirm ESM seine Konditionen von praktisch null Prozent Zinsen weiter und hat dazu noch für einige Jahre die Tilgung ausgesetzt.

(hau/10.10.2016)