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Parlament

Politik hat wenig mit ewigen Wahrheiten zu tun

Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Josef Winkler, Sahra Wagenknecht, Dr. Florian Toncar, Christine Lambrecht, Michael Kretschmer in der abschließenden Podiumsdiskussion
Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert hält das Schlusswort.
Bundestagsvizepräsident Eduard Oswald leitet die Sitzung des Jugendparlaments.
312 Jugendliche schlüpften vom 1. bis 4. Juni 2013 in die Rolle von Abgeordneten.

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Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Josef Winkler, Sahra Wagenknecht, Dr. Florian Toncar, Christine Lambrecht, Michael Kretschmer in der abschließenden Podiumsdiskussion (© DBT/Melde)

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Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert hält das Schlusswort. (© DBT/Melde)

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Bundestagsvizepräsident Eduard Oswald leitet die Sitzung des Jugendparlaments. (© DBT/Melde)

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312 Jugendliche schlüpften vom 1. bis 4. Juni 2013 in die Rolle von Abgeordneten. (© DBT/Melde)

Drei Tage wurde diskutiert, debattiert und gestritten. Drei Tage lang erlebten die 312 Jugendlichen das Herzstück der Demokratie hautnah. Bei dem Planspiel „Jugend und Parlament“ des Bundestagesvom 1. bis zum 4. Juni 2013 probierten sich die Jugendlichen als Nachwuchspolitiker im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes. Oberstes Prinzip dabei: Die Mehrheit entscheidet.

Podiumsdiskussion mit Fraktionsvizes

Und so kam es, dass das Thema der angekündigten Podiumsdiskussion am Dienstag kurzerhand gekippt wurde. Die Jugendlichen wollten nicht ausschließlich über eine Wahlpflicht mit den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden reden.

Moderiert von Bettina Schausten, Leiterin des ZDF-Hauptstadtbüros, diskutierten die 16- bis 20-Jährigen deshalb zunächst, über was sie gleich diskutieren wollen. Mit breiter Mehrheit wurde in der anschließenden Abstimmung die Debatte auch für andere Themen geöffnet.

Doppelte Staatsbürgerschaft beschäftigt Jugendliche

Vor allem die doppelte Staatsbürgerschaft, die am Mittwoch, 5. Juni, auch im echten Plenum debattiert wird, kam im Jugendparlament auf die Tagesordnung. Zwar machte Dr. Florian Toncar (FDP) gleich zu Beginn die Hoffnungen der Opposition auf FDP-Zustimmung des Grünen-Antrags zur Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft zunichte.

Dennoch hielt er nicht mit seiner persönlichen Meinung hinterm Berg: „Ich freue mich immer, wenn ich bei Fußballspielen jemanden sehe, der auf der linken Seite die deutsche Fahne hat und auf der rechten die der Türkei zum Beispiel“, befürwortete der FDP-Abgeordnete die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, Michael Kretschmer, widersprach seinem Koalitionskollegen: „Die Staatsangehörigkeit ist nicht einfach ein Aufkleber“, den man beliebig wechseln könne. Ein Nachwuchsabgeordneter ergänzte: „Der Verlust einer Staatsbürgerschaft durch die Entscheidung, eine andere anzunehmen, bedeutet nicht, dass man seine kulturelle Identität verliert.“

„Ich definiere mich nicht nach Nationen“

Die Diskussion war lebhaft, kontrovers und hitzig. Schließlich ist mit der Frage der Staatsangehörigkeit auch die Frage nach dem Wahlrecht verbunden. Eine Teilnehmerin machte den Abgeordneten auf emotionale Weise klar: „Ich verstehe mich als Weltbürgerin und möchte mich nicht nach Nationen definieren.“ Deshalb forderte Sahra Wagenknecht (Die Linke), das Wahlrecht an ein Residenzprinzip zu knüpfen. Es sollten die Menschen in einem Land wählen, die in diesem Land leben und so von der Politik betroffen sind.

Josef Winkler (Bündnis 90/Die Grünen) hält das Recht zu wählen für das Königsrecht der Bürgerinnen und Bürger. Eine Wahlpflicht löst in seinen Augen nicht das Problem der niedrigen Wahlbeteiligung. Hier hält Christine Lambrecht (SPD) vor allem persönliche Erfahrungen von Politik für besonders wichtig. Man benötige das „Erlebnis, dass man etwas bewegen kann“, so die SPD-Abgeordnete. Und so zähle bei einer Wahl jede einzelne Stimme. Auch für CDU-Mann Kretschmer hängt die Demokratie stark mit dem Engagement von Menschen zusammen.

Demokratie lebt von Kompromissbereitschaft

„Politik hat relativ wenig mit ewigen Wahrheiten zu tun, aber immer mit handfesten Interessen“, sagte Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert in seinem Schlusswort zum dreitägigen Planspiel. Denn der politische Stoff seien Interessen, die Menschen unterschiedlich vertreten und sich so unterschiedlich engagieren.

Da niemand beurteilen könne, ob das eine wahr und das andere falsch sei, sei es in Demokratien unabdingbar, für Mehrheiten zu werben und solche zu finden. Doch: „Das System funktioniert nur, wenn es prinzipielle Bereitschaft zu Kompromissen gibt“, gab Lammert zu bedenken.

Abschließende Beratung von vier fiktiven Gesetzentwürfen

Denn jede Debatte im Plenum lebe davon, dass die Argumente ausgetauscht werden und auch die Gegenseite zu Wort kommt. Daran hielten sich auch die Nachwuchspolitiker in ihrem Planspiel. Insgesamt vier Gesetzentwürfe diskutierten die Jung-Parlamentarier in zweiter und dritter Lesung, bevor sich in anschließender Schlussabstimmung Mehrheiten formierten.

Mehr Informationen über die Debatten zur Einführung einer Pkw-Maut, zur Einführung anonymisierter Bewerbungen für Bundesbehörden, zur Freistellung bei akutem Pflegebedarf von Familienangehörigen sowie zur Einführung einer Wahlpflicht bei Bundestagswahlen hat das Jugendportal des Bundestages www.mitmischen.de zusammengestellt. (ldi/04.06.2013)