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Familie

Weniger junge Leute wollen zur Feuerwehr

Zwei Feuerwehrleute löschen ein brennendes Haus.

Die Freiwilligen Feuerwehren haben Nachwuchssorgen. (© pa/dpa)

Damit die Freiwillige Feuerwehr auch weiterhin genug Mitglieder hat und ein zuverlässiger Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sein kann, müssen sowohl innerhalb der Organisation als auch von außen Änderungen vorgenommen werden. Das machte Hartmut Ziebs, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, am Mittwoch, 28. Januar 2015, während einer öffentlichen Sitzung des von Willi Brase (SPD) geleiteten Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement zum Thema „Nachwuchsgewinnung im klassischen Ehrenamt“ deutlich.

„Die Menschen wollen keine langfristige Bindungen“

Stand heute gebe es 1,1 Millionen Mitglieder bei den Freiwilligen Feuerwehren, „Tendenz stark abnehmend“, sagte Ziebs. Immer weniger junge Menschen würden für ein Engagement bei der Feuerwehr zur Verfügung stehen. Das sei die Folge des demografischen Wandels ebenso wie der gesellschaftlichen Entwicklung.

„Die Menschen wollen keine langfristige Bindungen beim Engagement“, sagte der Verbandsvertreter. Zudem mache die gestiegene Mobilität es schwerer, zuverlässig für die Aufgaben der Feuerwehren zur Verfügung zu stehen.

 „Wir brauchen eine Willkommenskultur für Seiteneinsteiger“

„Die Menschen haben zwar ein großes Vertrauen in die Freiwillige Feuerwehr, was aber nicht mit der Bereitschaft, dort mitzuarbeiten, gleichzusetzen ist“, konstatierte Ziebs. Um dagegen anzusteuern, brauche seine Organisation eine ausreichende Zahl qualifizierter Führungskräfte, da es „Probleme mit der Menschenführung“ gebe. „Wir brauchen eine Willkommenskultur für Seiteneinsteiger“, forderte der Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes. Zudem wolle man die Kinder- und Jugendfeuerwehren stärken, die der Fundus seien, um den Nachwuchs zu sichern.

Weitere Unterstützung müsse es auch von außen geben, forderte Ziebs. So müssten Anerkennungskultur und Wertschätzung nach vorne gebracht sowie die Kooperation mit der Wirtschaft gestärkt werden. Außerdem werde eine bessere soziale Absicherung bei Unfällen benötigt, „und zwar bundesweit einheitlich geregelt“, wie der Feuerwehrexperte sagte.

Kaum Frauen bei den Freiwilligen Feuerwehren

Ein Problem, so Ziebs weiter, sei auch, dass es kaum Frauen bei den Freiwilligen Feuerwehren gebe. Auch um dies zu ändern, müsse es gelingen „als Pilotprojekt“ eine Frau in eine der Führungspositionen bei der Feuerwehr zu bringen.

Über die Probleme des Ehrenamtes im Katastrophenschutz sprachen auch Bianca Ely und Thomas Weber vom Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), die als wissenschaftliche Mitarbeiter das Projekt „Professionelle Integration von freiwilligen Helfern in Krisenmanagement und Katastrophenschutz“ betreuen.

„Auf die neue Vielfalt der Helfergruppen einstellen“ 

Ihr Befund ähnelte dem von Feuerwehrvertreter Ziebs. Neben dem gesellschaftlichen Wandel und der geänderten Motivlagen bei den Ehrenamtlichen seien auch die sinkende Bereitschaft von Unternehmen, Arbeitnehmer im Katastrophenfall von der Arbeit freizustellen, und die steigenden Anforderungen an Ehrenamtliche hinsichtlich Qualifizierung und Übungserfahrungen Gründe für den zunehmenden Mangel an organisierten Helfern, urteilten Ely und Weber.

Die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), so ihre Forderung, müssten sich besser auf die neue Vielfalt der Helfergruppen einstellen. Zudem müssten die BOS potenziell Freiwillige „gezielt und individuell“ ansprechen. Sie müssten außerdem individuelle ehrenamtliche Karrieren ermöglichen und daher jeweilige Lebensphasen und Zeitressourcen berücksichtigen, forderten die Wissenschaftler.

Projekte für demokratische Teilhabe und gegen Extremismus

Das von der Bundeszentrale für politische Bildung umgesetzte Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ des Bundesministeriums des Innern (BMI) fördere in den ländlichen und strukturschwachen Gegenden Projekte für demokratische Teilhabe und gegen Extremismus, sagte Ute Seckendorf, Leiterin der Regiestelle des Programms.

Man setze dabei an bestehende Strukturen, wie etwa die Freiwillige Feuerwehr, das Technische Hilfswerk (THW) und Sportverbände, an und unterstütze gezielt Vereine und Initiativen, die regional verankert sind. Ziel sei es, Berater gegen Extremismus auszubilden und zukunftsträchtige Methoden zu entwickeln, um mehr Menschen für ein Ehrenamt zu begeistern. Bislang, so Seckendorf, seien etwa 700 Demokratieberater ausgebildet worden.

„Mehr Mädchen und Frauen ins THW holen“

Dem Schwund an Ehrenamtlichen entgegenwirken will auch das THW, wie dessen Präsident Albrecht Broemme sagte. So plane man, durch eine Verbesserung der Willkommenskultur und den Aufbau von Gleichstellungsstrukturen im Ehrenamt mehr Mädchen und Frauen ins THW zu holen. Um eine stärkere Bindung junger Menschen an ihren Ortsverband zu erreichen, solle zudem mit der THW-Jugend eine Kampagne entwickelt werden.

Mit Gründung weiterer „Mini-Gruppen“, so Broemme weiter, solle eine frühe Bindung von Kindern und ihren Familien an das THW erreicht werden. Gleichzeitig solle auch eine Öffnung durch das „Programm 60+“ erfolgen. Vorgesehen ist hier unter anderem der Wegfall der oberen Altersgrenzen, sagte der THW-Präsident. (hau/29.01.2015)

Liste der geladenen Sachverständigen
  • Albrecht Broemme, Präsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk
  • Bianca Ely und Thomas Weber, Deutsches Rotes Kreuz, wissenschaftliche Mitarbeiter des Projektes „Professionelle Integration von freiwilligen Helfern in Krisenmanagement und Katastrophenschutz“
  • Ute Seckendorf, Bundeszentrale für politische Bildung, Leiterin der Regiestelle des Bundesprogrammes „Zusammenhalt durch Teilhabe“
  • Hartmut Ziebs, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes

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