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Gesundheit

Vogler fragt nach Krankenkassenbeiträgen

Kathrin Vogler (Die Linke)

Kathrin Vogler (Die Linke) (© DBT/Unger)

Gesetzliche Krankenkassen wie die Barmer, die Techniker und die Deutsche Angestellten-Krankenkasse haben es bereits angekündigt, andere werden folgen: Im kommenden Jahr steigen ihre Beiträge. Millionen gesetzlich Versicherte müssen damit rechnen, ab Januar mehr für ihre gesetzliche Krankenversicherung zu zahlen. Als „ungerecht“ kritisiert Kathrin Vogler, Sprecherin für Arzneimittelpolitik und für Patientenrechte der Fraktion Die Linke, insbesondere die geplante Erhöhung der Zusatzbeiträge. In der Fragestunde des Bundestages (18/6996) am Mittwoch, 16. Dezember 2015, erkundigt sie sich, was die Bundesregierung gegen die einseitige Belastung der Versicherten unternehmen will. Denn die von vielen gesetzlichen Krankenkassen erhobenen Zusatzbeiträge werden nicht zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen, sondern allein von den Versicherten. Im Interview spricht sich Vogler für eine Wiederherstellung der Parität aus. Ohnehin würden die Versicherten schon jetzt unter anderem durch vielfältige Zuzahlungen über Gebühr belastet, so die Abgeordnete aus Steinfurt. „Das ist eine Schieflage, die nicht länger hinzunehmen ist.“ Das Interview im Wortlaut:


Frau Vogler, die großen gesetzlichen Krankenkassen werden ihre Beiträge erhöhen. Wieso eigentlich – haben sie nicht in den vergangenen Jahren teils sehr hohe Überschüsse erwirtschaftet?

Ja, dennoch war Beitragserhöhung schon länger absehbar. Sie hat auch mit politischen Entscheidungen zu tun, die in dieser Legislaturperiode getroffen wurden. Nehmen wir zum Beispiel das Präventionsgesetz: Die darin vorgeschriebenen Investitionen der Krankenkassen in Gesundheitsförderung und Prävention werden zum großen Teil über die Beiträge der Versicherten finanziert. Gleiches gilt für den Ausbau der Patientenberatung, den Strukturfonds für die Krankenhäuser oder die Telematikinfrastruktur mit der neuen Gesundheitskarte. Durch diese Reformen wachsen die Ausgaben der Krankenkassen, die diese wiederum mit erhöhten Beiträgen zu decken versuchen.

Besonders betroffen sind davon die Versicherten. Denn erhöht wird auch der Zusatzbeitrag, der allein von ihnen zu tragen ist.

Das finden wir auch nicht gerecht. Und es zeigt, dass die gesetzliche Krankenversicherung ein grundsätzliches Problem hat. Sie finanziert sich ausschließlich über die Beiträge auf sozialversicherungspflichtige Einnahmen, die gesamtgesellschaftlich sinken – das belegt die Entwicklung der Lohnquoten ganz deutlich. Anders ist es mit den Einnahmen aus Unternehmertätigkeit, Kapitalerträgen, Mieten und Pachten: Diese steigen, werden aber nicht als Grundlage für die Krankenkassenbeiträge herangezogen. Deswegen befürworten wir Linken die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung, bei der alle Einkommensarten zur Finanzierung einbezogen werden.

Eigentlich wollte die schwarz-gelbe Regierung mit der Einführung des Zusatzbeitrags 2011 den Wettbewerb unter den Krankenkassen fördern. Sehen Sie den Nutzen?

Wettbewerb an sich ist noch kein positiver Nutzen. Man muss prüfen, ob er sich für die Versicherten und Patienten positiv auswirkt – und das können wir beim besten Willen nicht erkennen. Der Wettbewerb hat bei den Kassen zu Fehlentwicklungen geführt. So mehren sich zum Beispiel die Beschwerden darüber, dass unter der Überschrift „Krankengeldmanagement“ versucht wird, Zahlungen zu minimieren – etwa, indem krankgeschriebene Versicherte überredet werden, wieder arbeiten zu gehen oder längerfristig Krankgeschriebenen gar nahegelegt wird, die Krankenkasse zu wechseln. Die gesetzlichen Krankenversicherungen haben inzwischen fast die Denkweise von privaten Versicherungsunternehmen übernommen: Sie werben mit dem Geld, das sie über die Krankenkassenbeiträge einnehmen, um junge, gesunde Versicherte und versuchen sich negativer Risiken zu entledigen. Der Wettbewerb hat also kaum Nutzen für die Versicherten. Im Gegenteil: Er hebelt die Solidarität aus und geht zulasten von kranken und älteren Menschen. 

Dann stimmen Sie der Kassenärztliche Vereinigung zu, die kritisierte, dass der Preiskampf dazu führe, dass die Krankenkassen – um günstiger als die Konkurrenz zu sein – an den eigentlichen Bedürfnissen der medizinischen Versorgung vorbeiplanen?

Ja, das muss man nüchtern so feststellen.

Sie fragen die  Bundesregierung, mit welchen Ideen sie gegen die steigenden Zusatzbeiträge vorgehen will. Die SPD verlangt bereits, zur Parität zurückzukehren – also einem gleich hohen Beitragssatz für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Wäre das auch Ihre Forderung?

Langfristig befürworten wir, wie gesagt, eine solidarische Bürgerversicherung. Aber kurzfristig wäre die Wiederherstellung der Parität auch unsere Forderung, denn von einer fairen Verteilung der Lasten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sind wir weit entfernt – das liegt nicht nur an den Zusatzbeiträgen, sondern auch an den vielfältigen Zuzahlungen etwa zu Arzneimitteln oder Krankenhausaufenthalten, die die Versicherten zu leisten haben. Auch Aufwendungen, die nicht mehr zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehören, wie die Sehhilfen, belasten die Versicherten über Gebühr. Schon heute müssen sie ungefähr zwei Drittel der Gesundheitskosten aufbringen, Arbeitgeber und Rentenkassen nur ein Drittel. Das ist eine Schieflage, die nicht länger hinzunehmen ist.

(sas/15.12.2015)