Grüne wenden sich gegen gesetzliche Tarifeinheit
Bündnis 90/Die Grünen wollen, dass die Bundesregierung ihre Pläne, eine Tarifeinheit gesetzlich festzulegen, aufgibt. Dazu haben sie einen Antrag (18/2875) vorgelegt, über den der Bundestag am Donnerstag, 16. Oktober 2014, ab etwa 12.45 Uhr eine Stunde lang berät. Im Anschluss soll die Vorlage zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen werden.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Tarifpluralität sei schon lange Realität und gehöre zu den Grundprinzipien einer Demokratie, schreiben die Grünen. Alle Beschäftigten hätten das Recht, sich zu organisieren. Tarifpluralität erfordere aber auch Kooperationen, um gemeinsam für faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen zu kämpfen.
„Solidarität lässt sich nicht erzwingen“
Solidarität lasse sich nicht verordnen oder gar gesetzlich erzwingen, heißt es in dem Antrag. Sie könne aber beschädigt werden. Das sei der Fall, seitdem das Bundesarbeitsgericht im Juni 2010 den Grundsatz „Ein Betrieb - ein Tarifvertrag“ revidiert und die Rechtsprechung an die „längst existierende Tarifpluralität“ angepasst habe. Die andauernde Diskussion über eine gesetzliche Tarifeinheit befeuere die Konkurrenz zwischen den Gewerkschaften. Es werde immer vorgegeben, dass eine gesetzliche Tarifeinheit zu Ruhe in den Betrieben führen würde, doch ist aus Sicht der Grünen das Gegenteil der Fall.
Eine gesetzlich normierte Tarifeinheit würde aus ihrer Sicht die Konkurrenzsituation während des parlamentarischen Verfahrens und nach Inkrafttreten weiter verschärfen. Der Kampf um die Mehrheit im Betrieb würde die innerbetriebliche Solidarität erschweren, denn eine gesetzliche Tarifeinheit stelle die Existenzberechtigung von Gewerkschaften infrage, so die Grünen.
„Unverhältnismäßiger Eingriff in die Koalitionsfreiheit“
Einen solchen „unverhältnismäßigen Eingriff“ in die Koalitionsfreiheit halten die Abgeordneten auch nicht für notwendig. In den vergangenen vier Jahren seien weder neue relevante Berufsgewerkschaften entstanden, noch hätten die Arbeitskämpfe durch Streiks von Berufsgewerkschaften zugenommen. Negative Folgen seien nicht zu beobachten. Vielmehr zeige sich, dass funktionierende gerichtliche Kontrollmechanismen unverhältnismäßige Streiks unterbinden.
Dennoch hält die Fraktion die zunehmende Zersplitterung der Tariflandschaft für ein Problem. Verantwortlich für die Erosion des Tarifsystems sei aber nicht die Tarifpluralität, sondern das Aufweichen von Flächentarifverträgen, Tarifflucht, Mitgliedschaften ohne Tarifbindung, Ausgliederungen und das Ausweichen auf Werkverträge. (vom/15.10.2014)