Vor 50 Jahren: Trauer um Marie-Elisabeth Lüders
Am Mittwoch, 23. März 2016, jährt sich der Todestag von Dr. Dr. h.c. Marie-Elisabeth Lüders zum 50. Mal. Marie-Elisabeth Lüders zählt zu den Abgeordneten, die sowohl dem Reichstag der Weimarer Republik als auch dem Deutschen Bundestag angehörten. Dem Bundestag gehörte die FDP-Politikerin aus Berlin von 1953 bis 1961 an. Als Alterspräsidentin eröffnete sie die konstituierenden Sitzungen des Parlaments am 6. Oktober 1953 und am 15. Oktober 1957. Marie-Elisabeth Lüders starb am 23. März 1966 nach schwerer Krankheit im Alter von 87 Jahren. Heute erinnert vor allem das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus des Bundestages am rechten Spreeufer gegenüber dem Reichstagsgebäude an die Parlamentarierin, die sich vor allem für die Gleichberechtigung der Frau eingesetzt hatte.
Kampf für Gleichberechtigung der Frau
Marie-Elisabeth Lüders wurde am 25. Juni 1878 in Berlin geboren. Nach dem Besuch der höheren Töchter- und der wirtschaftlichen Frauenschule bereitete sie sich zwischen 1906 und 1910 auf das Abitur vor und studierte zugleich Nationalökonomie an der Universität Berlin, wo sie 1912 als erste Frau in Deutschland zum Dr. rer. pol. promoviert wurde. Bereits 1909 gründete sie den „Verband für handwerksmäßige und fachgewerbliche Ausbildung der Frau“ und übte von 1912 bis 1918 mehrere leitende Funktionen in der Sozial- und Frauenarbeit aus.
Seit November 1918 Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei, rückte Marie-Elisabeth Lüders im August 1919 für den verstorbenen Friedrich Naumann in die Verfassunggebende Nationalversammlung nach. In den Jahren 1920/21 und von 1924 bis 1930 war sie Mitglied des Reichstages, wo sie für die Gleichberechtigung der Frau kämpfte und für eine Verbesserung der Situation der Arbeitslosen, für den Kinder- und den Jugendschutz und eine Reform des Strafrechts eintrat.
Berufs- und Publikationsverbot in der NS-Zeit
1933 belegten die Nationalsozialisten Marie-Elisabeth Lüders mit einem Berufs- und Publikationsverbot. 1937 wurde sie für vier Monate in Einzelhaft gesetzt, aus der sie nach Protesten von internationalen Frauenorganisationen und Mitgliedern des Diplomatischen Corps freikam.
In den Jahren 1948/49 war Marie-Elisabeth Lüders als Mitglied der Berliner LDP/FDP Stadtverordnete und ab 1949 zwei Jahre lang Stadträtin für Sozialwesen, als welche sie sich große Verdienste um dem Wiederaufbau der Fürsorge und der ärztlichen Versorgung erwarb.
Zweifache Alterspräsidentin des Bundestages
„Es ist nicht mein Verdienst, dass ich heute, einem alten Brauch folgend, an dieser Stelle stehe“, bekannte sie in ihrer Funktion als Alterspräsidentin des Bundestages. Denn sie war nach Konrad Adenauer (CDU) lediglich die zweitälteste Abgeordnete. Als amtierender Bundeskanzler hatte Adenauer, dem das Amt des Alterspräsidenten eigentlich zugefallen wäre, auf dieses Recht verzichtet.
Wie ihr Vorgänger im Amt des Alterspräsidenten, Paul Löbe (SPD), war auch sie Berliner Abgeordnete und gehörte zu den Parlamentariern, die sich bereits vor der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 aktiv für die Demokratie eingesetzt hatten.
Wiedervereinigung als „unser aller höchstes Ziel“
In ihrer Eröffnungsrede vom 6. Oktober 1953 als Alterspräsidentin des Bundestages sagte sie: „Wir haben noch kein gesamtdeutsches Parlament; aber wir werden es bekommen.“ Gleichzeitig äußert sie die Hoffnung, „dass der nächste Alterspräsident in der früheren Hauptstadt Berlin wieder den Deutschen Reichstag – oder wie immer er heißen mag – wird eröffnen können“.
Als sie vier Jahre später, am 15. Oktober 1957, erneut die konstituierende Sitzung des Bundestages in der West-Berliner Kongresshalle eröffnete, war dieser Wunsch noch nicht in Erfüllung gegangen. Für die Berliner Abgeordnete war die alte Reichshauptstadt der richtige Ort, die Bedeutung der Wiedervereinigung als „unser aller höchstes Ziel“ und als Garant des inneren und äußeren Friedens hervorzuheben.
Eine der bedeutendsten Sozialpolitikerinnen
Bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag 1961 blieb die Sozialpolitik ihr Arbeitsgebiet. Mehrmals regte sie Gesetzesinitiativen in der Sozial-, Gesundheits- und Frauenpolitik an. Sie widmeet sich erneut frauenpolitischen Themen und ergriff mehrmals die Initiative in Gesetzgebungsfragen, so etwa bei der sogenannten „Lex Lüders“ zur Regelung der rechtlichen Stellung einer mit einem Ausländer verheirateten Deutschen.
Bis heute gehört sie zu den bedeutendsten Sozialpolitikerinnen und wichtigsten Vertreterinnen der Frauenbewegung in Deutschland. (vom/klz/18.03.2016)