„Wir sind so eine Art Reparaturbetrieb“
Am Rechtsausschuss führt kaum ein Weg vorbei. „Fast jeder Gesetzentwurf, der im Deutschen Bundestag beraten wird, läuft über unseren Tisch“, sagt der Ausschussvorsitzende Siegfried Kauder (CDUCSU). Teils federführend, teils mitberatend beschäftigt sich das 37-köpfige Gremium mit den Vorlagen. „Wir haben darauf zu achten, dass die rechtsförmlichen Vorschriften eingehalten werden und dass der Gesetzentwurf den verfassungsgemäßen Vorgaben entspricht“, verdeutlicht der Vorsitzende die Aufgabe des Ausschusses.
Wenn wichtige Worte fehlen
Geht es also darum, die Fehler der anderen auszubessern? Das könne man durchaus so sehen, findet Kauder. „Wir sind so eine Art Reparaturbetrieb“, sagt er. Nicht zuletzt angesichts seiner 30-jährigen Erfahrung merke er sofort, „wenn ein Gesetzentwurf nicht von uns oder vom Justizministerium kommt“.
Dann nämlich, wenn es mal wieder in einem Paragrafen einen Satz über acht Zeilen gibt und auch beim vierten Mal Lesen nicht klar ist, worum es geht. „Irgendwann habe ich dann bei dem konkreten Fall festgestellt, dass dort drei wichtige Worte fehlen“, erzählt Kauder.
„Es geht um die Verständlichkeit“
Ist es bei den vielen Vorlagen überhaupt möglich, inhaltlich in die Tiefe zu gehen? Nein, räumt der Vorsitzende des Rechtsausschusses ein. Es gehe jedoch um die Verständlichkeit, sagt er und verweist auf eine Muster-Widerrufserklärung im Rahmen der Verbraucherschutzrichtlinie. „Die habe ich innerhalb von zehn Minuten in verständliches Deutsch umgebaut und dafür sogar den Beifall der Sachverständigen bekommen“, sagt Kauder.
Apropos Sachverständige. Auch der Rechtsauschuss nutzt bei der Beratung vieler gesetzlicher Initiativen externen Sachverstand. Gemeinsam mit den Obleuten Thomas Silberhorn (CDU/CSU), Burkhard Lischka (SPD), Marco Buschmann (FDP), Jens Petermann (Die Linke) und Ingrid Hönlinger (Bündnis 90/Die Grünen) wird entschieden, welche Experten eingeladen werden.
Nur drei Nichtjuristen im Ausschuss
Einen sehr hohen juristischen Sachverstand vereint aber auch der Ausschuss selbst, was an seiner eher ungewöhnlich homogenen Zusammensetzung liegen mag: Lediglich drei der 37 Ausschussmitglieder können nicht auf ein rechtswissenschaftliches Studium zurückgreifen.
Diese Homogenität – die es in anderen Ausschüssen so nicht gibt - sei kein Zufall, betont der Ausschussvorsitzende. „Wir sprechen eine eigene Sprache. Wer die nicht versteht, ist schon mal im Hintertreffen“, sagt Kauder. Bei der Arbeit an Gesetzen müsse man die Gesetzestechnik verstehen, „sonst hat man keine Chance“.
„Dem Parlamentarismus und dem Recht dienen“
Ihm selbst ist der Rechtsausschuss „wie auf den Leib geschneidert“, sagt der CDU-Politiker aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis. „Ich mache schließlich seit 30 Jahren Strafrecht“, fügt er hinzu. Seit Anfang dieser Wahlperiode übt er den Vorsitz im Ausschuss aus und kann dabei auf die Erfahrungen als Vorsitzender des BND-Untersuchungsausschusses zurückgreifen.
„Schon damals bin ich gut damit gefahren, parteipolitisch eher neutral zu sein“, sagt er. Dem Parlamentarismus und dem Recht zu dienen sei seine Aufgabe, so Kauder. „Daher kümmere ich mich darum, dass auch die kleinen Fraktionen ihre Meinung darstellen können.“
„Nicht ich als Ausschussvorsitzender“
Eine Position, die ihm zuletzt einigen Ärger eingebracht hat. Er habe nicht verhindert, dass das in der Union umstrittene Thema der Frauenquote im Ausschuss beraten wurde, hieß es. Ein Vorwurf, für den er kein Verständnis hat.
„Wenn die Opposition einen Antrag beraten haben will, dann muss ich den im Ausschuss auf die Tagesordnung setzen“, macht er deutlich. Die Regierungskoalition könne dann mit einem Verlegungsantrag reagieren, „aber nicht ich als Ausschussvorsitzender“. Unabhängig davon, so Kauder, sei das Thema Quote wichtig und habe im Plenum behandelt werden müssen.
Dauerthema Abgeordnetenbestechung
Ebenfalls im Plenum behandelt wurde unlängst auch die Frage einer gesetzlichen Regelung zur Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung. Ein Thema, welches den Bundestag – und federführend den Rechtsausschuss – schon seit Jahren beschäftigt. Eine Lösung ist dennoch nicht in Sicht, was Siegfried Kauder „deprimierend“ findet.
„Deutschland ist einer der wenigen Staaten, die das Thema noch nicht gesetzlich geregelt haben“, gibt er zu bedenken. Die schon 2003 von der Bundesregierung unterzeichnete UN-Konvention gegen Korruption harrt weiter ihrer Umsetzung.
„Aufzeigen, dass wir uns nicht Extra-Rechte herausnehmen“
Doch Kauder geht es nicht nur um die UN-Vorgabe. „Wir müssen der Bevölkerung aufzeigen, dass wir uns nicht Extra-Rechte herausnehmen, die wir gar nicht brauchen“, fordert er. Unterstützt von Rechtspolitikern der Opposition hat der Ausschussvorsitzende einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt.
Ob es mit der Umsetzung noch in dieser Wahlperiode etwas wird ist wohl eher unwahrscheinlich, schätzt er selbst ein. In diesem Fall müssten sich dann andere des Themas annehmen. Siegfried Kauder wird dem nächsten Bundestag nicht mehr angehören. Der Rechtsausschuss muss sich einen neuen Vorsitzenden suchen. (hau/03.05.2013)