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Bildung

Fraktionen bewerten Bildungspolitik unterschiedlich

Der Zustand des deutschen Bildungssystems wird von Koalition und Opposition unterschiedlich bewertet. Während der ersten Lesung zweier Anträge der SPD-Fraktion (17/13482, 17/13483) am Donnerstag, 16. Mai 2013, sprach der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Frank-Walter Steinmeier von einer „katastrophalen Bilanz“ der schwarz-gelben Bildungspolitik. Durch das deutsche Bildungssystem würden soziale Unterschiede manifestiert, kritisierte der Vorsitzende der Linksfraktion, Dr. Gregor Gysi.

Dem hielt Patrick Meinhardt (FDP) entgegen, dass der Haushalt für Bildung und Forschung unter Schwarz-Gelb auf ein Rekordniveau gestiegen sei. Auch Dorothee Bär (CDU/CSU) warf der Opposition vor, die Erfolge der Regierung zu negieren.

SPD: Bildung ist eine Schlüsselfrage für die Zukunft

Frank-Walter Steinmeier nannte die Bildung eine „Schlüsselfrage für die Zukunft“. Die Bilanz der Bundesregierung sei jedoch nicht nur ernüchtern sondern katastrophal. „Statt den Kitaausbau voranzutreiben, haben Sie sich über das Betreuungsgeld gestritten“, sagte er an Union und FDP gewandt. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angeführt, habe sich die Bundesregierung auf allen möglichen Gipfeln herumgetrieben, statt echte Politik zu machen.

„Das reicht nicht“, urteilte Steinmeier. Er forderte dazu auf, den Weg für den Ausbau der Ganztagsschulangebote frei zu machen. Dazu müsse das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich beseitigt werden. „Das ist ein in Verfassungsrecht gegossener Irrtum“, sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion.

FDP: Sozialdemokraten tragen auch Verantwortung

Es sei der Vizekanzler Steinmeier gewesen, der seinerzeit die Verfassungsreform, deren Bestandteil auch das Kooperationsverbot ist, mitgetragen habe, entgegnete der FDP-Abgeordnete Patrick Meinhardt. Seiner Ansicht nach ist das deutsche Bildungswesen gut. „Nur nicht dort, wo Sozialdemokraten in der Regierung sind“, schränkte er ein.

Immerhin drei Viertel der Kultusminister der Länder seien SPD-Minister. „Wenn Sie also Probleme im Bildungswesen ausgemacht haben, tragen Sie auch die Verantwortung dafür“, sagte Meinhardt an Steinmeier gewandt. Was die Ganztagsschulen angeht, so gebe es nichts dagegen zu sagen. Entschieden werden müsse darüber aber vor Ort, forderte er. „Wir brauchen kein flächendeckendes Beglückungsprogramm.“

CDU/CSU: Kein Zwang und keine Bevormundung

Dorothee Bär (CDU/CSU) wertete die Rede Steinmeiers als Zeichen von Nervosität. Wer von einer katastrophalen Bilanz rede, ignoriere die Fakten, sagte sie. „Es war unsere Fraktion, die den Kitaausbau überhaupt auf den Weg gebracht hat“, betonte Bär. In Bayern sei in der vergangenen Woche der 100.000 Krippenplatz eröffnet worden. In Gesprächen mit Kommunalvertretern sei außerdem deutlich geworden, dass es keine Probleme mit dem ab August geltenden Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz geben werde.

Steinmeier rede jedoch die Bemühungen, die vor Ort stattfänden kaputt, kritisierte die CSU-Politikerin. Ohnehin würden die Pläne der Sozialdemokraten auf Zwang und Bevormundung abzielen. „Das widerspricht unserem Menschenbild“, betonte Bär. Ein Ganztagsschulzwang sei falsch. „Wir brauchen Optionen, weil nicht alle Kinder gleich sind“, sagte sie.

Linke: Förderung nach den individuellen Fähigkeiten

Gregor Gysi (Die Linke) kritisierte das noch aus der Kaiserzeit stammende gegliederte Schulsystem. „Es ist ein Skandal, dass das noch nicht geändert wurde“, befand er. Nach Ansicht seiner Fraktion bietet die Gemeinschaftsschule eine Lösung für die Probleme im Bildungsbereich. „Mit einer Einheitsschule hat das überhaupt nichts zu tun“, hielt er Kritikern entgegen. Vorteil der Gemeinschaftsschule sei unter anderem, dass es keinen Schulwechsel mehr gebe und auch keine nach Leistung sortierte Gruppen. Vielmehr werde eine Förderung nach den individuellen Fähigkeiten angeboten.

Zudem seien Gemeinschaftsschule auch Ganztagsschulen. Gysi verwies auf eine Untersuchung, die die in Berlin gegründeten Gemeinschaftsschulen mit den Schulen in Hamburg verglichen habe. Ergebnis dessen sei gewesen, dass zum einen die leistungsschwachen Schüler in Berlin besser seien. „Aber auch die leistungsstarken Schüler sind besser“, sagte er. Die „Mär“, dass die leistungsstarken Schüler unter der Gemeinschaftsschule leiden würden, sie damit wissenschaftlich wiederlegt, befand Gysi.

Grüne: Bildungsrepublik ist eine leere Worthülse

Der von der Bundesregierung immer wieder im Munde geführte Begriff der Bildungsrepublik Deutschland sei eine leere Worthülse, urteilte Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen). Selbst in den Regierungsberichten sei zu lesen, dass es in Deutschland Bildungsverlierer gibt. „Bildungserfolg in Deutschland hängt vom Einkommen des Elternhauses ab“, sagte Deligöz. Statt daran etwas zu ändern, hätten Union und FDP diese Entwicklung in den vergangenen Jahren noch verstetigt.

Deligöz verwies auf Untersuchungen wonach 46 Prozent der Kinder aus einem Elternhaus mit Migrationshintergrund Sprachdefizite hätten. Das gleiche Problem hätten aber auch 32 Prozent der Kinder mit deutschen Eltern. „Diese Kinder werden die Verlierer ihrer Betreuungsgeldreform sein“, sagte die Grünenabgeordnete.

Ministerin spricht sich für Ganztagsschulen aus

Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU) zeigte sich als Unterstützerin der Ganztagsschulen. Diese seien zum einen wichtig für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und böten zum anderen die Möglichkeit Impulse für die Kinder zu geben, insbesondere wenn sie diese im Elternhaus nicht erhalten. Allerdings könne man nicht pauschal sagen, dass Ganztagsschulen per se gut oder schlecht sind.

„Nicht die Form, sondern die Qualität ist entscheidend“, sagte die Ministerin. Was das Kooperationsverbot abgeht, so plädierte auch Wanka für eine Ausweitung der Bundeskompetenz. Es gehe aber nicht an, dass der Bund nur das Geld gebe, jedoch keinen Gestaltungsspielraum erhalte, machte sie deutlich. (hau/16.05.2013)