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Auswärtiges

Einigkeit in der Kritik an der NSA-Abhörpraxis

Die Abhörpraxis des amerikanischen Geheimdienstes NSA stößt im Bundestag bei allen Fraktionen und bei der amtierenden Bundesregierung auf Kritik. In der Sitzung am Montag, 18. November 2013,  forderten Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU) und die Vertreter aller Fraktionen die USA auf, alle Fragen zur Klärung der Abhörvorwürfe zu beantworten. Zugleich warfen die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen der Bundesregierung vor, das wahre Ausmaß der NSA-Affäre im Sommer dieses Jahres noch heruntergespielt zu haben.

Minister: Die Amerikaner müssen aufklären

Sie forderten die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses des Bundestages, vor dem auch der amerikanische “Whistleblower“ Edward Snowden aussagen müsse. Dieser müsse deshalb in Deutschland eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten und dürfe nicht an die USA ausgeliefert werden. Bei CDU/CSU und SPD stießen diese Forderungen jedoch auf Ablehnung beziehungsweise Zurückhaltung.

Innenminister Friedrich forderte die amerikanischen Behörden auf, alle Fragen bezüglich der NSA-Affäre zu beantworten: „Die Amerikaner müssen aufklären, sie dürfen sich nicht in Widersprüche verstricken.“ Das Schweigen führe dazu, „dass es allerhand Verschwörungstheorien gibt“. Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten müssten ein gemeinsames Verständnis von Datenschutz entwickeln, argumentierte der Minister.

Kritik am Datenschutzbeauftragten

Friedrich betonte zugleich die „guten partnerschaftlichen Beziehungen“ zu den USA. Diese dürften nicht beschädigt werden. Friedrich übte zugleich Kritik am Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar, der in seiner aktuellen Unterrichtung (18/59) eine stärkere Kontrolle der Nachrichtendienste anmahnt. Es stimme nicht, dass die deutschen Nachrichtendienste in einem „kontrollfreien Raum“ arbeiten, sagte Friedrich.

Der Minister verwies auf die Arbeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) und die G-10-Kommission des Bundestages. Der Bundesdatenschutzbeauftragte irre sich, monierte Friedrich, „wenn er glaubt, dass er sozusagen die Überkontrollbehörde“ sei.

SPD sieht Untersuchungsausschuss skeptisch

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Frank-Walter Steinmeier warnte davor, die NSA-Affäre zu „banalisieren“ oder zum „Kavaliersdelikt herunterzuspielen“. In den Verhandlungen mit den US-Behörden dürfe man sich nicht mit „unverbindlichen Absprachen“ zufriedengeben. Das Bedürfnis nach Freiheit und Sicherheit müsse wieder in Einklang gebracht werden, forderte Steinmeier. Entsprechende Abkommen mit den USA müssten ein massenhaftes Ausspähen der Bürger für die Zukunft ausschließen.

Skeptisch äußerte sich der Steinmeier gegenüber der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss des Bundestages. Es bestehe die Gefahr einer großen Selbsttäuschung, da die Verantwortlichen in den USA wohl nicht bereit seien, vor einem deutschen Untersuchungsausschuss auszusagen. Es sei besser, das PKGr mit mehr Mitteln und Möglichkeiten zur Aufklärung der Affäre auszustatten.

Linke fordert selbstbewussteres Auftreten gegenüber USA

Scharfe Kritik übten Dr. Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion, und Hans-Christian-Ströbele, Innenexperte der Grünen, an der Bundesregierung und warfen ihr Versagen bei der Aufklärung der NSA-Affäre vor. Gysi forderte ein selbstbewussteres Auftreten der deutschen Regierung gegenüber der amerikanischen Administration: „Mit Duckmäusertum und Hasenfüßigkeit erreicht man keine Freundschaft.“

Deutschland sei erst dann ein souveräner Staat, wenn es Edward Snowden „anhört, schützt, ihm Asyl gewährt und seinen sicheren Aufenthalt organisiert“, sagte Gysi.

Grüne: Snowden Aufenthaltsrecht einräumen

Ströbele betonte, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Snowden zur Dankbarkeit verpflichtet sei. Schließlich habe Snowden es an die Öffentlichkeit gebracht, dass auch ihr Handy abgehört worden sei. Es gehe aber nicht nur um das Handy der Kanzlerin, sondern vor allem um die Rechte von 80 Millionen deutschen Bürgern, sagte Ströbele. Er forderte die Regierung auf, Snowden als Kronzeuge ein Aufenthaltsrecht in Deutschland einzuräumen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, wies die Kritik von Linksfraktion und Grünen zurück. Ebenso erteilte er den Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss, einem Asyl oder einer Aufenthaltserlaubnis für Snowden eine Absage. Dies liege nicht im Interesse Deutschlands. Die Beziehungen zu den USA dürften nicht noch weiter belastet werden. Eine Lösung der Abhörproblematik sei nur gemeinsam mit den Vereinigten Staaten zu erreichen.

Streit um Abstimmung von Entschließungsanträgen

Für scharfe Auseinandersetzungen zwischen CDU/CSU und SPD einerseits sowie Linken und Grünen anderseits sorgte der Umgang mit zwei Entschließungsanträgen von Linken (18/56) und Grünen (18/65). In denen fordern sie unter anderem eine breite Untersuchung der NSA-Affäre und die Überprüfung von diversen datenschutzrechtlichen Abkommen zwischen der EU und den USA. Mit ihrer Stimmenmehrheit überwiesen Union und SPD die beiden Anträge zur weiteren Beratung in einen sogenannten Hauptausschuss, der aber erst noch gebildet werden muss.

Derzeit verfügt der Bundestag noch über keine Fachausschüsse, in denen die Anträge beraten werden können. Union und Sozialdemokraten wollen diese Ausschüsse aber erst nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen einsetzen. Linke und Grüne hingegen hatten direkt im Anschluss an die Debatte über ihre Entschließungsanträge abstimmen lassen wollen. (aw/18.11.2013)