Musiklehrer aus Brandenburg: Harald Petzold
Harald Petzold ist Diplomlehrer für Musik und Deutsch und ein Politiker mit großer parlamentarischer Erfahrung. Er kennt das politische Geschäft seit 25 Jahren, war zehn Jahre Landtagsabgeordneter der PDS-Fraktion in Brandenburg und leitete von 2005 bis 2010 das Büro der Bundestagsabgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke). Im Jahr 2013 kandidierte er selbst erfolgreich für den Deutschen Bundestag und zog über die Landesliste Brandenburg der Linken ins höchste deutsche Parlament ein. Im Kulturausschuss des Bundestages liegen Harald Petzold die Arbeits- und Lebensbedingungen von Kulturschaffenden besonders am Herzen. Er sagt: „Ich setze mich dafür ein, dass es für die Kulturschaffenden in diesem Land eine gute soziale Absicherung gibt.“
Harald Petzold studierte nach dem Abitur an der Pädagogischen Hochschule Potsdam. Er wollte Lehrer für Musik und Deutsch werden. Nach Abschluss des Studiums ging er aber nicht gleich in den Schuldienst. „Ich wurde Forschungsstudent, weil ich promovieren wollte“, sagt Petzold. In seiner Diplomarbeit hatte er sich mit den Vorbildern und den Klangstrukturen des politischen Liedes beschäftigt. Es sollte auch sein Promotionsthema sein.
Mitglied der Singegruppe „manifest“
„Ich war damals Mitglied der Singegruppe “manifest„, und bei einem Auftritt lernte ich die niederländische Jüdin und Holocaust-Überlebende Lin Jaldati kennen, die in Ost-Berlin lebte. Sie hat mich sehr beeindruckt und mir die wunderbare Klezmer-Musik nähergebracht, die sie damals mit ihrem Musikensemble spielte“, sagt der Politiker. In der DDR wurde es nicht gern gesehen, wenn Musiker auf Veranstaltungen Klezmer spielten. Warum?
„Die DDR hatte kein gutes Verhältnis zu Israel, und ich wurde einmal von einem Funktionär gefragt, warum ich Klezmer spielen wolle, ich hätte doch gar keine jüdischen Wurzeln“, sagt Petzold. Dass es sich bei Klezmer um Weltmusik handelt, die von Stars wie Leonard Bernstein und George Gershwin gespielt wurde, das war DDR-Kulturfunktionären offenbar nicht bekannt.
Seminargruppensprecher und Parteieintritt
Als Student war Harald Petzold in die Partei SED eingetreten. „Ich hatte Ideale und dachte, ich könnte etwas bewegen, wenn ich mich engagiere“, erklärt er seine Entscheidung. Von seinen Kommilitonen wurde er bald zum Seminargruppensprecher gewählt, denn die schätzten, dass er sich für andere engagierte. „Ich habe mich schon immer für andere eingesetzt. Ich organisierte damals für die Studentinnen, die mit einem Kind im Wohnheim lebten, ein Telefon, denn ich fand es unzumutbar, dass es im Notfall keine Möglichkeit gab, Hilfe zu holen“, sagt Petzold.
Nach dem Diplom wurde Harald Petzold 1988 Forschungsstudent. 1990 war an der Pädagogischen Hochschule (später Landeshochschule Brandenburg und Universität Potsdam) an der Gründung eines Studentenrates beteiligt, wo er die Interessen der Studierenden vertrat. Nach dem Fall der Mauer änderten sich für Harald Petzold wie für alle anderen DDR-Bürger die Bedingungen und er musste sich neu orientieren.
AG Junge GenossInnen gegründet
Er erinnert sich: „Ich wollte mich nach der Wende weiter politisch engagieren und interessierte mich für die Arbeit der Bürgerbewegungen, in denen sich zu dieser Zeit viele Mitstudenten organisierten. Von der SED war ich schwer enttäuscht, weil damals täglich neue Skandale bekannt wurden. Ich ging deshalb zu Veranstaltungen der unterschiedlichen Bürgergruppen und wollte mich auch bei der SPD informieren, die damals noch SDP hieß. Aber immer, wenn ich sagte, dass ich in der SED war, wurde mir knallhart gesagt, dass meine Mitarbeit nicht erwünscht sei.“
Also gründete Harald Petzold mit einigen MitstreiterInnen die AG Junge GenossInnen innerhalb der PDS, wie die SED seit der Umbenennung am 4. Februar 1990 hieß. „Wir wollten die Partei von innen reformieren und waren davon überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. Außerdem fanden im Oktober 1990 die ersten Landtagswahlen in Brandenburg statt, und unser Ziel war es, möglichst viele junge Genossinnen und Genossen auf die Kandidatenliste zu setzen“, erzählt der Abgeordnete.
