+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Jugend

„Soldatenberuf ist kein Job wie jeder andere“

Rekruten der Bundeswehr

Die minderjährigen Rekruten bei der Bundeswehr beschäftigten die Kinderkommission. (© dpa)

Auch Minderjährige dienen bereits als Soldaten bei der Bundeswehr. Haben sie Interesse an einer Karriere bei Heer, Luftwaffe oder Marine, können Deutsche ab dem 17. Lebensjahr eine Ausbildung bei der Bundeswehr beginnen und Dienst an der Waffe tun. Über Jugendliche als Zielgruppe der Nachwuchsgewinnung der Streitkräfte und die Lage von minderjährigen Rekruten bei der Bundeswehr hatte die Kinderkommission des Bundestages am Mittwoch, 27. Januar 2016, zu einem öffentlichen Expertengespräch geladen.

„Gewissenhafte Karriereberatung“

Sowohl die geladenen Experten als auch die Kommissionsmitglieder waren sich darin einig, dass der Beruf des Soldaten kein Job wie jeder andere ist. Er sei mit einem hohen Prestige, mit einer großen Verantwortung, aber auch mit enormen Belastungen für Leib und Seele verbunden. Minderjährigen als Angehörigen der Streitkräfte müsse darüber hinaus besondere Aufmerksamkeit und besonderer Schutz zuteilwerden.

Christian Nachtwey vom Bundesverteidigungsministerium präsentierte die Bundeswehr als verantwortungsvollen Arbeitgeber und führte aus, welche spezifischen Bedingungen für jugendliche Rekruten gelten: Die Bundeswehr führe eine gewissenhafte Karriereberatung durch. Nur nach Bestehen eines strengen und gründlichen Auswahlverfahrens und mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten werde ein Dienstverhältnis geschlossen.

„Die jungen Menschen stehen nicht allein.“ Minderjährige nähmen zudem nicht an Auslandseinsätzen teil. „Wir möchten interessierten und qualifizierten Jugendlichen eine Ausbildung in der Bundeswehr ermöglichen“, sagte Nachtwey. Etwa 1.300 17-Jährige dienten 2015 in der Bundeswehr.

Vieldiskutierte Altersgrenze

Dagegen plädierten die beiden anderen Referenten dafür, das Eintrittsalter für die Bundeswehr auf 18 Jahre heraufzusetzen und führten dazu die Empfehlungen des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes an Deutschland an. Als Vertreter einer Kinderrechtsorganisation betrachte er den Dienst von Minderjährigen an der Waffe aus einer globalen Perspektive, sagte Frank Mischo von der Kindernothilfe e.V.

Zwangsrekrutierte Kindersoldaten und der Freiwilligendienst in Deutschland seinen zwar zwei völlig unterschiedliche Dinge. Aber Deutschland wirke unglaubwürdig, verliere seine Vorbildfunktion, wenn es sich entsprechend dem UN-Aktionsplan gegen Kindersoldaten weltweit für die Demobilisierung von Unter-18-Jährigen in Konflikten einsetze, seine eigenen Streitkräfte aber selber Minderjährige verpflichteten. Die deutsche Ausnahmeregel sei zwar nicht rechtswidrig, wiederspreche aber dem Geist der UN-Kinderrechtskonvention, sagte Ralf Willinger vonterre des hommes. Nur noch wenige Industrieländer rekrutierten Minderjährige.

Werbemaßnahmen der Bundeswehr in der Kritik

Willinger ging vor allem auf die Werbekampagnen der Bundeswehr um junge Leute ein und schloss sich den UN-Empfehlungen an, diese ganz zu verbieten. Das Marketing der Bundeswehr ziele klar auf Minderjährige, wie die Kooperation mit der Zeitschrift Bravo oder Anzeigen in Schülerzeitungen zeigten. Er sehe vor allem die Besuche von Soldaten an Schulen sehr skeptisch. Es handele sich um einseitige Werbung für die Bundeswehr, die Friedenserziehung komme dagegen zu kurz und bleibe unstrukturiert.

Meist würden bei den Präsentationen der Bundeswehr das Berufsbild des Soldaten zu positiv dargestellt und falsche Erwartungen bei den Jugendlichen geweckt: Während an die Abenteuerlust appelliert werde, würden die Risiken und Einschränkungen des Soldatenberufs ausgeblendet oder nur pauschal erwähnt: von der Beeinträchtigung der Gesundheit bis zum Verzicht auf ein normales Privatleben.

Probleme des Jugendschutzes erörtert

Die Runde diskutierte außerdem über die Probleme des Jugendschutzes, wie sie sich vor allem bei dem gemeinsamen Dienst und der gemeinsamen Unterbringung Minderjähriger und älterer, männlicher und weiblicher Soldaten ergäben. Es herrschte unter allen Teilnehmern Einigkeit, ein hohes Schutzniveau zu erhalten und wo immer möglich, Verbesserungen vorzunehmen, um sexuellen Übergriffen vorzubeugen.

Willinger plädierte dafür, junge Menschen erst im reiferen Alter von 18 vor die Berufsentscheidung zum Dienst bei der Bundeswehr zu stellen. Beate Walter-Rosenheimer (Bündnis 90/Die Grünen) schloss sich dem an und fragte, warum denn die Bundeswehr so sehr an diesem einen Lebensjahr festhalte.

„In harter Konkurrenz mit anderen Anbietern“

Darauf könne man nicht verzichten, wandte Christian Nachtwey ein. Auch als besonderer Arbeitgeber stehe man in harter Konkurrenz mit anderen attraktiven Anbietern auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und wolle Jugendlichen genauso seine Angebote machen. Oft vergingen im Übrigen zwischen der Erstansprache und dem Dienstantritt mehrere Monate, sodass die Anwärter bei Dienstantritt immer fast schon volljährig seien.

Die Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder (Kinderkommission) ist ein Unterausschuss des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Seine Mitglieder wachen über die Berücksichtigung der Rechte und Interessen von Kindern und Jugendlichen in Politik und Gesellschaft. (ll/28.01.2016) 

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Frank Mischo, Referent Advocacy- und Öffentlichkeitsarbeit, Kindernothilfe e.V.
  • Ralf Willinger, Referent Kinderrechte, terre des hommes
  • Christian Nachtwey, Bundesministerium der Verteidigung