Bayer-Monsanto-Deal stößt auf Skepsis
Die geplante Übernahme des US-Unternehmens Monsanto durch die Bayer AG ist bei einer Aktuellen Stunde am Mittwoch, 21. September 2016, im Deutschen Bundestag überwiegend auf Skepsis, teils auf drastische Ablehnung gestoßen. Der Chemiekonzern mit Sitz in Leverkusen will den umstrittenen Saatguthersteller für umgerechnet knapp 59 Milliarden Dollar kaufen. Die Rekordübernahme, noch nie legte ein deutsches Unternehmen so viel Geld für ein solches Vorhaben auf den Tisch, trieb den Abgeordneten aus vielfältigen Gründen Sorgenfalten auf die Stirn.
Linke: Einseitige Kontrolle über Saatgut und Pestizide
Insbesondere die Redner der Fraktion Die Linke skizzierten ein Horrorszenario als mögliche Folge der Fusion, die noch von zahlreichen Kartellbehörden abgesegnet werden muss. Die Aussichten, dass ein „Superkonzern“ durch die Kontrolle über Saatgut und Pestizide die „Ernährung der Weltbevölkerung“ in der Hand habe, mache ihr Angst, sagte Linke-Abgeordnete Eva Bulling-Schröter. Es handle sich um eine „massive Bedrohung“. Das Geschäftsmodell des Konzernes werde das Ende der Artenvielfalt bedeuten und Bauern in Armut treiben. Mit Hilfe des Freihandelsabkommens TTIP könnte der Konzern zudem den Weg für das in der EU umstrittene Pflanzengift Glyphosat sowie Gentechnik frei machen. Sie erwarte, dass die Kartellbehörden einschreiten, sagte Bulling-Schröter.
Ihr Fraktionskollege Niema Movassat rief die Bundesregierung dazu auf, in der Entwicklungszusammenarbeit auf die Kooperation mit Konzernen wie Bayer zu verzichten. Movassat macht das Geschäftsgebaren der Saatguthersteller und Co. zudem für den Selbstmord von „300.000 Kleinbauern“ in Indien in den vergangenen 20 Jahren verantwortlich, „weil sie die Kredite bei den Agrarkonzernen nicht mehr bedienen konnten“.
Grüne: Kartellbehörden müssen sehr genau hinschauen
Weniger drastisch, aber ebenfalls kritisch gingen die Grünen, die die Aktuelle Stunde beantragt hatten, mit der geplanten Übernahme ins Gericht. Die Grünen-Abgeordnete Katharina Dröge warnte vor den Folgen für Verbraucher, Umwelt und Bauern durch die Fusion. Dröge mahnte die Kartellbehörden ebenfalls, „sehr genau hinzuschauen“. Sie warnte vor einer zu verengten, altmodischen Sichtweise im Kartellrecht und ging damit gegen das Argument an, dass eine Fusion unproblematisch sein könnte, weil Bayer und Monsanto in unterschiedlichen Märkten agieren. Doch der Konzern wolle genau ein Koppelprodukt aus Saatgut und Pestizid erreichen, was die Marktmacht in beiden Märkten steigern würde, sagte Dröge. Es müsse daher über eine Reform des Wettbewerbsrechts auf europäischer und möglicherweise nationaler Ebene nachgedacht werden, um die Fusion zu verhindern.
Dr. Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, dass Saatgut die „genetische Grundlage unserer Welt“ sei und Konzentrationstendenzen auf dem Markt daher aufmerksam zu verfolgen seien. Der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland zeige bereits, was ein Oligopol anrichte, sagte Ebner mit Blick auf den Preisverfall bei landwirtschaftlichen Produkten. Durch die Fusion könnten Bauen künftig von zwei Seiten in die Zange benommen werden, warnte der Grünen-Abgeordnete.
SPD: Nachteil für die nachhaltige Landwirtschaft
Elvira Drobinski-Weiß (SPD) fürchtete, dass durch die Übernahme der Einsatz für die „nachhaltige Landwirtschaft“ verpuffe. Sie sei „höchst besorgt“ über die Fusion. Sie bezweifele, dass der hohe Kaufpreis durch tatsächliches nachhaltiges Handeln des Konzernes wieder hereinkommen könne. Gerade Monsantos Geschäftsmodell sei „von allem entfernt, was tatsächlich nachhaltig ist“. Entsprechend müssten die Behörden den Deal genau beobachten.
Ihr Fraktionskollege Rainer Spiering (SPD) problematisierte insbesondere Monsantos Rolle im Bereich „Smart Farming“. Das Unternehmen sei eine „Datenkrake“. „Jetzt ist der Fuchs im Hühnerstall“, mahnte Spiering und forderte Überlegungen, wie damit umgegangen werden könne. In Hinblick auf die Einlassungen einiger Redner mahnte der Sozialdemokrat indes zur Zurückhaltung bei der „Kriegsrhetorik“.
CDU/CSU: Trotz Skepsis auch Chancen sehen
Bei den Rednern der Union mischten sich Skepsis mit Zurückhaltung vor einer zu scharfen Bewertung. Hermann Färber (CDU/CSU) griff ebenfalls die Bedenken der Bauern auf, die schon mit der Konzentration bei den Lebensmittelhändlern zu kämpfen hätten. Die überwiegend kleinteilige deutsche Landwirtschaft könnte so zwischen „zwei große Mühlensteine“ geraten, warnte Färber.
Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) hingegen verwies darauf, dass erst mal die Prüfung durch die Kartellbehörde anstehe. Politischer Druck auf diese sollte vermieden werden, aber durch die Aktuelle Stunde passiere genau das Gegenteil. Heider konnte der geplanten Fusion zudem Positives abgewinnen, liege es doch im „nationalen Interesse“, dass sich ein „Vorzeigeunternehmen“ wie Bayer, das sich den europäischen Standards verpflichtet fühle, in diesen Märkten engagiere. Zudem brauche es in einer Welt, die von immer mehr Menschen bevölkert werde, auch Lösungen, wie diese ernährt werden können. „Integrierte Lösungen“ könnten dazu einen guten Beitrag leisten. Die Fusion böte zudem im Bereich Forschung und Entwicklung Chancen für den Standort Deutschland, sagte Heider.
Dr. Kristina Schröder (CDU/CSU) warf der Opposition vor, Unternehmen, eine ganze Branche und Technologie zu dämonisieren. Das sei naiv, verantwortungslos und dekadent. Gentechnik böte beträchtliche Chancen, gerade moderne Varianten wie das „Genom Editing“. Es sei daher wünschenswert, wenn es mal wieder eine Technologie gebe, wo Deutschland vorangehe und sich nicht „ängstlich wegduckt“, sagte die ehemalige Familienministerin. (scr/21.09.2016)