Schlagabtausch um Hoeneß und Schweizer Konten
„Zum Judaslohn von 1,6 Milliarden Euro haben Sie versucht, die Steuerehrlichen zu verraten.“ Dies hielt Dr. Thomas Gambke (Bündnis 90/Die Grünen) der Regierungskoalition vor. Er hob damit auf das angepeilte und am Widerstand des Bundesrates gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz und den erwarteten Ertrag für den Fiskus ab. Gambke verurteilte die Anonymität, die mit dem Abkommen verbunden gewesen wäre. Stattdessen komme es allein auf Transparenz an.
Minister: Datenankauf wäre überflüssig gewesen
Dies war am Mittwoch, 24. April 2013, der Auftakt zu einer Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag, die von der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Schatten des Falls Uli Hoeneß beantragt worden war. Der Titel: „Große Vermögen durch Neuverhandlung des Schweizer Steuerabkommens und Vermögensabgabe stärker belasten.“
Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte das Abkommen: „Wir hätten seit dem 1. Januar eine befriedigende Regelung. Der Ankauf von Datensammlungen wäre überflüssig gewesen.“
CDU/CSU: Verantwortungslose Blockade
Das Scheitern des Abkommens im Bundesrat nannte Dr. Hans Michelbach (CDU/CSU) eine „verantwortungslose Blockade“. Er hielt der Opposition vor, den Fall Hoeneß zum Anlass zu nehmen, ihre „gefährliche Polemik gegen die sogenannten Reichen zu verschärfen“.
Anonymität gelte im Übrigen auch bei den strafbefreienden Selbstanzeigen, die ebenfalls dem Steuergeheimnis unterlägen.
SPD: Spezifische Form der Oberschichtenkriminalität
Thomas Oppermann (SPD) stufte die Steuerhinterziehung als „spezifische Form der Oberschichtenkriminalität“ ein. Das Steuerabkommen hätte nach seiner Ansicht zu einer „schonenden Legalisierung schwerer Straftaten“ geführt, wenn „Leute wie Uli Hoeneß nicht öffentlich zur Verantwortung gezogen“ würden.
Für Steuerhinterzieher seien nun „die Schonzeiten vorbei“, sagte er: „Wir brauchen eine härtere Gangart“ – mehr Beamte für Betriebsprüfungen, Ausbau der Steuerfahndung oder auch „scharfe Sanktionen gegen Banken, die helfen“.
FDP: Selbstanzeige als Brücke zur Ehrlichkeit
„Sie entsachlichen die gesamte Debatte“, hielt Dr. Volker Wissing (FDP) der Opposition vor. Das Instrument der Selbstanzeige sei nötig, damit es „jederzeit eine Brücke zur Ehrlichkeit“ gebe.
Er verteidigte das Steuerabkommen: Damit hätten „alle Nadeln auf einmal“ gefunden werden können – „gerechter geht es nicht“. Dagegen setzen SPD, Grüne und Linke lediglich auf das Aufspüren „einzelner Nadeln“.
Linke: Selbstanzeige abschaffen
Dr. Barbara Höll (Die Linke) hob auf die Selbstanzeige mit Strafbefreiung als „Sonderheit im Strafrecht“ ab. Sie gehöre „abgeschafft ohne Wenn und Aber“. Die vorgesehene Anonymität bedeute eine „verkappte Großamnestie“.
Es komme darauf an, „die Unkultur der Steuerhinterziehung zu beseitigen“. Es handele sich um eine „Straftat, von der man sich nicht einfach freikaufen kann“.
Grüne: Große Vermögen heranziehen
Zur Begründung des Scheiterns des Steuerabkommens hatte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck, erklärt: „Wer mit enormer krimineller Energie zig Millionen in den Schweiz dem Fiskus entzieht, muss dafür auch zur Rechenschaft gezogen werden.“ Das Steuerabkommen verhindert zu haben, sei richtig gewesen.
Es sei „auch richtig, dass wir mit der Vermögensabgabe Multimillionäre wie Hoeneß stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens heranziehen werden“. Beck: „Das ist fair und gerecht. Von der Stabilisierung der Finanzmärkte haben die großen Vermögen überproportional profitiert. Deshalb ist es vernünftig, sie jetzt zur Refinanzierung entsprechend heranzuziehen.“
Abkommen scheiterte im Bundesrat
Mitte 2012 hatte die Bundesregierung das Abkommen mit der Schweiz über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt als Gesetzentwurf vorgelegt (17/10059). Danach sollten die Kapitalerträge deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz in Zukunft wie in Deutschland behandelt werden.
Dafür sollten die Schweizer Zahlstellen eine der Abgeltungsteuer (derzeit 25 Prozent) und dem Solidaritätszuschlag (5,5 Prozent der Abgeltungsteuer) entsprechende Quellensteuer erheben. Zudem wurde eine Nachversteuerung durch Schweizer Behörden vereinbart für Kapital auf Konten oder Depots – pauschal und anonym durch eine Einmalzahlung. Das Gesetz scheiterte im Bundesrat. (fla/24.04.2013)