Von Lothar Bisky unterstützt
Harald Petzold wurde von der PDS als Kandidat aufgestellt und auf der Nominierungsveranstaltung auf Platz sechs der Liste gewählt. „Ich wurde von Lothar Bisky, dem Reformer der Partei unterstützt, der mit der Wahl von jungen Abgeordneten ein Signal setzen wollte, dass innerhalb PDS ein Erneuerungsprozess stattfindet und alte Strukturen aufgebrochen werden“, sagt der Politiker. Bisky hatte als Rektor der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam bereits zu den Kommunalwahlen im Mai 1989 an seiner Hochschule durchgesetzt, dass dort das auch in der DDR garantierte Recht auf geheime Wahlen garantiert wurde.
Mit der Wahl zum Landtagsabgeordneten änderte sich für Harald Petzold die gesamte Lebensplanung. Er wollte ursprünglich promovieren und als Lehrer für Musik und Deutsch an einer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe arbeiten. Politiker stand nicht auf seiner Berufswunschliste. Er sagt: „Ich kandidierte fünf Jahren später erneut für den Landtag und wurde wiedergewählt. In dieser zweiten Wahlperiode fasste ich den Entschluss, kein drittes Mal anzutreten. Ich bin ein Vertreter des Rotationsprinzips. Meiner Meinung nach sollten Abgeordnete nach zwei Legislaturperioden wieder ein Leben als normale Bürger führen, die täglich einer Arbeit nachgehen. Die Realitäten von Politikern sind nämlich ganz andere.“
Lehrer für politische Bildung
Harald Petzold kandidierte tatsächlich nicht für eine dritte Legislaturperiode im Landtag, sondern absolvierte ab 1999 ein Zusatzstudium in Politikwissenschaften. Ein Jahr später wurde er Lehrer für politische Bildung an einer Brandenburger Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe. Er unterrichtete fünf Jahre und ließ sich im Jahr 2005 vom Schulamt beurlauben.
Er erklärt diese Entscheidung so: „Zur vorgezogenen Bundestagswahl 2005 kandidierten PDS und WASG erstmals als linkes Wählerbündnis. Ich wollte dieses Bündnis unterstützen und wurde nach dessen erfolgreicher Wahl in den Deutschen Bundestag Büroleiter der Bundestagsabgeordneten Kirsten Tackmann. Ich verfügte durch meine Zeit als Landtagsabgeordneter über viele Jahre Erfahrungen im parlamentarischen Betrieb und konnte sie unterstützen.“
Kandidat für den Bundestag 2009 und 2013
Vier Jahre später kandidierte Harald Petzold auf der Landesliste Brandenburg selbst für den Deutschen Bundestag. Am Wahlabend sah es zunächst so aus, als hätte er das Bundestagsmandat gewonnen. Nach der Endauszählung war dann klar, dass es nicht für seinen Listenplatz gereicht hatte. „Es war natürlich bedauerlich, aber in einer Demokratie muss man akzeptieren können, wenn man verliert.“ Harald Petzold sah den Bundestagswahlkampf 2009 als gute Übung an, denn im Jahr 2013 kandidierte er erneut und war erfolgreich.
Wenn er die Wahlkämpfe von 2009 und 2013 miteinander vergleicht, sagte er: „2009 war die Hochzeit von Hartz IV, und viele enttäuschte Menschen wählten nicht mehr die SPD, sondern Die Linke, weil die sich klar gegen diese Arbeitsmarktreform ausgesprochen hatte. Im Jahr 2013 hatten wir eine völlig veränderte wirtschaftliche Situation, und die Bürger sagten uns an den Wahlkampfständen, Die Linke könne auch nichts verändern. Viele hatten schlicht resigniert.“
Einsatz für die Künstlersozialkasse
Das Gesamtwahlergebnis seiner Partei war entsprechend ernüchternd. Mit 8,6 Prozent blieb Die Linke hinter ihrem Wahlziel und den Erwartungen vieler Anhänger zurück. Harald Petzold musste sich mit dem Ergebnis der Auszählung bis zum Morgen nach der Wahl gedulden. Erst da stand fest, dass er das Mandat gewonnen hatte. „Ich erhielt morgens eine SMS mit Glückwünschen und habe erst einmal tief durchgeatmet, bevor ich realisieren konnte, dass ich in den Deutschen Bundestag gewählt war“, sagt der Abgeordnete.
Harald Petzold vertritt seine Fraktion im Kulturausschuss und setzt sich dort für die Erhaltung der Künstlersozialkasse ein. „Ich kenne viele Künstler, weil ich seit Jahren als Musiker Kontakte zu Kreativen habe und weiß, wie angespannt die Lage für viele ist. Für Journalisten, Fotografen, Musiker, Sänger, Maler und andere Künstler ist die soziale Absicherung durch die Künstlersozialkasse existenziell. Sie darf nicht zur Disposition stehen, und ich bin sehr glücklich, dass im Kulturausschuss dazu Konsens herrscht“, erklärt der Abgeordnete. (bsl/03.03.2015)