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Europäische Union

Strässer setzt auf positive Signale durch Gauck-Rede

Christoph Strässer, SPD

(© DBT/photothek.net)

Als „absolutes Highlight“ stuft Christoph Strässer (SPD) den Auftritt von Bundespräsident Joachim Gauck vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ein, die vom 22. bis 26. April 2013 zu ihrer Frühjahrssession zusammenkommt. Von der Rede des Bundespräsidenten erwartet der SPD-Abgeordnete positive Signale für den Einsatz zugunsten der Grundrechte auf dem Kontinent. Der stellvertretende Leiter der Bundestagsdelegation in Straßburg erhofft sich von Gauck indes auch eine Mahnung an den Staatenbund, sich auf seinen Kernauftrag des Engagements für freiheitliche Rechtsstaatlichkeit zu konzentrieren und sich nicht thematisch zu verzetteln. Das Interview im Wortlaut:

Es ist nicht gerade üblich, dass ein deutsches Staatsoberhaupt vor dem Abgeordnetenhaus des Europarats spricht. Wie kommt es zu diesem Auftritt Joachim Gaucks im Palais de l’Europe?

Ich denke, diese Visite entspricht dem Interesse beider Seiten. Der Präsident unseres Parlaments, der Franzose Jean-Claude Mignon, hat sich unlängst bei einem Besuch in Berlin um eine solche Zusage Gaucks bemüht und ist mit einer positiven Botschaft nach Straßburg zurückgekehrt. Gauck wiederum bekundet seit Beginn seiner Amtszeit als Bundespräsident, dass er dem Einsatz für Menschenrechte einen hohen Rang beimisst, und das Engagement für freiheitliche Grundrechte macht auch den Kernauftrag des Europarats und seines Menschenrechtsgerichtshofs aus. Vor diesem Hintergrund gehen vom Auftritt Gaucks positive Signale aus. Für die Bundestagsdelegation in Straßburg ist die Rede des deutschen Staatsoberhaupts ein absolutes Highlight.

Was erwarten Sie von der Ansprache Gaucks? Welche Anstöße kann er dem Staatenbund und dessen Parlament geben?

Natürlich wird Gauck die Leistungen des Europarats gebührend würdigen. Doch ich erhoffe mir, dass er es dabei nicht bewenden lässt, sondern auch kritische Entwicklungen im Palais de l’Europe ansprechen wird. Zum einen droht sich das Abgeordnetenhaus des Staatenbunds thematisch zu verzetteln, weshalb eine Konzentration auf den eigentlichen Auftrag Straßburgs dringend geboten ist, nämlich auf den Einsatz für freiheitliche Rechtsstaatlichkeit. Zum anderen ist zu beobachten, dass sich vermehrt manche Länder verbünden, um kritische Berichte unseres Parlaments über die Missachtung von Grundrechten zu verhindern, etwa zur Lage in Russland oder in Azerbaidschan. Diese Entwicklungen stellen die Abgeordneten vor eine große Bewährungsprobe, und da wären klare Worte Gaucks hilfreich.

Kann Gauck darauf verweisen, dass die Bundesrepublik bei der Wahrung freiheitlich-rechtsstaatlicher Standards besonders gut dasteht und als Vorbild für manch andere Europaratsnationen taugt?

Auch bei uns gibt es Defizite, zu nennen ist beispielsweise die Kritik am Umgang mit Flüchtlingen. Aber es ist schon so, dass wir bei der Achtung von Grundrechten ein recht hohes Niveau erreicht haben, man denke etwa an die Justiz oder die Pressefreiheit. Allerdings sollten wir uns davor hüten, oberlehrerhaft mit dem Finger auf andere Länder zu zeigen. Wir hatten sechs Jahrzehnte Zeit, um uns entsprechend zu entwickeln. Die osteuropäischen Staaten gehören dem Europarat erst seit rund 20 Jahren an und haben natürlich noch einiges zu tun.

Die Abgeordneten wollen mit Nils Muiznieks, dem Menschenrechtskommissar des Staatenbunds, über dessen Tätigkeitsbericht für 2012 debattieren. Wie bewerten Sie das erste Amtsjahr des lettischen Politikers?

Nun, Muiznieks tritt in sehr große Fußstapfen seines Vorgängers Thomas Hammarberg, der Schwede hat eine brillante Leistung vollbracht. Was Muiznieks angeht, so war jüngst der Menschenrechtsausschuss des Bundestag bei einem Treffen mit dem Letten durchaus beeindruckt von dessen Fachkenntnis und Einsatzwillen. Ich bin überzeugt, dass er das Amt des Straßburger Menschenrechtskommissars stärken wird.

Wo auf dem Kontinent liegen die gravierendsten Probleme, wo steht es besonders schlecht um die Wahrung von Freiheitsrechten?

Die Arbeit unseres Parlaments wie auch die Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs zeigen, dass einerseits die Türkei und andererseits manche osteuropäischen Staaten als besonders neuralgisch gelten müssen. So kann etwa  in Russland und in der Ukraine von einer wirklich unabhängigen Justiz nicht die Rede sein, in der Türkei bietet der Umgang mit Minderheiten wie den Kurden immer mal wieder Anlass für Kritik. In diesen und anderen Ländern steht es auch bei der Medienfreiheit nicht unbedingt zum Besten. Wir müssen im Straßburger Abgeordnetenhaus enger kooperieren, um gemeinsam in allen Mitgliedsnationen hohe rechtsstaatliche Standards zu erreichen.

Osteuropäische Politiker kritisieren öfters, beim Thema Menschenrechte gehe der Staatenbund mit dem Osten des Kontinents hart ins Gericht, während der Westen geschont werde.

Ich teile diese Kritik so nicht. Im Osten gibt es sicher noch einen Nachholbedarf, doch wir stellen diese Länder nicht an den Pranger. Auch im Westen des  Kontinents haben wir mit manchen Problemen zu kämpfen, ich erwähne nur die Rendition-Flüge der CIA mit Terrorverdächtigen zu Geheimgefängnissen, wo bei Verhören anscheinend auch gefoltert wurde, das Europaratsparlament hat diese Vorgänge scharf kritisiert. Ich bin sicher, dass auch Nils Muiznieks in Ost- wie in Westeuropa genau hinschauen wird.

(kos/19.04.2013)

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