Sozialpädagoge von den Fildern: Matthias Gastel
Seit mehr als 25 Jahren ist Matthias Gastel Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Als er im Jahr des Mauerfalls in die grüne Partei eintrat, war er gerade einmal 18 Jahre jung. Umweltthemen fand der in Stuttgart geborene Politiker schon als Schüler spannend, deshalb wurde er schon vor 30 Jahren Mitglied bei Greenpeace. Seit September 2013 ist der Sozialpädagoge einer von 63 Abgeordneten der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und vertritt seine Fraktion im Verkehrsausschuss des Bundestages.
Mit 17 Jahren Jugendgemeinderat in Filderstadt
Für Politik hat sich Matthias Gastel schon als Schüler interessiert. Er engagierte sich bereits mit 17 Jahren im Jugendgemeinderat in Filderstadt, bevor er 1989 die Parteipolitik für sich entdeckte und den Grünen beitrat. Ihm war sehr früh klar: Wenn er politisch etwas bewirken will, dann reicht es nicht, dass er sich in Organisationen oder Verbänden engagiert.
„Grundsätzliche Veränderungen in der Gesellschaft kann nur eine Partei bewirken, weil sie eine Vielzahl von Themen bündeln und in der Breite agieren kann. Die Grünen lagen sehr nahe an meinen eigenen politischen Ansichten, deshalb bin ich eingetreten. Mein Engagement galt aber schon damals nicht allein dem Umweltschutz. Ich nahm sehr früh an Friedensdemonstrationen teil und arbeitete ab 1990 in der Landesarbeitsgemeinschaft Frieden meiner Partei mit“, begründet Matthias Gastel seine damalige Entscheidung.
Nach Ausbildung und Zivildienst Aufbau der Grünen Jugend
Nach einer Ausbildung zum Außenhandelskaufmann absolvierte Matthias Gastel 15 Monate Zivildienst in einem Kinderheim und besuchte anschließend ein Berufskolleg, um die Fachhochschulreife zu erwerben. Neben einer weiteren Berufsausbildung zum Altenpflegehelfer hatte er Anfang der 1990er Jahre parteipolitisch eine Vielzahl von Ämtern inne.
Der junge Politiker war im Orts- und im Kreisvorstand der Grünen aktiv und wurde 1994 zum Stadtrat in Filderstadt gewählt. „Ich konnte in dieser Zeit kommunalpolitisch viele Erfahrungen sammeln, habe die Grüne Jugend in Baden-Württemberg mit aufgebaut und war drei Jahre lang im Landesvorstand aktiv“, sagt der Abgeordnete.
Studium der Sozialpädagogik
Im Jahr 1996 wurde Matthias Gastel persönlicher Mitarbeiter von gleich zwei Landtagsabgeordneten in Baden-Württemberg und begann etwa zur gleichen Zeit ein Studium der Sozialpädagogik, das er als Diplom-Sozialpädagoge abschloss. Die 1990er Jahre empfand er als enorm intensiv, die Liste der politischen Ämter, die Matthias Gastel ehrenamtlich ausübte, war lang.
Tausendsassa nennt der Duden einen vielseitig begabten Menschen, der viele Dinge auf den Weg bringt. Die Bezeichnung trifft auf Matthias Gastel sicher zu. Neben seinen vielen Ehrenämtern machte sich der Sozialpädagoge im Jahr 2006 selbstständig und gründete eine Zeitarbeits- und Personalvermittlungsfirma für Fachkräfte im sozialen Bereich. Er sagt: „Ich war bis 2012 selbstständiger Unternehmer und habe in diesen sechs Jahren mehr als 400 Arbeitnehmer in soziale Berufe vermittelt. Sozialpädagogen, Erzieher, Kranken- und Altenpfleger sowie Heilerziehungspfleger wurden von mir an Kindertagesstätten, Einrichtungen der Jugend- und der Behindertenhilfe, an Kliniken, Altenheime und ambulante Pflegedienste vermittelt. Ich war Praxisanleiter in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern.“
Zweitkandidat zur Landtagswahl 2011
Mehr als 15 Jahre lang war Matthias Gastel Mitglied des Kreistages in Esslingen. Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2011 war er neben Winfried Kretschmann Zweitkandidat der Grünen. Kretschmann wurde damals zum ersten grünen Ministerpräsidenten in Deutschland gewählt. Ein Achtungserfolg, auch für Matthias Gastel, der den Wahlkampf von Kretschmann intensiv vorbereitet und begleitet hatte.
„Der Landtagswahlkampf war für mich eine intensive und positive Erfahrung, und die Freude über den Wahlerfolg der Grünen war unbeschreiblich. Damals nahm ich mir vor, eine weitere Kandidatur anzustreben und einen Wahlkampf für mich zu organisieren“, sagt der Politiker.
2013 auf Platz zehn der Landesliste
Im Jahr 2013 bekam Matthias Gastel die Chance, sich als Bundestagskandidat zu bewerben. Er erinnert sich: „Zunächst musste ich meine Partei im Wahlkreis Nürtingen überzeugen, dann bewarb ich mich um Platz zehn auf der Landesliste und konnte mich gegen zwei Mitbewerber durchsetzen. Platz zehn war zu diesem Zeitpunkt ein sehr komfortabler Listenplatz, denn in den Prognosen lagen wir bei einem Wahlergebnis von 14 Prozent. In den letzten Tagen vor der Bundestagswahl wurde die Prognose fast täglich nach unten korrigiert, und wir ahnten, dass wir unser Wahlziel nicht erreichen würden.“
Im Wahlkampf spürte Matthias Gastel schon den Gegenwind der Bürger. Warum die Grünen die Steuern und nicht Themen wie Umweltschutz, Gentechnik und ökologische Landwirtschaft thematisierten, verstanden viele Wähler nicht. „Aber als Wochen vor dem Wahlsonntag die Debatte um die Pädophilen hochkochte und die Schlagzeilen beherrschte, war das für uns ein Desaster. Da merkten wir im Wahlkampfteam, dass sich ein Trend gegen die Grünen in Gang setzte, der nicht zu stoppen war. Für viele Bürger war das Thema abstoßend, und das war es auch für mich.“
Für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs
Nach der ersten Hochrechnung stand den Grünen in allen Bundesländern die Enttäuschung im Gesicht. Mit einem mageren Wahlergebnis von 8,4 Prozent hatte niemand gerechnet. „Dass ich es in meinem Wahlkreis mit einem Ergebnis von 9,9 Prozent in den Bundestag geschafft hatte, erfuhr ich erst am Montag nach der Bundestagswahl“, sagt Gastel.
Als die Entsendung der Abgeordneten in die einzelnen der Ausschüsse des Bundestages auf die Tagesordnung kam, schickte die Fraktion Matthias Gastel in den Verkehrsausschuss. „Es war mein Wunschausschuss, denn mir liegt ein leistungsfähiger, umweltfreundlicher und attraktiver öffentlicher Nahverkehr sehr am Herzen. Ein kluger Ausbau des öffentlichen Verkehrs gehört zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik, für die wir in Deutschland Innovationen und effizientere Strukturen brauchen. Die Verkehrsanteile auf der Schiene müssen deutlich erhöht werden, und die Deutsche Bahn sollte einer besseren parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Dafür will ich mich im Verkehrsausschuss einsetzen“, sagt der Abgeordnete. (bsl/04.05.2015)