Bund entlastet Kommunen bei Flüchtlingsausgaben
Der Bundestag hat am Donnerstag, 5. November 2015, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein zweites Nachtragshaushaltsgesetz (18/6090, 18/6447) in der vom Haushaltsausschuss geänderten Fassung (18/6580, 18/6581) mit großer Mehrheit zugestimmt. Für den Nachtragsetat stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD; Die Linke votierte dagegen, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich. Danach sollen die Ausgaben des Bundes in diesem Jahr um 5,3 Milliarden Euro auf 306,9 Milliarden Euro steigen.
Kosten der Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern
Die Ausgabenerhöhung dient vor allem der Finanzierung der Kosten für Aufgaben im Zusammenhang mit der steigenden Anzahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Nach dem Gesetzentwurf sollen die Länder und Kommunen im Jahr 2015 dafür insgesamt zwei Milliarden Euro erhalten. Bisher waren dafür eine Milliarde Euro vorgesehen.
Weitere fünf Milliarden Euro sollen in eine Rücklage zur Finanzierung von Belastungen des Bundes fließen, die durch die strukturelle, dauerhafte und dynamische Beteiligung des Bundes an den Kosten der Länder und Kommunen und durch die Aufwendungen im Bundesbereich entstehen. Gespeist werden soll diese Rücklage aus den in diesem Jahr zu erwartenden Überschüssen im Bundeshaushalt.
Zuwendung für den Energie- und Klimafonds
Im Entwurf des zweiten Nachtragshaushalts für dieses Jahr ist zudem eine Zuwendung von 1,3 Milliarden Euro für den ,,Energie- und Klimafonds„ enthalten. Außerdem sollen 2015 für Programmausgaben nicht benötigte Zuweisungen an den Fonds in Höhe von 200 Millionen Euro in die Rücklage des Fonds fließen. Neben den Überschüssen in diesem Jahr erwartet die Bundesregierung Mehreinnahmen unter anderem aus den Erlösen aus der Versteigerung der Funkfrequenzen (Digitale Dividende II) in Höhe von knapp 3,8 Milliarden Euro und geringere Zinsausgaben. Daher müssen laut Nachtrag trotz der Mehrausgaben in diesem Jahr keine neuen Kredite aufgenommen werden.
Bei den Beratungen wurden unter anderem Mittel für humanitäre Maßnahmen im Ausland, für das Bundeskriminalamt, das Technische Hilfswerk und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhöht.
,,Bund, Länder und Gemeinden müssen zusammenarbeiten“
Für die CDU/CSU-Fraktion wies Norbert Brackmann darauf hin, dass der Nachtragsetat der Länder und Kommunen größere Spielräume zur Bewältigung der Flüchtlingskrise gebe. So würden die Länder und Kommunen um zwei Milliarden Euro entlastet. Zusätzlich gebe es eine Rücklage von fünf Milliarden Euro für das kommende Jahr. Außerdem würden die Mittel für Wohnraumförderung auf eine Milliarde Euro verdoppelt. Diese Zusagen könne der Bund einhalten, ohne die ,,schwarze Null„ zu verlassen.
Die Flüchtlingskrise sei eine gesamtstaatliche Aufgabe, deshalb müssten die Länder und Kommunen auch in die Pflicht genommen werden. Brackmann wies darauf hin, dass der Bund schon 115.000 Plätze zur Verfügung gestellt hätte. Gleichzeitig würden ab nächstem Jahr die Länder für jeden Flüchtling 670 Euro pro Monat erhalten. Dies sei für die Länder ein gutes Geschäft, da der Bund schon große Teile der Vollkosten bereitstelle. Um diese ,,größere Krise“ zu bewältigen, sei die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden notwendig.
,,Kleingeistig und halbherzig„
Roland Claus (Die Linke) hielt den Nachtragsetat für kleingeistig und halbherzig. ,,Vor aller humanitären Hilfe steht die schwarze Null“, betonte er. Die derzeitige Krise sei eine enorme Herausforderung von gesellschaftspolitischer Dimension. Daran gemessen sei der Nachtrag gescheitert.
Es habe auch bisher zu wenig Lehrer und bezahlbare Wohnungen gegeben. Die soziale Ungerechtigkeit sei auch bisher groß. Deshalb müsse die Einnahmenseite unter anderem durch gerechtere Besteuerung von Superreichen verbessert werden.
,,Wir helfen diejenigen, die helfen„
Die Große Koalition zeige mit dem Nachtragsetat, dass sie den Haushalt trotz der Krise vernünftig gestalten könne, sagte der SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs. Deshalb würden die Mittel aufgestockt und Rücklagen gebildet. Außerdem gebe es konkrete Hilfe unter anderem für das Technische Hilfswerk und die Bundespolizei. ,,Wir helfen diejenigen, die helfen“, sagte er.
Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass jetzt schon mehr Flüchtlinge in Deutschland seien, als Ende September erwartet wurden. Deshalb schlug sie vor, die Integration schon jetzt entschlossen anzugehen und mehr Mittel für Sprachkurse bereitzustellen. Damit könne nicht bis Anfang Januar gewartet werden. ,,Die Integrationsmittel müssen jetzt nachgebessert werden„, forderte sie.
Koalitionsinitiativen angenommen
Der Bundestag nahm einen Entschließungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und SPD (18/6588) an, in dem diese forderten, dass die Länder über die Verwendung der Mittel regelmäßig den Bundestag unterrichten sollten.
Ebenfalls nahm der Bundestag einen Antrag der Koalitionsfraktionen (18/6062, 18/6582) an, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die kommunalfreundliche Politik des Bundes ,,konsequent“ fortzusetzen. Deshalb soll die Bundesregierung den Entwurf eines Bundesteilhabegesetzes zur Reform der Eingliederungshilfe in den Arbeitsmarkt so vorlegen, dass das Bundesteilhabegesetz möglichst am 1.Januar 2017 in Kraft treten kann.
Oppositionsanträge abgelehnt
Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen lehnte der Bundestag auch den Antrag der Linken (18/3051) ab, durch den die Kommunen von der Pflicht befreit werden sollten, sich mit einem Drittel an den Kosten für Signal- und Sicherungsanlagen sowie Überführungsbauwerke an Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen, aber auch an der Beseitigung von Kreuzungen, zu beteiligen. Das Parlament folgte einer Empfehlung des Verkehrsausschusses (18/6570).
Abgelehnt wurde schließlich auch ein Antrag der Grünen (18/6069, 18/6582) ab, in dem die Abgeordneten eine dauerhafte und strukturelle Entlastung für Kommunen in Not fordern. Dazu solle die Bundesregierung einen Vorschlag für einen nachhaltigen Abbau der bestehenden kommunalen Altschulden vorlegen und die hohe Belastung finanzschwacher Kommunen durch soziale Pflichtabgaben über eine Bundesbeteiligung an der Eingliederungshilfe in Höhe von fünf Milliarden Euro senken, lautete die Forderung der Fraktion. (mik/05.11.2015)